Nach Raketen- und Atomtests Südkoreas Präsident: Nordkorea nähert sich "roter Linie"

Seoul/Peking · Südkoreas Präsident Moon Jae In ist überzeugt davon: Einen neuen Krieg auf der koreanischen Halbinsel wird es trotz wachsender Spannungen nicht geben. Der höchste US-Militär bekräftigt hingegen: Die "militärische Option" gegen Nordkorea bleibt bestehen.

Angesichts des verschärften Konflikts um das Atomprogramm Nordkoreas hat Südkoreas Präsident Moon Jae In den Nachbarn vor dem Überschreiten einer "roten Linie" gewarnt. Dennoch äußerte sich Moon "zuversichtlich, dass es keinen neuen Krieg auf der koreanischen Halbinsel geben wird".

Der US-Generalstabschef Joseph Dunford bekräftigte hingegen bei einem Besuch in Peking die Option eines Militäreinsatzes gegen Nordkorea.

US-Präsident Donald Trump hatte der kommunistischen Führung Nordkoreas nach neuen Raketentests zuletzt mit "Feuer und Wut" gedroht und damit vor dem Hintergrund der Atombewaffnung beider Länder weltweit für große Unruhe gesorgt. Nordkorea drohte damit, Raketen in Gewässer nahe der US-Pazifikinsel Guam feuern zu wollen, stellte diese Pläne dann aber zurück.

Falls Nordkorea die Entwicklung von Interkontinentalraketen vervollständigen und diese mit Atomsprengköpfen einsatzbereit machen sollte, würde er das als Grenzüberschreitung ansehen, sagte Moon bei einer Pressekonferenz zu seinen ersten 100 Tagen im Amt. "Nordkorea nähert sich der roten Linie."

Die USA würden jedoch keine militärischen Schritte gegen Nordkorea unternehmen, ohne dies mit Südkorea abzusprechen, bekräftigte Südkoreas Staatsoberhaupt. "Jede militärische Aktion auf der koreanischen Halbinsel erfordert Südkoreas Zustimmung, sofern sie nicht außerhalb der Halbinsel erfolgt."

Die Worte wurden in Seoul auch als Versuch des linksliberalen Politikers verstanden, Befürchtungen im In- und Ausland entgegenzuwirken, der Atomstreit mit Nordkorea könne zu einem bewaffneten Konflikt eskalieren. Er gehe davon aus, dass Trump mit seinen scharfen Worten vor allem seine Entschlossenheit zeigen wolle, noch mehr Druck auf Pjöngjang auszuüben, betonte Moon.

Der US-General Dunford sagte vor einem Treffen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping: "Es gibt keinen Zweifel, dass es absolut entsetzlich wäre, wenn es zu einer militärischen Lösung des Problems käme." Es dürfe aber nicht zugelassen werden, dass Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un Atomwaffen besitze. Dunford verwies auf die Anweisung Trumps an die Streitkräfte, machbare militärische Optionen zu erarbeiten. "Und genau das ist es, was wir tun."

Der General reagierte auf Fragen von Journalisten, nachdem Trumps Chefstratege Steve Bannon eine solche Lösung in Zweifel gezogen hatte. "Es gibt keine militärische Lösung. Vergiss es", hatte Bannon der Publikation "The American Prospect" gesagt. Er verwies darauf, dass durch Nordkoreas Vergeltung allein mit konventionellen Waffen in den ersten 30 Minuten Millionen Menschen in Seoul getötet werden könnten.

In einem Gespräch mit Dunford warnte der Vizevorsitzende der chinesischen Militärkommission, General Fan Changlong, vor einem Militärschlag. "Dialog ist der einzig wirksame Weg zu Lösung der Probleme auf der koreanischen Halbinsel", sagte der hohe General.

Moon rief Pjöngjang auf, zum Dialog zurückzukehren und von "weiteren Provokationen" Abstand zu nehmen. Nordkorea müsse sich sonst auf noch härtere Sanktionen einstellen, denen es am Ende nicht mehr standhalten könne, warnte er. Sollte Nordkorea allerdings auf weitere Raketen- und Atomtests verzichten, wolle er erwägen, einen Sondergesandten nach Pjöngjang zu schicken.

Der UN-Sicherheitsrat hatte Anfang dieses Monats nach zwei Tests Nordkoreas mit Langstreckenraketen die bislang schärfsten Sanktionen gegen das diplomatisch isolierte Land verhängt. Experten zufolge könnten die Raketen US-Gebiet erreichen. Nordkorea wirft den USA vor, mit ihren Militärübungen mit Südkorea einen Angriff vorzubereiten, was beide aber bestreiten. In der nächsten Woche planen die USA und Südkorea nach südkoreanischen Medienberichten eines ihrer jährlichen Manöver.

Wie Südkorea will auch Japan wegen der Bedrohung durch Nordkorea seine Raketenabwehr ausbauen. Wie die Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf Regierungskreise berichtete, wird ein landgestütztes Aegis-System erwogen. Das Verteidigungsministerium wolle die Mittel für die dafür benötigte Planung im kommenden Haushalt beantragen.

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