Zehn-Punkte-Papier für eine neue Leitkultur „Wir sind nicht Burka“

BERLIN · Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wirbt für eine neue Leitkultur in Deutschland. Zu einer neuen Leitkultur gehört aus Sicht von de Maizière zentral, dass sich Menschen in Deutschland nicht verschleierten, dass sie ihren Namen sagten und sich zur Begrüßung die Hand geben.

Thomas de Maizière kann seine Parteifreunde verstehen, aber eines muss der Bundesinnenminister den Delegierten an diesem Punkt dann doch mitgeben. „Wir können nicht alles, was wir für falsch halten, verbieten“, mahnt de Maizière die eigene Basis zur Vorsicht. Es ist Dezember 2014, der CDU-Bundesparteitag in Köln diskutiert über ein Burka-Verbot, doch de Maizière erklärt, man müsse bei Freiheitseinschränkungen immer auch die Verhältnismäßigkeit im Blick haben. Im vorigen Jahr dann einigten sich die Innenminister der Unionsparteien, Vollverschleierung vor Gericht, in Schulen oder im Straßenverkehr zu verbieten. De Maizière damals: „Gesicht zeigen ist für das Zusammenleben unserer Gesellschaft konstitutiv.“

„Gesicht zeigen – das ist Ausdruck unseres demokratischen Miteinanders“, schreibt der Minister jetzt in einem Zehn-Punkte-Papier für eine neue Leitkultur in Deutschland in der „Bild am Sonntag“. Eine zentrale Aussage: „Wir sind eine offene Gesellschaft. Wir zeigen unser Gesicht. Wir sind nicht Burka.“ Natürlich betont de Maizière auch: Die Amtssprache ist Deutsch.

Er weiß um die aufgeladenen Debatten der Vergangenheit über den Begriff „Leitkultur“. Doch er finde den Begriff gut und wolle daran festhalten. Erstens: Das Wort „Kultur“ stehe für ungeschriebene Regeln des Zusammenlebens in Deutschland. Zweitens: Beim Wort „leiten“ gehe es um eine Richtschnur des Zusammenlebens und nicht darum, anderen etwas vorzuschreiben. FDP-Chef Christian Lindner warf de Maizière umgehend Wahlkampf vor. Die Punkte für eine neue Leitkultur seien nur ein Ablenkungsmanöver. Der Minister sollte besser ein Einwanderungsgesetz vorlegen, das zwischen Flüchtlingen und dauerhaftem Aufenthalt unterscheide.

Zu einer neuen Leitkultur gehört aus Sicht von de Maizière zentral, dass sich Menschen in Deutschland nicht verschleierten, dass sie ihren Namen sagten und sich zur Begrüßung die Hand geben. Auch der Leistungsgedanke, der Deutschland starkgemacht habe, gehöre zu dieser Leitkultur. Wer Leistung bringe – im Sport, in der Gesellschaft, in der Wissenschaft, in Politik oder Wirtschaft –, der könne auf das Erreichte stolz sein.

Als Erben der eigenen Geschichte wisse man um die Bedeutung der deutschen Einheit wie auch um „das Bekenntnis zu den tiefsten Tiefen unserer Geschichte“. De Maizière: „Dazu gehört auch ein besonderes Verhältnis zum Existenzrecht Israels.“

In Deutschland sei Religion „Kitt und nicht Keil der Gesellschaft“. Ein solcher Kitt entstehe in der christlichen Kirche, in der Synagoge und in der Moschee. Gleichwohl: Deutschland sei christlich geprägt. „Wir leben im religiösen Frieden.“ Grundlage sei der unbedingte Vorrang des Rechts vor der Religion.

Der Bundesinnenminister betont in den zehn Punkten auch die Zugehörigkeit Deutschlands als Teil des Westens, ebenso die Mitgliedschaft Deutschlands in der Nato wie auch die Partnerschaft mit den USA, „unserem wichtigsten außereuropäischen Freund und Partner“. Zudem sei Deutschland „das europäischste Land in Europa“, denn kein Land habe mehr Nachbarn als Deutschland. De Maizière: „Wer sich seiner Leitkultur sicher ist, ist stark.“ Stärke und innere Sicherheit der eigenen Kultur führten zu Toleranz gegenüber anderen. Deshalb gelte für die, die nach Deutschland kämen und bleiben dürften: „Ihnen reichen wir unsere ausgestreckte Hand.“

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