Bildungspolitik Mehr Geld – aber nicht um jeden Preis

Berlin · Die Bundesländer werden im Streit um den Digitalpakt den Vermittlungsausschuss einschalten. Es geht um sehr viel Geld und um die Frage, wie sehr der Bund künftig bei Bildung – einer originären Länderkompetenz – mitreden darf.

 Digitales Lernen: Tablet-Computer sind im Unterricht auf dem Vormarsch.

Digitales Lernen: Tablet-Computer sind im Unterricht auf dem Vormarsch.

Foto: picture alliance / dpa

16:0. Und ein deutliches Signal: Bund, bitte kommen! Wenn der Bundesrat an diesem Freitag wegen des Streits um den Digitalpakt für Schulen und damit vom Bundestag bereits beschlossene Grundgesetzänderungen den Vermittlungsausschuss anruft, wollen die Länder in großer Formation dem Bund Paroli bieten. Es geht um sehr viel Geld und um die Frage, wie sehr der Bund künftig bei Bildung – einer originären Länderkompetenz – mitreden darf, wenn er quasi als Vorschuss für spätere Mitsprache den geplanten Digitalpakt bezahlt.

Worum geht es beim Digitalpakt?

Damit will sich der Bund an einer besseren IT-Ausstattung von Schulen finanziell beteiligen – mit insgesamt fünf Milliarden Euro verteilt auf fünf Jahre. Eigentlich sollte das Programm, das Schulen flächendeckend in Deutschland mit Tablets, Computern und digitalen Medien versorgen soll, zum 1. Januar 2019 anlaufen. Doch wegen des Streits zwischen Bund und Ländern verzögert sich der Start.

Warum streiten Bund und Länder über den Digitalpakt?

An der Notwendigkeit, Schulen in Deutschland und damit die kommende Generation besser auf das digitale Zeitalter vorzubereiten, besteht auf beiden Seiten kein Zweifel. Allerdings streiten Bund und Länder über den Weg. Der Bund dringt dabei auf mehrere Grundgesetzänderungen, mit denen er sich Kontroll- und Steuerrechte bei Länderangelegenheiten sichern würde. Aus Ländersicht wäre es ein äußerst schlechter Handel, für fünf Jahre zwar insgesamt fünf Milliarden Euro für den Digitalpakt zu bekommen, im Gegenzug dafür aber dem Bund über diverse Grundgesetzänderungen quasi auf Dauer ein Mitspracherecht bei Länderinteressen und womöglich auch Einflussmöglichkeiten auf das Haushaltsrecht der Länder zu geben. Für Nordrhein-Westfalen bringt der Digitalpakt zusätzlich jährlich 200 Millionen Euro oder umgerechnet 92 Euro pro Schüler, heißt es in Düsseldorf.

Warum leisten die Länder so erbittert Widerstand, wenn es doch Geld für Schulen gibt?

Für Änderungen am Grundgesetz braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat. Der Bundestag hat eine solche Änderung bereits beschlossen. Nun liegt es an den Ländern. Ärger gibt es wegen der im Bundestag bereits beschlossenen 50:50-Regel. Damit will der Bund die Länder gesetzlich verpflichten, jeweils in jener Höhe in Bildung, aber auch in sozialen Wohnungsbau und wichtige Verkehrsprojekte zu investieren, wie es der Bund tut. Diesen Zwang zur Co-Finanzierung zu gleichen Teilen lehnen die Länder ab, weil sie darin ärmere Bundesländer von einer Abwärtsspirale bedroht sehen, die dadurch in noch größere Nöte geraten könnten.

Gibt es den Digitalpakt auch ohne Grundgesetzänderung?

Die Länder sagen: Ja. So könnte der Bund den Ländern einen größeren Anteil an der Umsatzsteuer überlassen. Die 16 Länder könnten sich vorstellen, unter sich eine Art Staatsvertrag zu schließen, in dem sie sich auf gewisse Standards einigen und die Einhaltung dieser Standards dem Bund dann in einer politischen Willenserklärung zusichern. Als weitergehendes Zugeständnis an den Bund wäre denkbar, dass die Länder auch einer Änderung des Grundgesetzartikels 104c zustimmen. Dann würde dem Bund erlaubt, den Ländern Geld „für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen der Gemeinden“ zu gewähren.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Bundesrat ruft den Vermittlungsausschuss an, der dann vermutlich im Januar erstmals tagt. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sagte dazu dem GA: „Ich hoffe auf eine vernünftige und zügige Einigung im Vermittlungsausschuss. Der Digitalpakt Schule braucht eine solide verfassungsrechtliche Grundlage, die wir mit der Grundgesetzänderung von Artikel 104c schaffen wollen. Wir müssen sicherstellen, dass die fünf Milliarden Euro des Digitalpaktes als neue, zusätzliche Mittel zu 100 Prozent in den Schulen ankommen.“ Vertreter von Bund und Ländern hoffen auf eine Einigung im ersten Quartal 2019.

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