Besuch des US-Präsidenten in Großbritannien Trump nennt Beziehung zu May "special"

London/Chequers · Erst attackiert der US-Präsident in einem Interview Premierministerin Theresa May scharf. Dann rudert er zurück und nennt seine eigenen Aussagen „Fake News“. Das Verhältnis ist gespannt.

 Fest im Griff hat US-Präsident Donald Trump die britische Premierministerin auf dem Weg zur Pressekonferenz auf dem Landsitz Chequers.

Fest im Griff hat US-Präsident Donald Trump die britische Premierministerin auf dem Weg zur Pressekonferenz auf dem Landsitz Chequers.

Foto: dpa

Es lohnte sich irgendwann nicht mehr zu zählen, wie häufig das Wort „special“ während dieser ohne Zweifel außergewöhnlichen Pressekonferenz fiel. Vor prächtiger Kulisse des Herrenhauses in Chequers, dem Landsitz von Premierministerin Theresa May, überschüttete US-Präsident Donald Trump seine britische Kollegin geradezu mit Lob und Zuneigung, pries nicht nur sie als „unglaubliche Frau“, sondern auch jene „special relationship“ zwischen den beiden Ländern, auf die insbesondere die Briten stets so stolz verweisen.

„Wir feiern unsere besondere Beziehung“, sagte Trump also am zweiten Tag seines „Arbeitsbesuchs“ im Königreich und redete später von der „höchsten Stufe von special“. Die Reporter konnten ihr Erstaunen über dieses Schauspiel kaum verbergen.

Denn die betont zur Schau gestellte Eintracht und all die Bekenntnisse vermochten die tiefen Risse nicht übertünchen, die das Verhältnis zwischen London und Washington erhalten hat – insbesondere seit der Veröffentlichung von Trumps Interview mit der Boulevardzeitung „The Sun“, mit dem er einen diplomatischen Eklat verursachte. In diesem attackierte er die britische Regierungschefin scharf.

Vorab-Ausschnitte aus dem Gespräch wurden ausgerechnet am Donnerstagabend öffentlich, als Trump und seine Frau Melania noch bei einem Gala-Dinner im Blenheim Palace, dem Geburtsort von Winston Churchill nahe Oxford, weilten. May ließ den roten Teppich ausrollen, eine rotuniformierte Militärkapelle aufspielen und eine pompöse Zeremonie abhalten, bevor sie in festlichem Rahmen die enge und lange Freundschaft beider Staaten pries. Um nur kurz darauf von jenem Interview zu erfahren, in dem Trump ihre Brexit-Strategie verurteilte und die Premierministerin bloßstellte.

Zuvor äußerte sich Trump respektlos gegenüber May

Die moderate Brexit-Haltung von May werde laut Trump die Chancen auf ein bilaterales Handelsabkommen „wahrscheinlich killen“. Mit einem Austrittskurs, wie die britische Regierung ihn diese Woche vorgeschlagen hat, würde man „mit der EU einen Deal machen anstatt mit dem Vereinigten Königreich“, so Trump. Er habe ihr gesagt, wie Großbritannien die EU verlassen solle. Doch May habe seine Ratschläge ignoriert.

Als hätte Trump nicht schon genug mit dem Protokoll gebrochen, lobte er dann auch noch den erst zurückgetretenen Brexit-Anhänger Boris Johnson, einen der größten Widersacher von May. Dieser „wäre ein großartiger Premierminister“, so der US-Präsident. Ein Affront gegenüber May.

Am Freitag folgte dann die Kehrtwende. In einem bizarren Schritt bezeichnete Trump seine eigenen Aussagen als „Fake News“, obwohl Audio-Mitschnitte des Interviews bereits veröffentlicht waren. Jene Sätze aus dem Original-Gespräch, die schlichtweg Entsetzen auf der Insel auslösten, liefen in allen Medien hoch und runter als Beweis für deren Echtheit. Das schien Trump jedoch nicht zu kümmern. „Ich habe die Premierministerin nicht kritisiert, sondern habe großen Respekt“, sagte er.

Während das Ehepaar Trump zum Nachmittagstee mit Königin Elizabeth II. eingeladen war, zogen Zehntausende Menschen durch Londons Innenstadt in Richtung Parliament Square am Westminster-Palast. Der Marsch wurde angeführt von einem sechs Meter großen Ballon in Form eines verärgert dreinblickenden Trump-Babys mit blonder Haartolle, Windeln, Handy in der Hand und orangefarbenem Gesicht.

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