Konflikt mit der Türkei Abgeordnete dürfen deutsche Soldaten in Konya nicht besuchen

BERLIN · Endstation Konya? Erneut verweigert die Türkei deutschen Abgeordneten die Einreise. Jetzt wird der Konflikt Nato-Sache.

Recep Tayyip Erdogan hatte es sich wunderbar ausgemalt. Im kommenden Jahr wollte der türkische Staatspräsident die mittlerweile 28 anderen Nato-Partner beim nächsten Gipfel der Allianz in der Türkei versammeln. Händeschütteln als Gastgeber vor großer Kulisse. Seine Position hätte dieses Treffen der Nato-Staats- und Regierungschefs weiter aufgewertet. Zuletzt zeigte Erdogan beim Nato-Gipfel 2004 in Istanbul – da war er noch Ministerpräsident –, wie man sich als kommender starker Mann in Szene setzen kann. Doch verstimmte Partner im Bündnis, darunter Deutschland, verhindern einen Nato-Gipfel 2018 in der Türkei. Also tagt die Nato wie schon in diesem Jahr auf gewissermaßen neutralem Boden – im eigenen Hauptquartier in Brüssel.

Dem Nato-Partner Deutschland stellt sich derweil wieder die Frage: gehen oder bleiben? Die Weigerung der türkischen Regierung, Bundestagsabgeordneten den Besuch deutscher Soldaten auf dem türkischen Nato-Stützpunkt Konya zu gestatten, hat die Debatte über einen Abzug neu angefacht. Endstation Konya? Bislang betont die Regierung in Ankara, die Reise sei nur verschoben worden. „Wir nehmen jetzt die Türkei beim Wort und gehen daran, einen baldigen Termin für eine solche Reise mit der Türkei zu besprechen“, so eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. Doch in Berlin wird auch nicht ausgeschlossen, dass Erdogan eine weitere Retourkutsche fährt.

Schließlich hatte der türkische Präsident Deutschland aufgefordert, türkische Offiziere, die nach dem gescheiterten Putschversuch vor einem Jahr nach Deutschland geflüchtet waren und hier Asyl erhalten hatten, an sein Land auszuliefern. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Wochenende betont, sollte es solche Forderungen geben, „würden wir das rundweg ablehnen“. Das Besuchsrecht habe mit dem Asylrecht nichts zu tun. Beides dürfe nicht vermischt werden. CSU-Politiker Hans-Peter Uhl wiederum sagte, das Besuchsrecht für den Nato-Stützpunkt Konya sei nicht so wichtig, dass man dafür mit dem Prinzip der Bündnistreue brechen müsse.

"Dann haben wir den Schwarzen Peter“

Der frühere Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Harald Kujat, sagte dieser Zeitung: „Es kann nicht sein, dass Deutschland sich von der Türkei vorführen lässt. Deutschland sollte die Soldaten zunächst nicht einseitig abziehen. Dann haben wir den Schwarzen Peter.“ Entweder werde einvernehmlich entschieden, „dass die deutschen Parlamentarier die Soldaten in Konya besuchen dürfen, oder der gesamte Awacs-Einsatz, der ja primär im Interesse der Türkei erfolgt, wird beendet. Dann wäre die Türkei dafür verantwortlich, dass die Nato diesen Einsatz nicht durchführen kann.“

Auch Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour sagte dem General-Anzeiger, die jetzige Weigerung der Türkei, Bundestagsabgeordnete nicht nach Konya zu lassen, sei „nicht mehr nur eine Angelegenheit Deutschlands, sondern der Nato“. Die Türkei müsse nun einen neuen Termin für die Reise deutscher Abgeordneter nach Konya nennen. Nouripour: „Deutschland muss das in den Nato-Rat tragen. Es kann nicht sein, dass die Türkei ein Stück der Nato lahmlegt und dann darauf verweist, dass dies die Schuld der Deutschen sei.

Deswegen ist ein Abzug der Bundeswehrsoldaten aus Konya nicht das Thema. Wenn die Türkei sich weiter weigert, Bundestagsabgeordnete nach Konya zu lassen, muss in der Nato darüber gesprochen werden, was ein Nato-Truppenstatut eigentlich wert ist. Und dann muss es eine gemeinsame Antwort der Nato geben. Einen Abzug der Bundeswehr zum jetzigen Zeitpunkt halte ich für ausgesprochen falsch, weil es dann so aussehen würde, als legte Deutschland einen Nato-Verband lahm.“

SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold sagte dem GA, die Haltung seiner Bundestagsfraktion sei eindeutig: „Wir können nur dort Soldaten stationieren, wo ein uneingeschränktes Besuchsrecht für die Abgeordneten gilt. Wenn sich in den nächsten Wochen nichts Positives bewegt, dass entweder der Nato-Generalsekretär oder die Bundeskanzlerin dieses Besuchsrecht durchsetzt, dann müssen wir das deutsche Kontingent aus Konya abziehen.“

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