EU-Afrika-Flüchtlingsgipfel Afrika will mehr, als die EU bietet

Brüssel/Valletta · Das Schaulaufen der über 30 afrikanischen und 28 europäischen Staats- und Regierungschefs vor der malerischen Kulisse von Valletta (Malta) hatte gestern noch nicht begonnen, da war dieser EU-Afrika-Flüchtlingsgipfel eigentlich schon am Ende.

"Es gibt einen Kompromiss, aber keinen Gewinner", hieß es aus dem Kreis der Unterhändler. Dabei hatte der Präsident des Europäischen Parlamentes, Martin Schulz, noch zu Beginn versucht, alle an ihre Verantwortung zu erinnern: "Dieses Treffen ist von entscheidender Bedeutung. Wir müssen mit Afrika reden." Federica Mogherini, die Außenbeauftragte der EU, lieferte den Satz, der wie ein Leitmotiv gepasst hätte: "Wir brauchen Chancen für beide Seiten - nicht Zäune und Mauern."

800 000 Flüchtlinge sind seit dem Jahresanfang aus Afrika nach Europa geflohen. Doch die rund 15 Staats- und Regierungschefs des schwarzen Kontinents (die übrigen hatten ohnehin nur Beamte geschickt) mochten sich keineswegs als Sünder fühlen. "Wir wollen, dass beide Seiten geben und bekommen", betonte ein hochrangiger Diplomat der nigerianischen Delegation.

Tatsächlich zeigten die Gespräche, dass es auf Malta "bestenfalls einen ersten Schritt" geben werde. Während die EU-Vertreter fast schon inständig baten, die Grenzkontrollen zu verschärfen und abgeschobene Flüchtlinge wieder zurückzunehmen, pochten die Afrikaner auf mehr Öffnung der EU-Staaten für legale Immigration - vor allem für Studenten und Geschäftsleute. "Wir wollen uns auf dem europäischen Markt stärker etablieren", hieß es von afrikanischer Seite.

Doch von den Europäern gab es nur wenig Verständnis. Zwar sei man bereit, die Entwicklungshilfe aufzustocken, eine Ausweitung der Visa-Freiheit aber lehnte nicht nur Kanzlerin Angela Merkel ab.

Sollte die EU gehofft haben, dass sich ihre Gesprächspartner von dem Angebot eines mit 1,8 Milliarden Euro gefüllten Nothilfe-Fonds beeindruckt zeigen, wurden sie enttäuscht. Einige afrikanische Vertreter stelten klar, dass man ein deutlich höheres Engagement erwarte, da die Union ja bereits überlege, allein der Türkei gut drei Milliarden Euro für Flüchtlingsunterkünfte zu überweisen.

Zum anderen mussten die Europäer hören, dass ein Großteil der afrikanischen Staaten die Auswanderung ihrer jungen Generation eher positiv sieht. Denn die Überweisungen der ausgewanderten und im Westen ausgebildeten Kräfte sind zu einer guten Devisenquelle geworden. Nach Angaben der Weltbank schickten Afrikaner aus der EU im Vorjahr rund 27 Milliarden Euro nach Hause.

Nigeria erhielt beispielsweise rund 17 Milliarden Euro - vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das ist manchem Staatschef lieber als die 1,8 Milliarden, die Brüssel zusammenzukratzen hat - in letzter Minute. Bis gestern Mittag fehlten 1,75 Milliarden Euro.

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