Erhöhtes Krebsrisiko Schmidt will EU-Regeln gegen Acrylamid ändern

Brüssel · In Pommes und knusprigen Backwaren steckt Acrylamid - und das bringt ein Krebsrisiko mit sich. Neue EU-Vorschriften sollen helfen. Doch Agrarminister Schmidt pocht auf einen anderen Ansatz.

Experten der EU-Länder haben über neue Vorgaben für Pommes-Buden und andere Restaurants, mit denen Verbraucher besser vor dem krebsverdächtigen Stoff Acrylamid geschützt werden sollen entschieden.

Experten der EU-Länder haben über neue Vorgaben für Pommes-Buden und andere Restaurants, mit denen Verbraucher besser vor dem krebsverdächtigen Stoff Acrylamid geschützt werden sollen entschieden.

Foto: Anja Mia Neumann

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt will EU-Vorgaben gegen krebserzeugendes Acrylamid in Lebensmitteln nicht hinnehmen.

"Der Vorstoß aus Brüssel ist nicht praktikabel und überflüssig. Er wird als Belastung empfunden und ist Gängelei", sagte der CSU-Politiker und Ernährungsminister der "Passauer Neuen Presse". Vertreter der EU-Staaten hatten vergangene Woche neue Vorgaben für Lebensmittelhersteller, Restaurants und Backstuben beschlossen. Deutschland stimmte im Ausschuss nicht dagegen, sondern enthielt sich mit fünf weiteren EU-Ländern der Stimme, die übrigen 22 Vertreter votierten dafür.

Acrylamid entsteht beim Rösten, Backen, Braten oder Frittieren vor allem bei besonders stärkehaltigen Lebensmitteln wie Kartoffeln und Mehl sowie Kaffee. In Tierversuchen wurde ein erhöhtes Krebsrisiko durch den Stoff nachgewiesen. Ziel der neuen EU-Regeln ist es, beim Garen möglichst wenig Acrylamid entstehen zu lassen. Sie könnten im kommenden Frühjahr in Kraft treten.

Deutschland habe sich ebenso wie Österreich für "für Höchstgehalte statt für detaillierte Minimierungsmaßnahmen" des Stoffes ausgesprochen, sagte Schmidt. "Es gibt immer Handlungsbedarf, um das Essen gesünder zu machen. Aber das muss über Informationen, Ernährungsbildung und gut ausgebildete Fachleute wie Köche geschehen und nicht über Detailanweisungen aus Brüssel, die weit über das Ziel hinausschießen."

Eine Sprecherin des österreichischen Ministers Andrä Rupprechter (ÖVP) bestätigte die Bedenken gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Die Krebsgefahr solle zwar nicht verharmlost werden. "Aber es geht darum, dass man der Gastronomie nicht noch bürokratische Hürden auferlegt." In Österreich sei Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) für das Thema zuständig, daher habe das Land auch für die Vorgaben gestimmt. Rupprechter, der unter anderem für Umwelt und Landwirtschaft zuständig ist, sei mit dieser Entscheidung aber nicht einverstanden.

Sowohl das Europaparlament als auch der Rat als Vertretung der EU-Staaten haben drei Monate Zeit, um gegebenenfalls Widerspruch gegen die Vorgaben einzulegen. Dass die EU-Staaten die Regeln verhindern, gilt angesichts der großen Mehrheit dafür im Ausschuss als äußerst unwahrscheinlich. Schmidt hofft deshalb auf Unterstützung im EU-Parlament.

Die neuen Regeln richten sich in erster Linie an professionelle Lebensmittelhersteller und -verarbeiter. So wird zum Beispiel vorgegeben, Kartoffelsorten mit wenig Stärke zu verwenden und Pommes vor dem Frittieren einzuweichen oder zu blanchieren, um die Stärke auszuwaschen. Zudem sollen die Hitze beim Garen auf das Nötigste begrenzt und die Waren so wenig wie möglich gebräunt werden. Bräunungstabellen sollen einen Anhaltspunkt geben. Während Verbraucherschützer die Regelungen begrüßten, nannte der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband die Verordnung unverhältnismäßig, überflüssig und bürokratisch.

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