Kommentar zu Trump und dem Atomdeal mit Iran Schikane

Meinung · Die Drohung, das Abkommen zu kündigen, obwohl sich Teheran seit zwei Jahren vertragskonform verhält, würde die moderaten Kräfte um Präsident Hassan Ruhani schwächen und die antiwestlichen Lager stärken, kommentier GA-Korrespondent Dirk Hautkapp.

 US-Präsident Donald Trump.

US-Präsident Donald Trump.

Foto: dpa

Das Atomabkommen mit dem Iran ist wie alle bedeutenden diplomatischen Abkommen eine Wette auf die Zukunft. Man wird erst in zehn, 15 Jahren genauer wissen, ob der von US-Präsident Barack Obama nach jahrzehntelangem Stillstand in den Beziehungen mit Teheran angeschobene Versuch gelungen ist, das aggressiv-expansive Regime unter Führung religiöser Fanatiker davon abzuhalten, sich in den Kreis der Atommächte zu schummeln. Bis dahin ist im Iran im besten Fall eine neue Generation von Politikern in Schlüsselpositionen gekommen, die Massenvernichtungswaffen nicht mehr als probates Druckmittel regionaler Machtpolitik sehen.

Der Weg, den Obamas Nachfolger Donald Trump offenbar einzuschlagen entschlossen ist, verbaut diese Möglichkeit. Die Drohung, das international als stabilisierend und Kriegsgefahren mindernd akzeptierte Abkommen zu kündigen, obwohl sich Teheran seit zwei Jahren vertragskonform verhält, würde die moderaten Kräfte um Präsident Hassan Ruhani schwächen und die antiwestlichen Lager stärken, die in den USA noch immer den „großen Satan“ erkennen. Dass Trump diese Gefahr ignoriert, zeigt seine Begrenztheit. Er will nicht akzeptieren, dass komplexe, internationale Politik anderen Gesetzmäßigkeiten folgt als der Bau eines Hochhauses.

Im Gegenzug für ein striktes Inspektionsregime der Internationalen Atomenergiebehörde ist der Iran seit geraumer Zeit Nutznießer einer Sanktionspause, die dem mehrheitlich jungen 80 Millionenvolk die Chance auf Modernisierung und wirtschaftliche Erholung gibt. Wer dieses Rad zurückdrehen will, muss stichhaltige Gründe vorlegen, die wiederum auf Basis geltender Abmachungen sanktionsfähig sind. Das ist schlicht nicht der Fall.

Der Vertrag, den die fünf Vetomächte in den Vereinten Nationen (USA, China, Russland, Frankreich, England) sowie Deutschland im Sommer 2015 mit Iran unterzeichneten, hatte nicht das generelle Wohlverhalten Teherans zum Hauptgegenstand, sondern die Anzahl von Zentrifugen, mit denen atomwaffenfähiges Uran produziert werden kann.

Damals wie heute ist allen Beteiligten klar gewesen, dass die Islamische Republik durch den Atomvertrag nicht über Nacht ein freundlich-harmloses Mitglied der internationalen Gemeinschaft wird. Dass Irans Regime täglich Menschenrechte bricht, terroristische Gruppen unterstützt, weder im Jemen noch im Libanon geschweige denn in Syrien segensreich wirkt und seine Einflusszone gegenüber den sunnitischen Feinden Saudi-Arabiens schrittweise auszubauen trachtet, bleibt Tatsache und Ärgernis.

Darum kann man verstehen, wenn Washington den Mullahs nach wie vor nicht über den Weg traut. Aber das rechtfertigt nicht die schikanöse Entwertung eines unter größten Mühen erreichten Abkommens, das die Welt einstweilen sicherer macht. Wer neue Auflagen will, muss neu verhandeln.

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