U2 in Deutschland: Kriegsruinen und geöffnete Herzen

Berlin/Köln · Gerade eben hängen noch Discokugeln über dem Publikum. Dann erscheinen auf der riesigen Videoleinwand syrische Kriegsruinen. "Was möchtet Ihr? Geöffnete Herzen? Oder ein Europa, das geschlossen ist?", fragt Bono.

 Bono weiß, wie man eine gute Show aufzieht. Foto: Britta Pedersen

Bono weiß, wie man eine gute Show aufzieht. Foto: Britta Pedersen

Foto: DPA

Dann lobt der U2-Frontmann die Deutschen für ihre Rolle in der Flüchtlingspolitik. "Die ganze Welt schaut auf Euch, München, Berlin", sagt der 55-Jährige zu Beginn der Deutschlandtour am Donnerstagabend in Berlin.

Bono ist für sein politisches Engagement bekannt - und hatte am Tag vor dem Auftritt in der deutschen Hauptstadt auch mit dem Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) über die Flüchtlingspolitik gesprochen. Doch der mehr als zweistündige Konzertabend vor 16 000 Fans in der ausverkauften Mercedes-Benz-Arena ist nicht nur politisch und musikalisch. Er bietet auch ausgefeilte Video-Kunst und viel Publikumsnähe.

Es gibt zwei Bühnen - eine klassische am einen Ende der Halle, eine runde am anderen - und dazwischen ein langer Steg. Der Effekt dieser aufwendigen Konstruktion: Egal, wo die Fans sitzen oder stehen, jeder hat die vier Musiker mal in seiner Nähe. Zusätzlich hängt über dem Laufsteg eine lange Video-Leinwand - samt weiterem Laufsteg.

So läuft plötzlich Bono, blondiert und wie gewohnt mit getönter Sonnenbrille, selbst durch einen bunten Comic-Strip. Bei fast jedem Song wechselt er den Ort - und es gibt immer neue faszinierende visuelle Effekte auf der Videoleinwand.

Bei einem Lied verwandelt sich etwa die Wand in die Berliner Mauer - die Überreste der echten Mauer sind nur wenige Meter von der Konzertarena entfernt. Deutsche Wörter oder Sätze erscheinen auf der Leinwand, etwa: "Alles, was Du weisst, ist falsch" oder "Wir sind alle Teil der Malaise".

"Berlin, ich habe Dich vermisst!", sagt Bono zu Beginn - auf Deutsch. Und: "We have many friends here." Für weltweite Verärgerung hatte die Band allerdings im vergangenen Jahr mit dem aktuellen Album "Songs of Innocence" gesorgt - weil es plötzlich auf allen Apple-Geräten erschien. Dennoch waren die Karten für die Konzerte in Deutschland binnen kurzer Zeit weg - und das, obwohl sie mindestens 100 Euro kosteten.

Bono bietet dafür schon allein allerlei: Jede Pose sitzt. Er ist Friedensbotschafter, aber auch Charmeur, der vor einer Italienerin vor die Knie fällt, die er aus dem Publikum auf die Bühne geholt hat. Und in einem Moment kommt der Rock-Rüpel durch. Da spuckt der Star und Familienvater Wasser, das er gerade getrunken hat, in hohem Bogen auf die Bühne.

Die vier Iren, die seit 1976 in dieser Konstellation zusammen sind, stehen im September noch drei weitere Male in Berlin auf der Bühne; und im Oktober noch zweimal in Köln. Alle Shows sind ausverkauft.

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