Bundeskanzlerin zu Besuch in Bonn Angela Merkel: Energiezeitplan steht

BONN/KÖLN · Es ist ein Tag wie gemacht fürs Thema: Die Sonne lacht, der Wind weht - es geht um die Wende, die Energiewende, die Wende hin zu erneuerbaren Energien. Die Bundeskanzlerin hat sich bei der Bundesnetzagentur und bei einem prominenten Übertragungsnetzbetreiber (so heißt das wirklich) in Brauweiler angesagt.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Präsident der Bundesnetzagentur fuer Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, Jochen Homann, geben am Dienstag (29.05.12) in der Bundesnetzagentur in Bonn nach einem gemeinsamen Gespräch ein Pressestatement.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Präsident der Bundesnetzagentur fuer Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, Jochen Homann, geben am Dienstag (29.05.12) in der Bundesnetzagentur in Bonn nach einem gemeinsamen Gespräch ein Pressestatement.

Foto: ap

Aber an diesem Morgen geht es mit der Kanzlerin wie mit dem Netzausbau: Er lässt auf sich warten, sie lässt auf sich warten. Dabei hat Angela Merkel an diesem Tag nur ein Ziel: Sie will gute Stimmung machen für die Energiewende, die in den vergangenen Tagen so in die Kritik geraten ist, allein schon wegen des Rausschmisses des dafür teilzuständigen Bundesumweltministers.

Und auch wenn das Treffen im Tulpenfeld und damit im Wahlkreis des Norbert Röttgen stattfindet und er nur wenige Kilometer entfernt von hier wohnt: Röttgen ist an diesem Morgen hier nicht zu sehen (das war bei dem lange geplanten Termin mal anders vorgesehen), er kommt auch in den Reden nicht vor, nicht mal negativ.

Stattdessen kommt die Kanzlerin. Ihr voran schreiten vier äußerst korrekt gekleidete Herren mit Aktenköfferchen. Wie sich herausstellt, sind es aber nicht die Aktenträger der Kanzlerin, sondern die Geschäftsführer der vier Übertragungsnetzträger, also der Firmen, die Deutschland netztechnisch unter sich aufgeteilt haben: Tennet in der Mitte, 50Hertz im Osten, Amprion im Westen und Transnet im Südwesten.

Kanzlerin Merkel zu Besuch in Bonn
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Der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, erst seit März im Amt, ergreift als erster das Wort und spricht von einem guten Tag für die Netzagentur (weil die Kanzlerin da sei), was aber natürlich auch Ansporn sei.

Dann wird's konkreter. Martin Fuchs, der Tennet-Geschäftsführer, verspricht für alle Netzbetreiber, dass man sich "mit ganzer Kraft" der "sehr großen" Herausforderung der Energiewende stellen werde, aber er betont auffällig oft das Wörtchen "kann". Die Wende "kann gelingen", wenn alle an einem Strick zögen, wenn die Politik das ihre dazu beitrage. Es geht, zentral, um den Ausbau der großen Stromtrassen, weil der Wind nun mal im Norden stärker wehe, der Bedarf aber im Süden des Landes sei.

3.800 Kilometer neue Trassen halten er und seine Kollegen für notwendig, das sind mal eben 700 weniger als bisher behauptet. Zusätzlich könne man 4.000 Kilometer bestehender Trassen modernisieren. Das klingt,wie sich am Nachmittag beim Netzbetreiber Amprion in Brauweiler zeigt, harmloser als es ist. Da führt etwa in Hürth oder Pulheim die Überlandleitung dicht an Wohnhäusern vorbei, die Masten werden statt 45 bald 80 Meter hoch sein, die Leitungen werden die vierfache Kapazität haben und deshalb nennt sich das ganze "Ultranet". "Quasi die erste Energiewendeleitung", sagt Geschäftsführer Hans-Jürgen Brick.

Tennet-Chef Fuchs verbindet Erwartungen mit Mahnungen. "Das ist kein Selbstläufer", sagt er und spricht mal eben von einem Investitionsvolumen von 20 Milliarden Euro, kurz zuvor war noch von 15 die Rede. So schnell geht das mit der Wende.

20 Milliarden nur onshore, offshore kommen noch mal zwölf Milliarden hinzu. Onshore, offshore - die Energiesprache ist voll von Spezialbegriffen. Da redet der neue Bundesumweltminister, mit angereist, von Plattformen und meint die im Netz seines Hauses, während Fuchs von den immer schwereren Plattformen in der Nordsee spricht. Und Fuchs sagt auch: "Jeden Tag muss eine neue Windmühle in die Nordsee, wenn das Projekt klappen soll." Das Projekt: 40 Prozent erneuerbare Energien bis 2022, dem Jahr des Atomausstiegs, 80 Prozent bis 2050.

Dass das ehrgeizig ist, sagt auch die Kanzlerin im Tulpenfeld wie in Brauweiler. Aber am Atomausstieg lässt sie nicht rütteln. Auch wenn alles zu langsam geht. 2009 wurden 1800 neue Trassenkilometer als vordringlich eingestuft, 214 sind seitdem erst gebaut, ganze elf in Betrieb genommen. Auch wenn der ebenfalls mitgereiste Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler verspricht, bis Ende 2013 würden es 600 Kilometer sein. Artig versprechen sich Peter Altmaier, der neue gewichtige Chef im Umweltressort, und der liberale Wirtschaftschef gute Zusammenarbeit. Und Rösler sagt noch: "Wir sind absolut im Zeitplan."

Was man von der Kanzlerin nicht sagen kann, weshalb nur drei Fragen auf der Pressekonferenz zugelassen werden, ehe Merkel, Altmaier und Rösler abdüsen. Die Energiewende nimmt Tempo auf. Man muss ja noch zu Amprion. Das übrigens ist eine Zusammenziehung (etwas schief) aus Amperè und Vision. Das freut die Physikerin im Kanzleramt.

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