EU-Brexit-Gipfel in Brüssel EU und Großbritannien machen Hoffnung auf Brexit-Deal

Brüssel · Neue Vorschläge hat EU-Ratschef Tusk aus London gefordert, um die Blockade bei den Brexit-Verhandlungen zu durchbrechen. Den Ruf hat die britische Regierungschefin May wohl ignoriert. Und trotzdem scheint etwas in Bewegung zu kommen.

 Eine EU-Flagge und der Union Jack vor dem Parlament in London.

Eine EU-Flagge und der Union Jack vor dem Parlament in London.

Foto: Xinhua

Ein Austrittsabkommen sei weiter möglich , sagte nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel, sondern auch die britische Premierministerin Theresa May am Mittwoch zum Auftakt des EU-Gipfels in Brüssel. Allerdings könnte sich das Scheidungsdrama noch Wochen hinziehen. "Es liegt weitere Arbeit vor uns", sagte Merkel.

Die britische Premierministerin habe keine neuen Vorschläge mit zum Gipfel gebracht, sagte EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani nach einer Rede Mays im Kreis der EU-Staats- und Regierungschefs. Zwar sei guter Wille erkennbar gewesen. "Aber ich habe inhaltlich nichts substanziell Neues erkannt", berichtete Tajani aus der Runde. Doch scheint ein neuer EU-Vorschlag einer längeren Übergangsphase nach dem Brexit etwas Bewegung zu bringen. Diplomaten berichteten, May sei zumindest bereit, dies in Erwägung zu ziehen.

Die Verhandlungen über einen Austrittsvertrag stecken seit dem Wochenende in der Sackgasse. Hauptstreitpunkt ist, wie politisch heikle Kontrollen an der künftigen EU-Außengrenze zwischen der Republik Irland und dem britischen Nordirland vermieden werden können. Kommt kein Vertrag zustande, droht am Brexit-Tag, dem 29. März 2019, ein chaotischer Bruch mit Verwerfungen für die Wirtschaft und Unsicherheit für Millionen Bürger.

Vor Beginn des Gipfels gab sich May jedoch optimistisch. Es seien "große Fortschritte" in den Verhandlungen gemacht worden, sagte sie öffentlich. "Ein Abkommen ist machbar und jetzt ist die Zeit, es fertig zu bekommen", meinte May. Zwar gebe es noch Fragen wegen der EU-Forderung nach einer Garantie für offene Grenzen in Irland, des sogenannten Backstop. Bei intensiver Zusammenarbeit "in den nächsten Tagen und Wochen" sei aber eine Einigung möglich. Diese liege nicht nur im Interesse Großbritanniens, sondern auch der EU.

Das betonte auch Merkel beim Gipfel: "Ich gehe mit dem Geist an die Sache heran, immer alles zu versuchen, eine Übereinkunft zu finden. Das wäre für alle Seiten besser." Zuvor hatte die Kanzlerin in einer Regierungserklärung im Bundestag betont, ein Abkommen sei immer noch möglich, auch wenn in der Irland-Frage die Tücke im Detail liege. Etliche EU-Staats- und Regierungschefs äußerten sich ganz ähnlich, darunter der Niederländer Mark Rutte und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

Zur Debatte stand die Einberufung eines EU-Sondergipfels im November. Zuletzt sagten Diplomaten aber, vermutlich werde man einen solchen Termin offen lassen, bis eine Einigung absehbar sei. EU-Chefunterhändler Michel Barnier sagte, man benötige noch "viel mehr Zeit". Auch Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite machte wenig Hoffnung auf ein rasches Ergebnis. "Das Drama ist noch nicht in der Endphase", sagte sie.

Die EU erwägt als Zugeständnis an Großbritannien eine längere Übergangsfrist nach dem Brexit - das bestätigte Barnier nach Angaben von Diplomaten am Dienstag den 27 bleibenden Staaten. Mit Großbritannien provisorisch vereinbart ist bisher eine Phase bis Ende 2020, in der sich praktisch nichts ändert. Diese könnte den Angaben zufolge ein Jahr länger ausfallen, also insgesamt knapp drei Jahre. Tajani signalisierte dafür Zustimmung des EU-Parlaments, das jedes Abkommen letztlich ratifizieren müsste.

Dann hätten beide Seiten mehr Zeit, die anvisierte Handels- und Sicherheitspartnerschaft nach dem Brexit zu klären. Das könnte wiederum helfen, auch die Irland-Frage zu lösen. May will sie im Rahmen eines langfristigen Handelspakts regeln.

Voraussetzung für das Inkrafttreten der Übergangsfrist ist, dass überhaupt ein Austrittsvertrag zustande kommt. Bei den am Wochenende vorerst gestoppten Verhandlungen hatte der Vorschlag einer längeren Übergangsphase bereits auf dem Tisch gelegen und keinen Durchbruch gebracht, wie es aus Verhandlungskreisen hieß. In London dringen kategorische Brexit-Befürworter darauf, die Trennung von der EU so schnell wie möglich zu vollziehen.

Weitere Infos

  • Würde erneut über den britischen EU-Austritt abgestimmt, käme es einer neuen EU-Umfrage zufolge nicht zu einem Brexit. Jeder zweite Brite (51 Prozent) würde zurzeit für einen Verbleib des Landes in der EU stimmen. 34 Prozent der Befragten würden demnach nach wie vor für den Austritt aus der Staatengemeinschaft votieren, 11 Prozent wären unentschlossen.

Zugleich hält mehr als die Hälfte der Briten (54 Prozent) die Brexit-Entscheidung für falsch. 38 Prozent der Befragten antworten auf die Frage, ob das Votum richtig gewesen sei, hingegen mit "Ja".

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