Front National Brauner Fleck auf Le Pens Weste

Paris · Jean-François Jalkh, der Interims-Vorsitzende der Rechtspopulisten der Front National, scheitert an einem alten Interview, das ihn als Holocaust-Leugner entlarvt.

 „Keine Erinnerung“ an Interview: Jean-François Jalkh.

„Keine Erinnerung“ an Interview: Jean-François Jalkh.

Foto: dpa

Es sollte ein taktischer Schachzug Marine Le Pens sein, um sich zu einer „staatsmännischen“ Statur zu verhelfen: Kurz nach der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl legte sie bis auf weiteres den Vorsitz ihrer Partei nieder. „Ab heute Abend bin ich die Kandidatin der Front National, die alle Franzosen um ein Projekt versammeln will“, so die Rechtspopulistin.

Ihr ging es darum, die Wählerbasis zu verbreitern, um gegen den Sozialliberalen Emmanuel Macron möglichst viele Stimmen anderer Kandidaten einzusammeln, die die Stichwahl am 7. Mai nicht erreicht haben. Die Positionen des EU-Kritikers Nicolas Dupont-Aignan beispielsweise „sind den unseren extrem nahe“, erklärte Le Pen in versöhnlichem Ton. Auch mit dem rechten Flügel der Republikaner gebe es Kontakte.

Doch ausgerechnet die Entscheidung für Jean-François Jalkh als Interimspräsident der Partei zeigte die Grenzen dieser Strategie der Öffnung. Denn dieser fiel nicht nur dadurch auf, 1991 an der Seite von Marine Le Pens Vater Jean-Marie an der Gedenkfeier zum 40. Jahrestag von Marschall Pétain teilgenommen zu haben – jenes „Helden von Verdun“ im Ersten Weltkrieg, der später als Chef des Vichy-Regimes mit den Nazis kollaborierte. Außerdem ist Jalkh in mehrere Affären der Partei verwickelt, unter anderem hinsichtlich der Betrugsvorwürfe bei der Finanzierung von Le Pens Wahlkampagne 2012.

Nun kam ein 2005 veröffentlichtes Interview zum Vorschein, in dem Jalkh die Verwendung des giftigen Gases Zyklon B in den Vernichtungslagern der Nazis anzweifelte. Es gebe zwei Sorten von Holocaust-Leugnern, theoretisierte er damals – die „Provokateure“ und die „seriösen“ wie er: Nach einem Gespräch mit einem Chemiespezialisten sei er zur Überzeugung gelangt, dass ein Massenmord mit Zyklon B „technisch unmöglich“ sei.

Nun versicherte der 59-Jährige, er habe „keinerlei Erinnerung“ an das Interview. Trotzdem erklärte Louis Aliot, Vizepräsident der Front National und Lebensgefährte von Marine Le Pen, am Freitag, Jalkh wolle Klage einreichen und verzichte auf den Posten als Interimspräsident. Diesen übernimmt stattdessen Steeve Briois, der in der Partei einflussreiche Bürgermeister der nordfranzösischen Stadt Hénin-Beaumont. Dort warf er Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen aus Gebäuden der Stadt und gründete eine Initiative „Meine Gemeinde ohne Migranten“.

Während das für wenig Aufruhr sorgt, schadet die Debatte um Jalkh dem Bild Le Pens im Wettlauf um Wählerstimmen mit Macron. Nachdem dieser in der ersten Wahlrunde 2,7 Prozentpunkte vor ihr lag, sagen ihm Umfragen im zweiten Durchgang mindestens 60 Prozent der Stimmen voraus. Sollte sie Anhänger des Linkspopulisten und EU-Kritikers Jean-Luc Mélenchon für sich gewinnen und die Enthaltung groß sein, gilt Le Pen aber nicht als chancenlos. Ein Grund für ihren Erfolg ist, dass sie sich von ihrem offen rassistischen, antisemitischen und homophoben Vater absetzt. Statt des Parteinamens prangt auf den Plakaten das Logo „Marine2017“.

„Le Pen ist die Normalisierung der Partei gelungen“, erklärt Martial Foucault, Direktor des Forschungsinstituts CEVIPOF, das umfassende Wählerbefragungen durchführt. „Gerade bei jungen Leuten kommt an, dass sie eine Frau ist, die die Dinge offen ausspricht. Viele haben keinerlei Wissen über die Geschichte der Front National.“ Dabei ist diese durchaus noch präsent: Eine Persönlichkeit wie Jalkh in deren Führungsrängen dient dafür als bester Beweis.

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