Spitzenkandidatin bei der AfD Alice Weidel ist die Neue in der ersten Reihe

Köln · AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel ist wortgewandt, offen homosexuell und ultraliberal - und sie ist Spitzenkandidatin der AfD.

 Alice Weidel.

Alice Weidel.

Foto: dpa

Bekannt ist die 38-Jährige für ihre Wortgewandtheit und ihr zurückhaltendes Auftreten – doch ihre Ansichten scheinen radikal. Die Unternehmensberaterin Alice Weidel zieht für die Alternative für Deutschland (AfD) in den Bundestagswahlkampf. Zusammen mit dem rechtskonservativen Parteivize Alexander Gauland bildet die Radikalliberale das Spitzenduo der vier Jahre jungen Partei.

Beim vergangenen AfD-Parteitag in Köln stimmten rund 68 Prozent der Delegierten für das Team. Doch die stets gut gekleidete Volkswirtin, meist in Hosenanzügen, stößt in der Öffentlichkeit auf Kritik. Ihr Lieblingsthema ist die Abschaffung des Euros und eine Wiedereinführung der Deutschen Mark – ein erster Hinweis auf ihre wirtschaftsliberale Ausrichtung.

Die Baden-Württembergerin war nach ihrem Studium bei einer Investmentbank tätig. Danach arbeitete und forschte sie fast sechs Jahre lang in China, wie das Recherchezentrum Correctiv berichtet. Als sie 2012 nach Deutschland zurückkehrte, interessierte sie sich sehr für die Eurokrise – und entwickelte ihre klare Position gegenüber der Griechenlandhilfe. Sie nennt sie einen „Milliarden-Euro-Teuren-Holzweg“ der EU. Zu der Zeit war nur die AfD strikt gegen die Griechenlandkredite. Weidel trat noch im Gründungsjahr 2013 der Partei bei, so Correctiv.

Ihre berufliche Karriere setzte die Ökonomin im Vorstandsbüro eines weltweiten Vermögensverwalters fort und spezialisierte sich schließlich auf die Gründung von Start-up- Unternehmen. Bei der AfD blieb sie nicht minder erfolgreich.

Sie gehört dem Bundesvorstand der AfD an und wurde auch vom Landesverband Baden-Württemberg als Spitzenkandidatin im Bundestagswahlkampf gewählt. Allerdings scheiterte sie kürzlich dabei, auch dortige Landesvorsitzende zu werden. Diese Niederlage wurde in Parteikreisen, so ein Bericht der „Frankfurter Allgemeinen“, als eine Strafe für ihre kritische Haltung gegenüber ihrem Parteikollegen Björn Höcke verstanden. Weidel unterstütze nämlich die AfD-Vorsitzende Frauke Petry dabei, den rechtsradikalen thüringischen Landesvorsitzenden aus der Partei ausschließen zu wollen.

Diese Haltung gegenüber ihrem Parteikollegen bekräftigte das Vorurteil in der Öffentlichkeit, Weidel gehöre zu den gemäßigten Köpfen der AfD. Doch scheint der erste Eindruck zu trügen. So lehne Weidel die Energiewende ab, wie Correctiv berichtet. Außerdem sei Weidel eine Vertreterin der liberalen Österreichischen Schule, auf die sich bereits Ronald Reagan und Margaret Thatcher beriefen. Der Kern: Der Staat solle sich aus dem Allermeisten heraushalten. Die Folge: niedrige Steuern, niedrige Sozialausgaben, der Markt werde es schon richten.

Auch bei gesellschaftlichen Themen scheint Weidel radikal: Sie spreche von einer „Asylkatastrophe“, so Correctiv. Außerdem schrieb sie in einem Gastbeitrag für die „Junge Freiheit“, dass es „keine prinzipielle Religionsfreiheit“ für den Islam geben dürfe, da es ein „vollständiger Lebens- und Gesellschaftsentwurf“ sei.

Das ungleiche Team Weidel und Gauland scheint doch gar nicht so unterschiedliche Meinungen zu vertreten. Auf dem Parteitag in Köln bezeichnete sich die 38-Jährige selbst als freiheitlich-konservativer Arm der AfD. Doch nicht nur ihr beruflicher Lebenslauf, sondern auch ihr Privatleben passt nicht zu dem einer konservativen Politikerin: In Überlingen am Bodensee wohnt sie gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin, so Correctiv. Nachfragen, ob sich Weidel nicht der falschen Partei zugewandt hätte, wehre sie ab.

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