Kalifornien Vermisste Tiere kehren nach Waldbränden zurück

New York · Nach den verheerenden Waldbränden in Kalifornien suchen Freiwillige noch immer nach herrenlosen Haustieren. Können sie Besitzern Katzen und Hunde zurückbringen, kehrt für diese oft ein Stück des Zuhauses zurück, das die Flammen zerstört haben.

 Ein Reh während der Waldbrände

Ein Reh während der Waldbrände

Foto: ap

Als die Glut auf sie herabregnete, blieben Venesa Rhodes und ihrem Mann nur wenige Sekunden: Eilig schoben sie ihre zwei Katzen in den SUV, bevor das Feuer sie einholen konnte. Ein Tier blieb im Auto, doch das andere - genannt Bella - entwischte. Das Ehepaar musste es zurücklassen, und wenig später war vom Haus und großen Teilen der Nachbarschaft im kalifornischen Redding nur noch Asche übrig. Rhodes hielt Bella für tot. Doch fast sechs Wochen später kam der unglaubliche Anruf: Die Katze lebte. Freiwillige hatten sie eingefangen.

„Ich habe erst mal geheult“, sagt Rhodes, die inzwischen mit ihrem Mann Stephen Cobb rund 2900 Kilometer weiter nördlich in ihre Heimatstadt Anchorage in Alaska gezogen ist, um neu anzufangen. „Wir waren schockiert und überglücklich und hofften, dass es ihr gut geht.“

Rhodes und Cobb gehören zu den Dutzenden Menschen, die ihr Zuhause im sogenannten Carr-Feuer verloren. Es zerstörte im Sommer mehr als 1000 Wohnhäuser und kostete sechs Menschen das Leben.

Zwei Monate ist es inzwischen her, dass Feuerwehrleute die Flammen gelöscht haben. Doch noch immer sucht ein Netzwerk aus 35 Freiwilligen nach herrenlosen Haustieren. Koordinatorin Robin Bray sagt, bislang hätten sie rund 80 Haustiere zu ihren Besitzern bringen können. Die Bilder der Tiere posten sie in sozialen Netzwerken oder bringen sie an extra eingerichteten Aushängen an. Meist gehe es um Katzen, die „die Hölle durchgemacht“ hätten, sagt Bray. Jedes Mal, wenn sie einer Familie ein Tier zurückgeben könnten, gebe es ihr und den anderen Freiwilligen Kraft. Viele von ihnen wenden ihr eigenes Geld auf, um die oft traumatisierten und verletzten Tiere zu fangen und zu versorgen.

Stundenlange Arbeit der Helfer

Die Freiwilligen scheuen keine Mühen: Ausgestattet mit Nachtsichtgeräten, Fallen und jeder Menge Futter als Köder überwachen sie das Gebiet, in dem ein vermisstes Haustier gesichtet wurde und warten auf den richtigen Moment. So erwischten sie Ende Oktober nach Wochen einen Hund namens Buddy. Ihn hatten sie zunächst mit Steak und Pommes gelockt, dann mit einem anderen Hund und schließlich mit einem Pick-up, der dem seines Besitzer glich, bevor es klappte. Die Aktion selbst dauerte zwei Stunden. Eine Freiwillige kroch zur Falle und legte das Futter darunter, während eine weitere im Auto wartete und an einem Seil zog, so dass die Falle zuschnappte.

Koordinatorin Bray, die hauptberuflich als Privatpilotin arbeitet, benötigte einmal sieben Stunden, um eine Katze zu erwischen. Das sei es wert, sagt sie: „So viele dieser Leute haben alles verloren. Das Wichtigste für sie ist, ihr geliebtes Haustier wiederzufinden. Sie wollen die Hoffnung zurück in ihr Leben holen, und wir versuchen, das möglich zu machen.“

Laut der Bioethikerin Jessica Pierce aus Lyons in Colorado ist es ein doppelter Schicksalsschlag, wenn Menschen ihr Zuhause und ihr Haustier verlieren. „Und wenn du dann das Tier wiederfindest, das du für tot gehalten hast, ist es, als würdest du ein Stück deines Zuhauses zurückbekommen“, sagt sie. „Für viele Menschen gehören Haustiere zum Zuhause dazu, und ihr Zuhause bedeutet für sie Behaglichkeit und Ruhe.“

Flucht mitten in der Nacht

Steve und Susan Cortopassi bekamen ihre Katze Big Ernie mehr als zwei Monate nach dem Ausbruch des Feuers zurück, das ihr 30 Jahre altes Haus zerstörte. Drei Wochen nach dem Brand war bereits ihre andere Katze Elsa gefunden worden. Die Cortopassis hatten mitten in der Nacht vor den Flammen fliehen müssen. Sie schnappten sich ihre beiden Hunde, doch die Katzen waren nirgendwo zu sehen. Auf dem Handy-Video eines Freundes sah Susan Cortopassi ihr niedergebranntes Haus und glaubte, die Katzen seien für immer verloren. „Es war die totale Zerstörung“, sagt sie. „Es ist einfach ein Wunder, dass sie leben. Das Leben findet irgendwie einen Weg.“

Venesa Rhodes bekam ihren Anruf am 21. September, 41 Tage nach Ausbruch des Feuers. Die zweijährige Bella war abgemagert, hatte ein paar Brandwunden am Bauch, und ihr langes Fell war angesengt. Ihre einst grauen Pfoten sind nun dauerhaft rosa. Als sie gefunden wurde, setzten sich Rhodes und ihr Ehemann ins Auto und fuhren zusammen mit ihrer zweiten Katze Mama fünf Tage lang, um Bella abzuholen. Nach weiteren fünf Tagen in einem Hotel, um sicherzustellen, dass es dem Tier gutgeht, kehrten sie alle nach Alaska zurück. „Wir haben Freunde, die keine Katzen mögen und denken, dass wir verrückt sind. Aber wir sagen: Die Katzen sind Teil unserer Familie“, erzählt Rhodes. „Ich habe so viel verloren. Gott sei Dank haben wir Bella wieder.“

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