Kommentar zu den Briefbomben in den USA Angriff auf die Demokratie

Meinung · Die Briefbomben-Sendungen in den USA sind ein Anschlag auf die Demokratie. Diese Taten sind eng mit den Handlungen und spaltenden Äußerungen von Präsident Trump in Verbindung zu bringen, meint GA-Autor Dirk Hautkapp.

Bombenterror in der Schlussphase des Wahlkampfs: Polizisten haben die Straße vor dem Gebäude abgesperrt, in dem der Nachrichtensender CNN sitzt.

Bombenterror in der Schlussphase des Wahlkampfs: Polizisten haben die Straße vor dem Gebäude abgesperrt, in dem der Nachrichtensender CNN sitzt.

Foto: dpa

Der koordinierte Versuch, höchste Repräsentanten des Staates mit Briefbomben mundtot zu machen, ist ein Anschlag auf die Demokratie, wie ihn die USA seit Jahrzehnten nicht erlebt haben. Dass ausschließlich Demokraten und ihnen nahestehende Akteure Zielscheiben der von den Behörden vereitelten Anschläge waren, macht den Fall zu einem Akt von politisch motiviertem Inlandsterrorismus, der alle Akteure – losgelöst von der noch ungeklärten Täterschaft – zum Innehalten zwingen müsste.

Allen voran den Mann, der seit Amtsantritt im Januar 2017 den nationalen Diskurs vergiftet, das Land mit Lügen flutet, die Gesellschaft spaltet, Andersdenkende dämonisiert, die Medien als „Feinde des Volkes“ abstempelt, die Institutionen schwächt, demokratische Normen schleift und das Freund-Feind-Denken zur Staatsräson erklärt hat: Donald Trump.

Das Gegenteil aber ist der Fall. Nach pflichtschuldig klingender Verurteilung der Tat, die nichts anderes war als versuchter Massenmord, ging der Präsident der Vereinigten Staaten zur Tagesordnung über. Ohne sich auch nur mit einer Silbe in Mithaftung zu nehmen, verkündete er wenige Stunden später vor seinen Anhängern: „Diejenigen, die sich in der politischen Arena befinden, müssen damit aufhören, politische Gegner als moralisch fehlerbehaftet zu behandeln.“ Wie bitte?

Trumps Hauptschuldige: die Medien

Trump ist es, der im Aufgalopp der Kongresswahlen in zwei Wochen auch die Restbestände von Anstand und Verantwortung für das Gemeinwesen verbraucht hat. Wer den politischen Gegner penetrant als „verrückt“, „Verbrecher“ und „radikalen Mob“ klassifiziert, wer ernsthaft behauptet, Amerika sei dem Sozialismus à la Venezuela geweiht, falls die Demokraten die Wahl gewinnen, wer die Medien des Massenbetrugs durch Verbreitung von Falschnachrichten beschuldigt, dabei selber nachweisbar tausendfach die Wahrheit beugt, bedient sich der Instrumente von Demagogen und Brandstiftern.

Dass diese asoziale Haltung des ersten Mannes im Staate nicht ohne Wirkung bleibt, kann niemanden verwundern. Es ist offenkundig, dass sich vergrätzte Zeitgenossen von seiner Brachialrhetorik ermutigt und autorisiert fühlen, gegen die de facto von ihm zu Staatsfeinden erklärten Demokraten (und alles, was irgendwie „links“ ist) vorzugehen.

Mit hohl klingenden Worten von „Frieden und Harmonie“ rief er, der Spalter vom Dienst, wenige Stunden nach den Rohrbombensendungen zur nationalen Einheit auf und identifizierte den Hauptschuldigen: die Medien. Sie müssten endlich einen „zivilisierten Ton“ anschlagen und die „falsche Berichterstattung“ gegen ihn einstellen. Die unterschwellige Botschaft war nicht zu überhören: Wenn die Medien mich endlich flächendeckend loben, dann sind meine Leute auch nicht mehr so wütend. Autokraten kann man Einhalt gebieten. Amerika hat am 6. November dazu alle Möglichkeiten.

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