Historische Niederlage Aus der Traum von der ersten Frau im Oval Office

New York · Hillary Clinton hätte die erste Frau im Weißen Haus werden können. Amerika strafte die als klare Favoritin zur US-Wahl angetretene Demokratin jedoch eiskalt ab.

Die Trauerfeier des Jahres wurde kurzfristig abgesagt. Morgens um zwei trat Hillary Clintons Wahlkampf-Manager John Podesta im Jacob K. Javits Convention Center in New York ans Redner-Pult. „Wir sind noch nicht fertig. Geht schlafen, es werden noch Stimmen ausgezählt.“ Seine Chefin, Hillary Clinton, wollte ihre absehbare Niederlage nicht eingestehen. Noch nicht.

In der an Rückschlägen wie Akten des Wiederaufbäumens reichen Biographie Clintons markiert der 8. November 2016 eine Zäsur. First Lady. Senatorin. Außenministerin. Hochbezahlte Vortragsredenerin. Buch-Autorin. Mächtige Power-Brokerin für die Belange für Mädchen und Frauen weltweit. Und zuletzt zweifache Großmutter. All das hat, mit Tiefen zwar, geklappt. Der Griff ganz nach oben aber ging ins Leere. Zweimal war sie ohne Erfolg die weibliche Präsidentschaftskandidatin der Demokraten. Ein drittes Mal wird es nicht mehr geben.

Unterlag sie bei der Premiere noch der damals uneinholbaren Lichtgestalt Barack Obama, so schmerzt die Niederlage gegen den apolitischen Emporkömmling Donald Trump die 69-Jährige besonders. In einer von Männer dominierten Welt hat sie gegen ein umstrittenes, manche sagen jämmerliches Exemplar den kürzeren gezogen. Das muss sie persönlich nehmen.

Clinton ist nicht an Trump gescheitert, sondern an sich selbst

Amerika, so muss man das Wahlergebnis deuten, betrachtete Clintons über 30 Jahren angehäuften Erfahrungsschatz nicht nur als zu vernachlässigende Kategorie. Sondern als Ablehnungsgrund. Die Demokratin, die im Vorwahlkampf in der Person des inspirierenden Bernie Sanders zu spüren bekam, wie sich Liebesentzug in der eigene Partei und im Volk anfühlt, wurde abgestraft.

Weil sie bereits beschädigt war von Skandalen, als das Rennen noch gar nicht begonnen hatte. Weil sie in ihrer eigenen Partei mehr Neider als Bewunderer hat. Weil bei vielen Amerikanern der Glaube Allgemeingut geworden ist, dass die Clintons eine Art Erbrecht auf das Weiße Haus zu besitzen glauben. Weil ihre herablassende Bemerkung über Trumps Fans („jämmerlichen Haufen Bedauersnwerter“) alle Vorurteile über sie bestätigte.

Was sie selbst als Ausdauer und Beharrungskraft beschrieb im Wahlkampf, kam bei vielen Wählern nicht anders als Machtgeilheit einer Elitären an, die ihrer Kandidatur nie wirklich eine überzeugende Überschrift überstülpen konnte. Obama Teil II zu sein, das reichte nicht aus. Dazu kam ihre Persönlichkeit. „Ich bin nicht gut darin, über mich selbst zu reden“, hatte Hillary Clinton vor acht Jahren nach der Niederlage gegen Obama gesagt und damit einen selten Kurzeinblick in ihre Psyche gegeben. Viel gelernt, viel gearbeitet an sich hat sie nicht.

Sang- und klanglos im politischen Getöse untergegangen

Gegen einen Trump, der 24 Stunden am Tag über sich, und nur sich, reden und prahlen kann, kam die im privaten Kreis als charmante und brillante Zuhörerin beschriebene Clinton nie an. Das Geheimniskrämerische, das sie umgibt, das taktische Verhältnis, das sie zur Wahrhaftigkeit pflegt (Siehe E-Mail-Affäre), hat ihr während des Wahlkampfes massiv geschadet. FBI-Chef Comeys späte Intervention setzte der Schmierenkomödie die Krone auf.

Ihre Pluspunkte, ein Programm für Mittelschicht, Liberale und Moderate gleichermaßen, für Frauen und Minderheiten, für höhere Mindestlöhne und niedrige Studiengebühren, für illegale Einwanderer und Opfer von Waffengewalt, drangen einfach nicht mehr durch. Alles wurde unter den Vorbehalt gesetzt, unehrlich zu sein. Alles ging im populistischen Getöse unter. Wie kann man nach so einer Niederlage weitermachen? Womit?

Die Wähler haben Hillary Clinton und damit auch ihren Mann Bill endgültig aufs politische Altenteil geschickt. Das Ende einer Dynastie. Oder, Chelsea?

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort