Die Null kehrt zurück 2015 plant der Bund erstmals wieder einen Etat ohne neue Schulden

BERLIN · Im Bundesfinanzministerium haben sie in diesen Tagen nach einem ganz besonderen Staatsdiener gesucht. Im Haus sei "mal nachgefragt" worden, "ob noch einer da ist, der weiß, wie getilgt wird", erzählt jemand, der es wissen muss.

Ein Zeitzeuge aus jener Epoche sollte also ausfindig gemacht werden, in welcher der Staat, in diesem Fall der Bund, seine Schulden noch getilgt und nicht nur den reinen Schuldendienst mit Zinszahlungen bedient hat. Das Problem: Im Bundesfinanzministerium haben sie in dieser Sache niemanden mehr gefunden - "altersbedingt".

Und so dürfen die Architekten des Regierungsentwurfs für den Bundeshaushalt 2014, wenn sie das Zahlenwerk zusammen mit den Eckdaten des Bundeshaushalts 2015 ins Bundeskanzleramt bringen lassen, durchaus eine Art Zäsur für sich beanspruchen. Erstmals seit 46 Jahren kann das Bundeskabinett mit den Eckwerten für den Haushalt 2015 in der kommenden Woche einen Etat beschließen, der komplett ohne neue Schulden auskommen soll.

Letztmals war dem Bund dies 1969 gelungen - auch zu Zeiten einer Großen Koalition. Damals hieß der Bundesfinanzminister Franz Josef Strauß (CSU). Jetzt will Wolfgang Schäuble (CDU) nach deutlich mehr als vier Jahrzehnten der erste Bundesfinanzminister sein, der eine Null bei der Neuverschuldung schafft.

Aktuell hat allein der Bund Gesamtschulden von 1,3 Billionen Euro angehäuft und zahlt jedes Jahr 30 Milliarden Euro Zinsen für den Schuldendienst. Die Verschuldung des Gesamtstaates, also Länder und Kommunen inklusive, liegt nach Auskunft aus dem Finanzministerium bei rund 2,2 Billionen Euro. Für den Bundeshaushalt 2014 muss Schäuble laut Entwurf noch 6,5 Milliarden Euro frische Schulden aufnehmen. Aber 2015 soll dann nach dem Finanzplan bis 2018 die Null bei der Neuverschuldung stehen.

Der Bund betont dabei seine Verpflichtung aus dem Koalitionsvertrag. Dort heißt es: "Wir wollen nachhaltig ausgeglichene Haushalte. Wir werden Einnahmen und Ausgaben des Bundes so gestalten, dass der Bund ab dem Jahr 2014 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt und beginnend mit dem Jahr 2015 einen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung aufstellt."

Zudem soll über die Legislaturperiode gerechnet das Wachstum der Ausgaben das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes "möglichst nicht übersteigen". Verabredet ist auch, dass jeder Euro oberhalb von 2,5 Milliarden Euro aus dem Gewinn der Bundesbank in die Schuldentilgung gehen soll, wird in Regierungskreisen betont. 2014 plant der Bund mit Ausgaben von 298,5 Milliarden Euro, 2015 sollen es 299,7 Milliarden Euro und 2017 dann 318,8 Milliarden Euro sein.

Für in der Koalition verabredete sogenannte "prioritäre Maßnahmen" will der Bund zwischen 2014 und 2017 insgesamt 23 Milliarden Euro ausgeben. Dazu zählen Investitionen in Verkehrsinfrastruktur, Bildung, Forschung, Bundeszuschuss zur Rentenversicherung oder auch die Eingliederung von Arbeitslosen. Das Geld dafür kommt aus 2013 gebildeten "Planungsreserven" in Höhe von 24 Milliarden Euro.

Zudem will der Bund seinen Zuschuss an den Gesundheitsfonds kürzen: 2014 um 3,5 Milliarden Euro, 2015 um 2,5 Milliarden Euro. Schon 2013 sank er von 14 auf 11,5 Milliarden Euro. 2016 soll er dann wieder auf 14 Milliarden Euro steigen. Ab 2017 ist ein Zuschuss des Bundes an den Gesundheitsfonds von 14,5 Milliarden Euro vorgesehen.

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