Gegenwind für US-Präsident Donald Trump Was nun, Mr. President?

Washington · Seit Amtsantritt im Januar 2017 hat Donald Trump schon viele für ihn ärgerliche Wochen gehabt. Die vergangene aber hat es besonders in sich. Ein Überblick.

 US-Präsident Trump im Oval Office: Die von ihm als „Hexenjagd“ bezeichneten Untersuchungen bringen immer mehr Anklagen , Verurteilungen, Geständnisse und Verdachtsmomente hervor.

US-Präsident Trump im Oval Office: Die von ihm als „Hexenjagd“ bezeichneten Untersuchungen bringen immer mehr Anklagen , Verurteilungen, Geständnisse und Verdachtsmomente hervor.

Foto: AFP

Der US-Präsident gerät an immer mehr Fronten gleichzeitig unter Beschuss, tritt politisch auf der Stelle oder büßt Rückhalt ein. Bisher perlte fast alles an ihm ab. Nun sorgen sich aber die Republikaner, dass ihr Zugpferd Trump das kommende Jahr politisch nicht überstehen könnte. Bei den Demokraten bekommt die Debatte um ein Amtsenthebungsverfahren neuen Auftrieb.

Im Zentrum steht die Russland-Affäre. Die von Trump als „Hexenjagd“ bezeichneten Untersuchungen bringen immer mehr Anklagen (bisher 33), Verurteilungen, Geständnisse und Verdachtsmomente hervor. Aber das ist nicht die einzige Baustelle:

Michael Cohen

Dass der ehemalige persönliche Anwalt und „Ausputzer“ Trumps wegen illegaler Machenschaften (Schweigegeldzahlungen an ehemalige Sex-Partnerinnen des Präsidenten) rund um den Wahlkampf 2016 für drei Jahre ins Gefängnis muss, gilt in Washington als Startsignal für eine Reihe von miserablen Nachrichten, die der Präsident in den nächsten Wochen und Monaten zu gewärtigen hat. Dabei sticht ein Detail hervor.

Cohen soll sich 2016 mit Kreml-Emmissären in Prag getroffen haben, um eine Liäson zwischen Kreml und Trump zu erörtern. Ziel: Trump ins Weiße Haus zu bekommen. Bisher wird die Existenz dieses Treffens, das aus Sicht von FBI-Experten als hartes Indiz („smoking gun“) für eine unerlaubte Zusammenarbeit zu werten wäre, energisch bestritten. Sonderermittler Robert Mueller, der eine mögliche „Collusion“ der russischen Regierung und Trumps Wahlkampagne untersucht, soll gegenteilige Beweise besitzen, berichten US-Medien.

Michael Flynn

Kommende Woche soll Trumps ehemaliger Nationaler Sicherheitsberater sein Strafmaß erfahren. Flynn hat, als Barack Obama noch Präsident war, den Russen verbotenerweise die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen schmackhaft gemacht – und darüber das FBI belogen. Flynn hat intern ausgesagt, in Abstimmung mit Trumps Schwiegersohn Jared Kushner tätig geworden zu sein, der in der Übergangsphase von Obama zu Trump die zentrale Figur war.

Cohen wie Flynn haben diverse Verbrechen eingestanden, ausgiebig mit Sonderermittler Mueller kooperiert und Interna über die Verbindungen zwischen Trumps Wahlkampagne und Kreml-nahen Stellen preisgegeben. Nur ein Bruchteil ist bisher bekannt geworden.

Paul Manafort

Demnächst wird erneut der bereits in Haft sitzende Ex-Wahlkampf-Manager Trumps ins Scheinwerferlicht kommen. Manafort soll mit Konstantin Kilimnik, einem Russen mit engen Kontakten zu Kreml und Geheimdiensten, gemeinsame Sache gemacht und dies vertuscht haben. Ihm droht lebenslängliche Haft. Ein Urteil steht für März an.

Donald Trump Jr.

Der älteste Sohn des Präsidenten hat sich 2016 vor der Wahl mit einer im Kreml vernetzten russischen Anwältin in New York getroffen, die Material für eine Schmutzkampagne gegen die Wahl-Konkurrentin seines Vaters, Hillary Clinton, angeboten haben soll. „Don Jr.“ hat gegenüber Vertrauten erklärt, er rechne mit einer Anklage durch Mueller. Ob sich Trump Senior persönlich strafbar gemacht hat (er bestreitet kategorisch jedes Fehlverhalten), steht noch dahin. Seine Handlungsspielräume werden gleichwohl immer enger. Laut Umfragen schenkt eine Mehrheit der Bevölkerung Mueller mehr Glauben als Trump.

Neue Fährten

Mueller überprüft, ob Regierungen im arabischen Raum Trumps Wahlkampagne verbotenerweise finanziell unterstützt und dafür politische Gefälligkeiten erhalten haben, schreibt die „New York Times“. Außerdem steht das Komitee, dass Trumps Amtseinführung organisiert hat, im Visier der Fahnder. Ein Teil des rund 100 Millionen Dollar großen Budgets von damals könnte zweckentfremdet worden sein, glaubt die Bundesstaatsanwaltschaft in New York laut „Wall Street Journal“.

Zudem sollen Spender mit politischen Geschenken, Posten und exklusivem Zugang zu Trump belohnt worden sein. Für den Präsidenten zeichnet sich ein juristischer Mehrfronten-Krieg ab, in dem sich viele Handlungsstränge und Personen überlappen.

Maria Butina

Die Russin hat in dieser Woche vor Gericht gestanden, im Auftrag des Kreml die Trump nahestehende Waffenlobby „National Rifle Association“ (NRA) als Agentin infiltriert zu haben, um inoffizielle Gesprächskanäle zu eröffnen. Ihr Mentor war der Vizechef der russischen Zentralbank, Alexander Torschin, ein Freund von Präsident Wladimir Putin.

Butina fragte 2015 bei einer Wahlkampfveranstaltung in Las Vegas Trump zu seinem Russland-Bild. Antwort: „Wir werden mit Russland schon auskommen. Ich glaube nicht, dass wir Sanktionen brauchen.“ Um ihre Strafe zu mindern, hat die 30-jährige eingewilligt, US-Behörden in allen Belangen der Russland-Affäre als Informantin zur Verfügung zu stehen. Ihr droht nach Verbüßung einer noch nicht festgelegten Haftstrafe die Abschiebung nach Moskau.

Demokraten

Die Opposition will ihre neue Mehrheit im Repräsentantenhaus nutzen, um alle Untersuchungsansätze freizulegen, die von den Republikanern verschüttet wurden. Trumps Ex-Anwalt Cohen etwa wird dort aussagen müssen. Auch will die designierte Mehrheitsführerin Nancy Pelosi Trump zur Herausgabe seiner Steuererklärung zwingen. Daraus würden sämtliche Geschäftsverhältnisse und Abhängigkeiten hervorgehen. Außerdem stehen der Deutschen Bank knifflige Befragungen bevor.

Das Geldinstitut, das Trump dreistellige Millionenkredite gewährte, als US-Banken den Unternehmer wegen Zahlungsunzuverlässigkeit ignorierten, wird verdächtigt, in einen Geldwäsche-Skandal um russische Oligarchen verwickelt zu sein. Ein Profiteur soll Trump gewesen sein. Mit Vorladungen und Verhören wollen die Demokraten Trump bis ins Wahljahr 2020 zusetzen.

Mauer/Mexiko/Flüchtlinge

Trumps Wahlkampfschlager wird zur Leier: Weder die Republikaner, geschweige denn die neu erstarkten Demokraten, wollen ihm bisher fünf Milliarden Dollar Startfinanzierung für den Bau eines Grenzwalls zu Mexiko bewilligen. Trump hatte versprochen, Mexiko werde für das von Experten auf bis zu 70 Milliarden Dollar taxierte Projekt aufkommen. Doch der südliche Nachbar denkt nicht daran. Trump behauptet nun, Mexiko werde indirekt die Rechnung begleichen – durch US-Mehreinnahmen beim neuen Freihandelsabkommen.

Parallel dazu häufen sich katastrophale Nachrichten: Die auf Abschreckung setzende Politik des US-Heimatschutzministeriums gegenüber Asylsuchenden aus Lateinamerika, zu der die Internierung von mittlerweile 15 000 Minderjährigen in Zeltstädten und Auffanglagern gehört, hat ein Todesopfer gefordert: Ein siebenjähriges Mädchen aus Guatemala starb in Obhut der US-Grenzbehörden in El Paso/Texas an den Folgen von Überhitzung, Wassermangel und mangelnder Ernährung. Die Demokraten fordern eine Untersuchung.

Stabschef

Nach dem für den Jahreswechsel angepeilten Abgang von John Kelly hat Trump keinen Chef-Manager mehr im Weißen Haus. Dass der für die Nachfolge ausgeguckte Nick Ayers (36) dem Präsidenten einen Korb gab, wird als verheerendes Signal interpretiert: „Niemand will auf ein sinkendes Schiff“, sagt ein Analyst. Trumps Suche nach vorzeigbaren Alternativen ist bisher erfolglos verlaufen. Dass nun sein Schwiegersohn und Berater Jared Kushner für die Rolle in Erwägung gezogen wird, illustriert die Wagenburg-Atmosphäre rund um Trump. Kushners Berufung würde den Verdacht der Sippenwirtschaft im Weißen Haus noch verstärken.

Saudi-Arabien

In einem beispiellosen Akt der Opposition hat der Senat Trumps nachsichtigen Umgang mit dem Königshaus in Riad im Zusammenhang mit dem Mord an dem regierungskritischen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi verurteilt und zurückgewiesen. Das Oberhaus im Parlament hält – anders als Trump – Kronprinz Mohammed Bin Salman für den Drahtzieher in dem Mord im saudischen Konsulat in Istanbul. Dazu entzogen die Senatoren Trump die politische Rückendeckung im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg im Jemen.

Dort führt Saudi-Arabien mit starker logistischer und finanzieller Hilfe der USA seit vier Jahren einen Zermürbungskrieg gegen die Huthi-Rebellen. 60 000 Menschen kamen dabei bereits ums Leben, Millionen leiden an Hunger. Die Abstimmung im US-Senat am Donnerstag dieser Woche ist die erste substanzielle Ohrfeige für Trumps Außenpolitik, die auch von Republikanern mitgetragen wird. Solange aber das Repräsentantenhaus die Anti-Riad-Linie nicht unterstützt, hat die Resolution nur symbolische Bedeutung.

Was macht Trump

Mit den demokratischen Spitzen Pelosi und Chuck Schumer inszenierte er im Oval Office einen offenen Schlagabtausch und drohte mit Teilschließung der Bundesverwaltung. Die Proteste in Frankreich wertete er als Bestätigung für seine Anti-Klimaschutz-Politik. Den mutmaßlich terroristischen Anschlag von Straßburg nahm er zum Anlass, mehr Geld für den Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko zu verlangen. Die übliche Weihnachtsfeier für die Journalisten im Weißen Haus sagte er ab. Trump selbst macht demnächst erstmal Urlaub. Vom 21. Dezember bis 6. Januar will er sich in seinem Winterdomizil in Mar-a-Lago vom Alltag in Washington erholen.

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