Glosse zum Weihnachtsgebäck Wenn der Weckmann dem Wetter trotzt

Das Thermometer zeigt 32 Grad an, die Menschen schwitzen im September. Doch beim Bäcker gibt es bereits Weckmänner und im Supermarkt Adventskalender.

 Typisches Weihnachtsgebäck: Printen.

Typisches Weihnachtsgebäck: Printen.

Foto: picture alliance / dpa

Bonn. Heiße 32 Grad. Im deutschen September. Ja, spinnt das Wetter jetzt total? Zumindest der Mensch ist nicht aus der Zeit gefallen. Gut, Jacken und Strümpfe trägt er nicht, auch wenn er das laut Kalender bereits müsste. Aber allüberall in den Läden ist klar, was die Stunde geschlagen hat: Es weihnachtet, jawoll! Beim Bäcker lachen einen seit dieser Woche die Weckmänner an, im Supermarkt um die Ecke gibt es Adventskalender, im eigenen Betrieb wurde schon am Montag – da waren es aber auch nur 30 Grad – per Mail die Anmeldung zur Weihnachtsfeier angemahnt.

Frei nach dem Motto: Ist uns doch egal, ob die Wettergötter – oder vielmehr: Klimasünder – den deutschen Sommer neuerdings in den Herbst schieben. Jene Zeitgenossen, die sich alle Jahre wieder über das unheilig verfrühte Weihnachtskonsumgetöse in den Geschäften aufregen, sind dagegen so leise, wie einst in ordentlichen Wetterzeiten an Weihnachten der Schnee rieselte: Sie rechnen nämlich. Sommer im Herbst, das könnte heißen: Herbst im Winter, Winter im Frühling, Frühling im Sommer. Weil im Sommer niemandem nach Weckmännern ist (was eine Bäckerei-Fachverkäuferin uns, wenn auch widerwillig, bestätigte) und weil im Winter kein normal denkender Mensch Lust auf Ostereier bekommt (das nehmen wir jetzt einfach mal an) und weil die Nachfrage bekanntlich die Nachfrage regelt, bedeutet das: Weckmänner gibt’s künftig erst im Advent. Und Ostereier frühestens nach Karneval. Dann wäre zumindest die Konsumwelt wieder in Ordnung. Nur die Vorstellung von Schweißausbrüchen bei fallenden Blättern und Pudelmützen im Mai klingt irgendwie gar nicht gut …

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