Kommentar zu sicheren Drittstaaten Kühl kalkuliert

Meinung | Bonn · Wie steht es um die Menschenrechte in Algerien, Marokko und Tunesien? Die Bundesregierung will Asylverfahren für Schutzsuchende aus diesen Staaten abkürzen.

 Flucht unter Lebensgefahr: In einem mit Altmetall gefüllten Container versuchten 15 Jugendliche, nach Europa zu kommen.

Flucht unter Lebensgefahr: In einem mit Altmetall gefüllten Container versuchten 15 Jugendliche, nach Europa zu kommen.

Foto: dpa

Die Einordnung von Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten ist ein Stück Realpolitik mit Zynismusverdacht. Die Bundesregierung will die Zahl der Flüchtlinge reduzieren. Den Menschen in den drei Maghreb-Staaten sendet Berlin ein klares Signal, dass sie in Deutschland nicht mit politischem Asyl rechnen können. Die Hoffnung ist, dass zumindest ein Teil derer, die auf gepackten Koffern sitzen, diese nun daheim wieder auspacken.

Die Einschätzung der innenpolitischen Lage in den drei Staaten hat sich in den vergangenen Monaten dabei nicht grundlegend zum Besseren gewandt. Zu Algerien etwa schreibt das Auswärtige Amt selbst, dass im Land Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen fortbestehen. In allen drei Maghreb-Staaten werden Homosexuelle diskriminiert, Frauen als Menschen zweiter Klasse behandelt, Polizei und Justiz entsprechen nicht westlichen Standards.

Gleichwohl sind primäre Fluchtgründe für die meisten Algerier, Marokkaner und Tunesier nicht politische Verfolgung, sondern Armut und Perspektivlosigkeit. Zurecht weist die Bundesregierung darauf hin, dass es sich bei allen drei Ländern um – an regionalen Standards gemessen – stabile Staaten mit demokratisch gewählten Volksvertretungen handelt.

Der Verdacht des Zynismus kommt auf, weil es sich um die Heimatländer jener Männer handelt, die im Verdacht stehen, die Silvester-Übergriffe in Köln begangen zu haben. Das kühle Kalkül: Widerstand, der die Initiative ernsthaft gefährden könnte, wird es deshalb nicht geben und die Regierung einen leicht errungenen Erfolg feiern können.

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