Kochen mit der Natur Sylter Duo zum "Koch des Jahres" gekürt

München/Sylt · Queller, Heckenrose und Fichtensprossen: Zwei Sylter Spitzenköche setzen auf regionale und fast vergessene Produkte in ihrem hochdekorierten Restaurant. Das brachte ihnen einen begehrten Titel ein.

 Johannes King (r) und Jan-Philipp Berner stehen in der Küche des Söl’ring Hof.

Johannes King (r) und Jan-Philipp Berner stehen in der Küche des Söl’ring Hof.

Foto: Ydo Sol

Die Wirkungsstätte von Johannes King und Jan-Philipp Berner passt perfekt zu ihrer Küche. Direkt am Meer, etwas abseits in den Dünen von Sylt gelegen, liegt der "Söl'ring Hof".

Hier in der unmittelbaren und weiteren Umgebung finden die beiden Spitzenköche Zutaten für ihre Speisen: Knickfrüchte vom Wegesrand beispielsweise, Salzwiesenpflanzen wie den Queller und fangfrischen Fisch.

Am Anfang habe es durchaus irritierte Blicke und Kommentare von Gästen gegeben, als plötzlich Makrele und Knurrhahn auf der Karte standen, sagt King. Er sitzt in der Bar des kleinen, feinen Hotels. Der Blick durchs Fenster schweift über die Häuser Rantums bis auf die andere Seite der Insel ans Watt. Es könne aber doch nicht sein, dass von Flensburg bis Garmisch alle den gleichen Fisch anböten, findet er.

Der Restaurantführer "Gault&Millau" kürte das Duo King und Berner jetzt für ihre "gemeinsam entwickelte authentisch norddeutsche Küche, die ganz auf die Qualität hochwertiger und vergessener regionaler Produkte setzt" zum "Koch des Jahres".

Dass ein Duo diese Auszeichnung "Koch des Jahres" erhält, ist eher ungewöhnlich. Der 55-jährige King ist seit der Eröffnung im Jahr 2000 Gastgeber des "Söl'ring Hofes", seit 2013 steht ihm Berner (30) zur Seite. Erst als Sous Chef, mittlerweile als Küchenchef. Sie vertrauen sich blind, können sich hundertprozentig aufeinander verlassen. Sagen beide unabhängig voneinander.

King und Berner sind naturverbunden, lieben die Region in der sie leben. Und sie wollen, dass der Gast, der zu einem Abendessen ins Restaurant kommt, ein Gefühl von der Region bekommt, in der er sich befindet. "Das ist mir wichtig", sagt Berner. Das sei doch spannend, die Region auf den Teller zu bringen - und die Jahreszeiten. "Die Küche wandelt sich von Sommer zu Winter."

Die Natur, den Garten sieht King als "Inspirationsgebiet." Er schließt kurz die Augen: Es scheint, als gehe er in Gedanken einen Knick ab, über eine Salzwiese oder durch einen Kräutergarten. Er öffnet die Augen wieder, spricht mit einem Leuchten darin von den vielen verschiedenen Pflanzen, die er und seine Mitarbeiter dort finden: Queller, Heckenrosen, Ebereschen, Holunder, Schafgarbe und Süßdolde beispielsweise. Einige Male im Jahr laden sie auch Gäste ein, mit ihnen gemeinsam Heckenrosenblätter, Fichtensprossen und Co. zu sammeln. Als Dank gibt es unter anderem ein Vier-Gänge-Menü.

Dieses Leben mit der Natur, regionalen Produkten, ist King von Kindheit an vertraut - auch wenn er erst spät gemerkt habe, welch ein Paradies seine Kindheit auf einem Bauernhof im Schwarzwald mit neun Geschwistern war.

Koch wurde er eher durch Zufall - weil beim Glasbläser keine Stelle mehr frei gewesen ist, wie er erzählt. Und weil er so die Chance bekam, von Zuhause wegzukommen. Nach der Lehre folgten Stationen unter anderem in Frankreich, bevor er sich mit 24 Jahren in Berlin selbstständig machte. Hier erkochte sich King seinen ersten "Michelin"-Stern. Seit 18 Jahren nun ist er Gastgeber im "Söl'ring Hof". 2004 bekam er seinen zweiten "Michelin"-Stern.

Der "Gault&Millau" gibt King und Berner dieses Jahr 18 von 20 möglichen Punkten. Sie stehen in dem Guide, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, für "höchste Kreativität und bestmögliche Zubereitung". Hinzu kommt die Auszeichnung als "Koch des Jahres."

"Ich war eher perplex", sagt Berner zu dem Moment, als er davon erfahren hat. Er habe nicht gedacht, dass er und King "Koch des Jahres" werden. "Umso großartiger ist das Gefühl, aber irgendwie auch noch nicht greifbar."

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