Rechtswidrige Beraterverträge Kritik an Verteidigungsministerium

Bonn · Das Verteidigungsministerium hat rechtswidrig Beraterverträge vergeben. Nun ermittelt der Bundesrechnungshof. Es geht um Millionen Euro für externe Berater.

 Nachdenklich: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

Nachdenklich: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

Foto: dpa

Verhinderung von Wettbewerb und Verstöße gegen das Vergaberecht: Wegen ungerechtfertigter Ausgaben in Höhe von acht Millionen Euro für externe Berater kritisiert der Bundesrechnungshof (BRH) das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) in einem internen 13-seitigen Papier, das unserer Zeitung vorliegt, scharf. Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums bestätigte die Kritik, über die das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zuerst berichtet hatte, auf GA-Anfrage: „In Teilen haben sich Kritikpunkte des BRH bestätigt, in anderen Teilen wurden die Vorwürfe aus Sicht des Bundesverteidigungsministeriums relativiert“, sagte sie.

Im Mittelpunkt der Untersuchungen der Bundesbehörde standen Beratertätigkeiten für die Cyberaktivitäten der Bundeswehr. Damit konkret im Visier: Der Ministeriumsbereich Cyber/IT (CIT) mit rund 130 Dienstposten und Unterabteilungen in Berlin und Bonn sowie der im vergangenen Jahr eingerichtete Cyber- und Informationsraum (CIR) mit etwa 13 500 Dienstposten. Dessen Inspekteur hat seinen Sitz in der Bonner Rheinaue. Vereinfacht gesagt ist der Bereich CIT für die politische Ebene zuständig, der CIR für die praktische Ausgestaltung.

In dem vertraulichen Bericht der Bonner Behörde vom 7. August bemängeln die Prüfer, dass das Verteidigungsministerium per Erlass über das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) Leistungen für externe Berater aus dem Rahmenvertrag 20237 des Bundes bezahlt habe – von März 2017 bis Juni 2018 in einem Volumen von etwa acht Millionen Euro. Allerdings decke dieser die benötigten Leistungen gar nicht ab.

Damit wurde laut BRH „gegen Vergaberecht verstoßen und diese Leistungen vergaberechtswidrig“ abgerufen. In diesem Rahmenvertrag seien lediglich die „Lieferung von IBM-Softwareprodukten, -pflege sowie dazugehörige Dienstleitungen“ abgedeckt gewesen. Nicht aber das, was gebraucht und bezahlt wurde, nämlich etwa die „Beratung und Unterstützung der Abteilung BMVg Cyber/Informationstechnik (CIT), des Kommandos Cyber- und Informationsraum (CIR) und des BAAINBw“ sowie Leistungen zur Unterstützung des Programmes „CIT quadrat“. Dabei geht es laut Ministerium um die effiziente Bereitstellung von IT-Services.

In dem internen vierseitigen Antwortschreiben des Bundesverteidigungsministeriums, das unserer Zeitung ebenfalls vorliegt, werden die Mängel bis auf einen Punkt weitgehend eingeräumt.

Die internen Untersuchungen dauerten noch an, sagte eine Sprecherin des Ministeriums, aber es seien schon erste Konsequenzen gezogen worden: „So werden keine weiteren Beratungsleistungen aus dem sachgegenständlichen Rahmenvertrag 20237 mehr abgerufen, die nicht eindeutig unter diesen fallen.“ Zudem werde zum Beispiel eine zusätzliche standardisierte Prüfschleife eingeführt.

Dringenden Handlungsbedarf seitens des Ministeriums sieht auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Tobias Lindner. „Der dauerhafte Einsatz von externen Beratern droht zu einem Kompetenzabbau in der Verwaltung zu führen und die Lücken im Ressort zu vergrößern. Das Vorgehen des Ministeriums lässt erhebliche Zweifel daran aufkommen, dass bedacht vorgegangen und nur das Notwendigste ausgelagert wird“, sagte Lindner, der dem Haushalts- und dem Verteidigungsausschuss angehört, auf GA-Anfrage.

Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) und ihr Ressort müssen sich derweil laut „Spiegel“ noch mit einem weiteren Rechnungshof-Gutachten beschäftigen. Demzufolge soll das Haus „bis zu 150 Millionen Euro jährlich nur für Berater“ ausgegeben haben. Außerdem habe der BRH festgestellt, dass die Bundeswehr große Berater-Budgets „häufig freihändig ohne Wettbewerb“ vergeben hatte. „Die Ministerin muss zügig alle Verträge offenlegen und den Bundestag über die wahren Beraterkosten informieren“, forderte Matthias Höhn, sicherheitspolitischer Sprecher der Linken.

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