48-stündiger Generalstreik Droht Venezuela eine Diktatur?

Caracas · Showdown im Ölstaat: Die Gegner von Venezuelas Staatschef Maduro rechnen mit dem Umbau zu einer Diktatur. Auch die USA erhöhen den Druck. Der Sozialist Maduro antwortet darauf auf seine Weise.

 Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei in Caracas.

Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei in Caracas.

Foto: Rayner Pena

Im Machtkampf zwischen dem sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro und der Opposition in Venezuela ist die Zahl der Toten auf 102 gestiegen. Während eines 48-stündigen Generalstreiks starb im Bundesstaat Mérida bei Auseinandersetzungen ein 30-Jähriger, wie die Behörden mitteilten.

Beobachter rechnen mit einer Eskalation, wenn am Sonntag die Wahl einer Verfassungsgebenden Versammlung stattfindet. Durch den Ausschluss von Parteien und die Bevorzugung von Vertretern der Arbeiterklasse wird mit einer Mehrheit von Sympathisanten Maduros gerechnet - die Opposition befürchtet den Umbau zu einer Diktatur über den Hebel der Verfassungsreform.

Maduro knöpfte sich nach der Verhängung von Sanktionen gegen 13 sozialistische Funktionäre die Regierung von US-Präsident Donald Trump vor. Das Volk werde über den Imperialismus siegen, sagte er. Demonstrativ kündigte Maduro Ehrungen für die Betroffenen an, darunter die Präsidentin der nationalen Wahlbehörde, Tibisay Lucena, und der Menschrechtsbeauftragte Tareck William Saab. "Ich werde der Gruppe von Venezolanern eine sehr, sehr spezielle Anerkennung zuteil werden lassen." Sie erhalten eine Replik des Schwertes des Befreiers von der spanischen Kolonialherrschaft, Simón Bolívar. Maduro sprach von einer "unverschämten Maßnahme" der US-Regierung.

Die USA hatten bereits im Februar Sanktionen gegen Vizepräsident Tareck El Aissami wegen des Verdachts der Verstrickung in den Kokainhandel verhängt. Das Vermögen der Betroffenen in den USA wird eingefroren; US-Bürgern sind Geschäfte mit ihnen verboten.

Mit den Sanktionen wollen die USA Druck ausüben, damit die für Sonntag geplante Wahl von 545 Mitgliedern einer Verfassungsgebenden Versammlung noch abgesagt wird. Die Opposition hatte auch deshalb zu dem Generalstreik aufgerufen. Ziel sei es, einen "Staatsstreich" der Opposition abzuwenden, hatte Maduro den Schritt begründet, der auch im eigenen Lager umstritten ist. Das könnte den Konflikt verschärfen.

Als der Ölpreis auf unter 40 US-Dollar abstürzte, geriet das Land mit den größten Reserven der Welt in eine fundamentale Krise. Es fehlen Einnahmen und Devisen, um ausreichend Lebensmittel und Medikamente aus dem Ausland einzuführen. Die eigene Wirtschaft liegt brach.

Entzündet hatten sich die Proteste an der zeitweiligen Entmachtung des Parlaments, in dem die Opposition eine klare Mehrheit hat. Seit Tagen werden Lebensmittel gehortet, es wird eine Eskalation nach der Wahl befürchtet. Maduro will den Sozialismus notfalls auch mit Waffen verteidigen. Überall prägen lange Schlangen vor Läden und im Müll nach Essen suchende Menschen das Bild im einst reichsten Land Südamerikas. Nach Angaben der kolumbianischen Behörden überquerten allein am Mittwoch 26 000 Menschen die Grenze, um Essen einzukaufen.

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