Gesetzesentwurf in den USA Alarmeinrichtung soll Kinder vor Hitzetod im Auto retten

Washington · Fast 30 Kleinkinder sind in den USA in diesem Jahr schon gestorben, weil ihre Eltern sie auf der Rückbank vergessen haben. Jetzt sollen die Auto-Konzerne per Gesetz eine Alarmeinrichtung einbauen.

Josiah Riggings war ein Jahr alt, Zane Endress gerade mal sieben Monate. Beide leben nicht mehr. Weil Erwachsene sie vergessen haben. Im Kindersitz. Im Auto. Bei Außen-Temperaturen von über 40 Grad. Sprich 50 Grad und mehr im Wagen-Inneren. Wie kann so etwas geschehen?

Der doppelte Hitzetod von Phönix im US-Bundesstaat Arizona in der vergangenen Woche markiert einen traurigen Rekord. 29 Kleinkinder kamen in den USA in den ersten sieben Monaten des Jahres auf diese grausame Weise ums Leben, elf allein in der vergangenen Woche.

So viele wie noch nie, sagt Jan Null, Meteorologie-Professor an der Universität im kalifornischen San José und seit Jahren auf der Internetseite www.noheatstroke.org Statistiker einer Bilanz, die Außenstehende sprachlos macht. Seit 1998 starben in den USA 729 Kleinkinder, weil Eltern und andere Erziehungsberechtigte den Zündschlüssel abzogen und ausstiegen, ohne in den Rückspiegel zu schauen.

Autohersteller sollen technisch nachrüsten

Während draußen die Sonne scheint, sagt Null, verwandelt sich der Pkw-Innenraum in wenigen Minuten „in einen Backofen“. Kleinkinder, die meisten Opfer waren keine drei Jahre alt, haben der Naturgewalt in punkto Temperaturausgleich nichts entgegenzusetzen. Hitzeschlag und Tod sind meist die Folge.

Die Kinderschutz-Organisation „Kids and Cars“ will den Tragödien, die laut Polizei-Erfahrungen in den allermeisten Fällen auf Gedankenlosigkeit der Erwachsenen zurückgehen, keinen Tag länger zusehen.

Die Vorsitzende Janette Fennell fordert von den Autoherstellern standardmäßig eine technische Nachrüstung, die Alarm auslöst, wenn Babys im Kindersitz auf der Rückbank zurückgelassen werden, weil gestresste Eltern ihre sieben Sinne nicht zusammen haben. „Wer dann noch den Alarm ignoriert, handelt vorsätzlich und muss sowieso ins Gefängnis“, sagt die Aktivistin.

Die demokratischen Senatoren Al Franken und Richard Blumenthal haben sich des hoch emotionalen Themas mit einem Gesetzentwurf angenommen, der die gerade in den brütend heißen Sommermonaten im Süden Amerikas regelmäßig auftretenden Horror-Schlagzeilen verhindern helfen soll.

Einfacher Sensor soll Leben retten

Der „Helping Overcome Trauma for Children Alone in Rear Seat Act“ (Hot Cars Act) baut auf Prävention, die künftig Standard werden soll in der Autoindustrie. „Ein einfacher Senor, ähnlich wie das Signal, dass man nicht angeschnallt ist, kann verhindern, dass ein Auto an einem heißen Tag für ein kleines Kind zu einer tödlichen Falle wird“, sagt Blumenthal. Der Kongress-Abgeordnete freut sich darüber, dass der Auto-Riese General Motors bereits eine entsprechende Technik („Rear Seat Reminder“) in einigen 2017er Modellen anbietet.

Josiah Riggins wie Zane Endress wären noch am Leben, hätten die Autos ihrer Eltern dieses Instrument besessen, sagte die Polizei in Phönix. Im ersten Fall kurvte der Vater zu einer Kirche und stellte bei der Rückkehr fest, dass sein kleiner Sohn längst tot war. Im zweiten Fall ließen die Eltern den kleinen Zane stundenlang in der Einfahrt des Hauses der Großeltern zurück. Auch hier kam jede Hilfe zu spät.

Mit jeder tödlich ausgehenden Vernachlässigung wird der Druck auf die Bundesstaaten größer, gesetzgeberisch Planken zu setzen und Problembewusstsein zu schaffen. Zurzeit haben nur 19 von 50 Bundesstaaten Gesetze, die unter Strafe stellen, was in Georgia dem ehemaligen Basketball-Star Dijanelle Fowler unterlaufen ist. Die 25-jährige Mutter ließ ihr Baby bei laufender Klima-Anlage im Fahrzeug und ging zum Friseu. Der Motor versagte, die Kühlung setzte aus. Als Fowler mit frisch gefönter Haarpracht zurückkam, war das Kind tot.

Für Bishop Curry aus McKinney, Texas, ein unerträglicher Zustand. Der Hobby-Techniker sammelt gerade per Crowd-Funding Geld, um mit Hilfe seines beide Toyota arbeitenden Vaters „Oasis“ marktreif zu machen. Eine kleine, von Curry selbst ausgetüftelte Apparatur, die an der Rückseite des Fahrer- oder Beifahrersitzes angebracht wird, optische und akustische Signale abgibt und dem vergessenen Kleinkind kühle Luft zufächelt, bis Hilfe kommt. Bishop Curry ist 11 Jahre alt.

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