Datensicherheit gefordert Auch Politiker aus Bonn von Datenklau betroffen

Bonn/Region · Von dem groß angelegten Datendiebstahl bei Politikern sind auch hiesige Abgeordnete betroffen. Sie fordern nun mehr Datensicherheit. Einige haben Strafanzeige erstattet.

 Stellte Strafanzeige: die Bonner Grünen-Politikerin Katja Dörner.

Stellte Strafanzeige: die Bonner Grünen-Politikerin Katja Dörner.

Foto: picture alliance / dpa

Der Fall der massenhaft gestohlenen und ins Internet gestellten Daten beschäftigen auch die Bundestagsabgeordneten aus der Region. „Politiker werden oft beschimpft und getrollt, das kennen wir. Aber das hier hat schon eine neue Qualität“, sagte der Bonner FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff unserer Redaktion. Zwar sei er selbst nicht Opfer der Datendiebe geworden. „Ich bedauere aber die Kollegen, bei denen private Dinge öffentlich wurden. Das wünscht man seinem ärgsten Feind nicht“. Die FDP-Fraktion setze jetzt auf die Ermittlungen der Polizei und Nachrichtendienste. „Dann sehen wir weiter, welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Das ist keine Frage von Parteipolitik“, sagte Lambsdorff.

Betroffen von den Hackerangriffen ist der Linken-Abgeordnete Alexander Neu aus dem Rhein-Sieg-Kreis. Allerdings: „Bei mir wurden nur eine nicht mehr gültige Mail-Adresse und eine veraltete Wohnanschrift veröffentlicht“, sagte Neu. „Da musste ich fast schmunzeln, denn in meinem Fall haben die Hacker keine besonders gute Arbeit geleistet.“ Dennoch sei der Fall sehr ernst zu nehmen. Kritik an Politikern sei richtig und wichtig. „Aber es gibt eine Grenze: das Privatleben“, betonte Neu. „Keiner möchte ungebetenen Besuch von einem Verrückten bekommen“.

Auch die Bonner Grünen-Abgeordnete Katja Dörner wurde Opfer der Hacker. „Wegen dieses Angriffs auf meine Privatsphäre habe ich heute Strafanzeige bei der Polizei gestellt und stehe mit den Sicherheitsbehörden im Austausch“, sagte Dörner. Wichtig sei, sich nicht einschüchtern zu lassen. „Nicht nur ich bin betroffen“, sagte Dörner. „Immer wieder trifft es Bürgerinnen und Bürger, deren Privatsphäre angegriffen wird.“ Es brauche „endlich höchste Sicherheitsstandards bei allen Anbietern, um unserer aller Daten besser zu schützen.“

Nicole Westig, FDP-Abgeordnete aus dem Rhein-Sieg-Kreis, war von den Angriffen nicht betroffen. Sie und ihre Kollegen würden künftig aber mehr auf Sicherheit achten. „Aufgrund der jetzt bekannt gewordenen Vorfälle wird es sicherlich noch zusätzliche Maßnahmen geben. Mein Büro hat sich heute direkt an die IT des Bundestags gewandt und sich umfassend beraten lassen.“

Aktueller Fall ist ein Weckruf

Die CDU-Abgeordnete Mechthild Heil aus dem Wahlkreis Ahrweiler konnte Stand Freitagabend noch nicht sagen, ob sie Opfer der Datendiebe wurde. „Dennoch gehen wir zunächst davon aus“, sagte sie. „Ziel des Angriffs scheint zu sein, Verunsicherung zu stiften, um die Entwicklung unserer Gesellschaft negativ zu beeinflussen“. Zudem wollten die Täter offenbar beweisen, dass Regierungsdaten nicht ausreichend geschützt seien. Die Hacker versuchten, auf öffentliche Funktionsträger Einfluss auszuüben und sie zu irritieren. „Dieser Angriff geht an die Privatsphäre eines Jeden“, sagte Heil. Er zeige zudem, wie wichtig es sei, „mit seinen Daten sorgfältig umzugehen und nicht alles preiszugeben“.

Für Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), Abgeordnete aus dem Rhein-Sieg-Kreis, ist der aktuelle Fall ein Weckruf: Man müsse über Datensicherheit generell mehr sprechen. „Wir schließen alle unsere Haustür ab, mit unseren persönlichen Daten gehen wir aus Bequemlichkeit oftmals viel zu leichtfertig um“, sagte Winkelmeier-Becker. „Dabei betrifft ein Datendiebstahl ja meist auch Dritte, etwa wenn das Adressbuch des Handys betroffen ist.“ Der Rechtsstaat müsse in die Lage versetzt werden, Cyberkriminalität effektiv zu bekämpfen.

Von den Kölner Politikern im Bundes- oder Landtag ist unter anderem der Kölner CDU-Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau betroffen. „Das ganze Ausmaß des Angriffs lässt sich im Moment noch nicht abschätzen. Klar ist, dass nicht nur die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Politiker verletzt wurden, sondern auch die ihres sozialen Umfelds“, sagte er. Es ist nicht der erste Fall bei Petelkau: Anfang Oktober wurde sein E-Mail-Konto und sein Facebook-Account gehackt – möglicherweise stammen daher seine Daten. Damals waren auf der Facebook-Seite Petelkaus Videos verlinkt, die unter anderem mit rechten Parolen überschrieben waren. Petelkau erstattete Strafanzeige gegen Unbekannt.

Ebenfalls betroffen ist der Kölner SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach Zwar veröffentlichten die Datendiebe keine persönlichen Daten, aber ein vertraulicher Brief an einen Fraktionskollegen wurde gehackt.

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