Kommentar zum Ausgang des Abtreibungs-Referendums in Irland Emanzipiert

Meinung | Bonn · Die Iren haben sich von ihrer Vergangenheit emanzipiert und sind zu einer modernen Gesellschaft geworden. Die Kirche hat offenbar nicht Schritt gehalten, kommentiert Helge Matthiesen. Sie sei aber weiter gefordert.

 Befürworterinnen einer neuen Abtreibungsregelung in Dublin.

Befürworterinnen einer neuen Abtreibungsregelung in Dublin.

Foto: dpa

Irland war einmal ein Land, in dem die katholische Kirche viel Macht besaß. Sie definierte Ethik und Moral. Ihre Vorstellungen gaben vor, welche Möglichkeiten der Staat seinen Bürgern einräumte, beispielsweise bei Fragen der Verhütung oder eben auch bei der Abtreibung. Eine freie Wahl, den Vorstellungen ihrer Kirche zu folgen oder aber sich dagegen zu entscheiden – aus welchen Gründen auch immer –, hatten die Frauen auf der Insel nicht.

Damit ist es jetzt vorbei. Ein starres Festhalten an den strengen Regeln durch die Abtreibungsgegner war offenbar der falsche Weg. Die Iren sind mehrheitlich der Ansicht, dass weder Kirche noch Staat den Frauen harte Vorschriften machen sollten.

Dieses Votum ist nicht das Ergebnis eines kurzen Wahlkampfes. Die Wurzeln liegen viel tiefer. Die Iren haben sich von ihrer Vergangenheit emanzipiert und sind zu einer modernen Gesellschaft geworden – mit allen Vor- und Nachteilen, die das hat. Die Insel ist Standort der neuen Technologieunternehmen und von Finanzdienstleistern. Das Land hat überdies eine schwere wirtschaftliche Krise überstanden.

Die Kirche hat offenbar nicht Schritt gehalten. Sie war in vielen Bereichen nicht mehr nah bei den Menschen und ihren Sorgen, die weit über Fragen der Sexualmoral hinausgehen. Weil die Sorgen und die Fragen bleiben, ist auch die Kirche weiter gefordert. Sie wird neue Antworten geben müssen. Zeitgemäße.

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