Darknet-Plattform "Wall street Market" Was über den Betreiber aus Kleve bekannt ist

Kleve · Beim 22-jährigen Klever, der eine kriminelle Internetplattform betrieben haben soll, wurden offenbar eine halbe Million Euro Bargeld gefunden. Frühere Mitschüler erinnern sich an Computerabende bei ihm zu Hause.

Die Nachricht geht in Kleve herum wie ein Lauffeuer. Schnell wissen viele, wer der junge Mann ist, den amerikanische und europäische Ermittlungsbehörden wegen Betreibens einer kriminellen Plattform im Internet festnehmen ließen. Das sei sei ein Schock gewesen, der einen fassungslos zurücklasse, sagen ehemalige Mitschüler des 22-jährigen Klevers.

Der Festgenommene, der sein Abitur am Klever Freiherr-vom-Stein Gymnasium gemacht hat, soll mit zwei weiteren Verdächtigen aus Bad Vilbel und dem Landkreis Esslingen im Internet Fake-Dokumente, Schadsoftware und Drogen vertrieben haben. Zugänglich war „Wall street Market“, so der Name der Plattform, nur über das sogenannte Darknet. Den Ermittlern zu Folge war auch eine Schusswaffe gefunden worden. Nach Informationen unserer Redaktion soll diese dem Vater des Verdächtigen gehören. Zudem sollen die Beamten vor Ort eine halbe Million Euro Bargeld sowie Bitcoin-Kryptowährungen gefunden haben.

In der ehemaligen Jahrgangsstufe des Verdächtigen habe sich die Festnahme schnell herumgesprochen, berichten Ex-Mitschüler. Einer dieser Abiturienten, der namentlich nicht genannt werden möchte, beschreibt den Festgenommen als „nett, aber sehr introvertiert“. Dennoch habe es bereits zu Schulzeiten eine Vielzahl von Gerüchten um ihn gegeben. „Er legte nie Wert auf sein Äußeres, ganz im Gegenteil. Manchmal wirkte er sogar ungepflegt. Gleichzeitig aber kam er mit einem 5er BMW in die Schule. Da stimmte etwas nicht, dachten viele damals“, sagt er. Es sei ein offenes Geheimnis gewesen, dass der 22-Jährige mit Rauschgift zu tun gehabt habe – allerdings bloß für den Eigenkonsum. „Er war eher eine Randfigur in der Stufe, keiner für die erste Reihe. Sein Freundeskreis aber war recht groß“, sagt der ehemalige Mitschüler. Seine Freizeit soll der Klever vorrangig hinter dem Computer verbracht haben.

Sein Freundeskreis soll sich regelmäßig bei ihm zu Hause getroffen und hinter dem Rechner gespielt haben, erklären Mitschüler unserer Redaktion. „Bei ihm zu Hause hatte man nie das Gefühl, dass da krumme Dinger gedreht werden“, sagt einer von ihnen. Eine wichtige Rolle soll er dem Vernehmen nach auch innerhalb seiner Familie gespielt haben. So habe er sich während einer zwischenzeitlichen Trennung seiner Eltern rührend um seine beiden jüngeren Brüder gesorgt. „Er war ein Kümmerer. Er war es, der in der Zeit der Trennung dafür gesorgt hat, dass der Kühlschrank voll ist“, sagt eine Vertraute der Familie. Trotz seines Sportwagens habe er nie geprotzt, der Junge sei bescheiden aufgetreten, sagt sie weiter.

Nach dem Abitur im Jahr 2016 ging der Festgenommene einer Ausbildung als Programmierer in einem Emmericher IT-Unternehmen nach. Durch seine Tätigkeit soll er über ein überschaubares Einkommen verfügt haben, sagt eine Vertraute der Familie. Dennoch habe er immer wieder teure Anschaffungen getätigt. „Wenn man ihn dann gefragt hat, woher das Geld kommt, hat er immer gesagt: Ich verkaufe Software“, erklärt sie weiter. Das sei für die meisten glaubhaft gewesen, immerhin habe er viel Freizeit in seine Arbeit als Programmierer investiert.

Die drei mutmaßlichen Täter sitzen nun in Untersuchungshaft. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main teilte am Freitag mit, dem Trio „gewerbsmäßige Verschaffung einer Gelegenheit zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln“ vorzuwerfen.

Ein Freund, der namentlich ebenfalls nicht genannt werden möchte, erklärt weiter: „In der achten oder neunten Klasse hatte er uns angeboten, dass wir bei ihm einsteigen und investieren sollen, um Cash zu machen. Aber wir haben ihn damals noch alle ausgelacht. ‚Laber nicht‘ haben alle gesagt.“ Dass er zu Oberstufenzeiten im Darknet mit Drogen gehandelt habe, sei jedoch im Freundeskreis bekannt gewesen. „Er nannte sein Treiben im Darknet einen alternativen Markt und war davon überzeugt, dass man seine Drogen besser dort als beim Dealer am Bahnhof kaufen kann. Manchmal tat er so, als würde er anderen damit Gutes tun. Immerhin sei der Stoff bei ihm hundertprozentig sauber und die Polizei nicht im Bilde“, sagt der Abiturient des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums. Importieren würde er sein Rauschgift, so soll er gesagt haben, aus den Niederlanden. Die Auslieferung der Drogen soll ausschließlich per Post erfolgt sein.

Eine ehemalige Lehrerin des Verdächtigen berichtet, dass dieser ein „wenig leistungsbereiter Schüler“ gewesen sei. Mit einer Ausnahme: im Informatikunterricht. Wenn man ihn fragte, wie er sich seine Zukunft vorstelle, habe er nur gesagt: „Ich werde Geschäfte machen.“ Mitunter sei er, so berichten Mitschüler, gar ausfallend gegenüber Lehrern geworden. Er soll gesagt haben: „So arm wie du will ich nicht werden.“

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