Vorwürfe gegen CSU-Generalsekretär Scheuer will Doktortitel nicht mehr tragen

MÜNCHEN · Die CSU hat mal wieder Ärger mit einem Doktortitel. Anders als im Fall Guttenberg steht bei Generalsekretär Scheuer aber nicht der Fälschungsvorwurf im Vordergrund.

Der CSU-Generalsekretär wird von Ärger aus der Vergangenheit eingeholt. Andreas Scheuer nannte sich in Deutschland "Dr.", obwohl er dazu in 14 von 16 Bundesländern eigentlich nicht berechtigt war.

Der neue CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer verzichtet auf seinen in Tschechien erworbenen Doktortitel, den er eigentlich nur in Bayern und Berlin tragen dürfte. Scheuer reagierte damit auf einen Bericht der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ). Er habe sich dafür entschieden, "vom Führen des Titels künftig völlig abzusehen", schrieb Scheuer am Freitag in einer kurzen Erklärung, über die zuerst die "Bild"-Zeitung" (Samstag) berichtete.

Der niederbayerische Politiker hatte 2004 an der Prager Karls-Universität in deutscher Sprache über die politische Kommunikation der CSU promoviert. Da die dortige Arbeit nicht deutschen akademischen Standards entspricht, darf Scheuer den "Dr." ohne Zusatz in Deutschland eigentlich nicht führen - mit Ausnahme Berlins und Bayerns, wo Sonderreglungen dies ermöglichen. Die FAZ hatte den seit 2005 bekannten Sachverhalt am Freitag auf ihrer Titelseite prominent aufgegriffen.

Seit 2011 gibt es zudem den Vorwurf, dass Scheuer eine Passage über Franz Josef Strauß in seiner Arbeit aus einer Publikation der Bundeszentrale für politische Bildung abgeschrieben haben könnte. Die "FAZ" druckte am Freitag die in Teilen wortgleichen Absätze aus beiden Veröffentlichungen ab.

Der Koalitionspartner SPD forderte Aufklärung. "Mit dem Verzicht auf den Doktortitel ist es noch nicht getan", verlangte Bayerns SPD-Landesvorsitzender Florian Pronold, der auch Parlamentarischer Staatssekretär in Berlin ist. "Im Raum steht schließlich der Vorwurf des Plagiats."

Die Grünen äußerten sich weniger zurückhaltend: "Wenn sich die Plagiatsvorwürfe bewahrheiten, kann es nur eine Konsequenz geben: Wer betrügt, der fliegt", zitierte Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause den viel kritisierten CSU-Slogan zur Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien. Die Passauer Staatsanwaltschaft hatte 2006 Ermittlungen wegen möglichen Titelmissbrauchs eingestellt, neue Ermittlungen wegen Plagiatsverdachts gegen Scheuer gibt es nach Angaben der Behörde vom Freitag nicht.

Eine Doktorarbeit holt die CSU ein

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer ist erst wenige Wochen im Amt und von daher großen Teilen der Öffentlichkeit noch ziemlich unbekannt. Zum ersten Mal größere Schlagzeilen macht der niederbayerische Bundestagsabgeordnete nun mit seinem tschechischen Doktortitel. Denn Scheuer nannte sich seit Jahren "Dr. Andreas Scheuer", obwohl sein tschechischer "doktor filozofie" dem deutschen Doktor nicht gleichwertig ist.

Eigentlich hätte Scheuer in allen Bundesländern außer Berlin und Bayern den Titel nur mit Zusatz verwenden dürfen - "PhDr." anstelle von "Dr.". Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" hob die Prager Promotion am Freitag auf die Titelseite. Schon 2005 ermittelte die Passauer Staatsanwaltschaft wegen möglichen Titelmissbrauchs, stellte das Verfahren aber ein.

Seit 2011 kursiert zudem der Vorwurf, dass Scheuer eine kurze Passage über Franz Josef Strauß in seiner Arbeit abgeschrieben haben soll. Scheuer hatte das eigentlich längst überstanden, das Wiederaufgreifen in der "FAZ" zeigte aber am Freitag schnell Wirkung. Scheuer kündigte in einer zuerst von der "Bild"-Zeitung" (Samstag) zitierten Stellungnahme an, "vom Führen des Titels künftig völlig abzusehen".

Scheuer ist nach seinem Vorvorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg der zweite CSU-Politiker aus der ersten Reihe der Bundespolitik, der Ärger mit seiner Doktorarbeit hat. Beide Fälle sind aber nicht vergleichbar: Guttenberg verlor seinen akademischen Titel und seine politischen Ämter, weil seine Arbeit in Teilen abgeschrieben war.

Der schwarzhaarige Scheuer mit seiner runden Brille gilt CSU-intern als ehrgeizig und ziemlich forsch. CSU-intern berühmt wurde Scheuer im Dezember 2012, als er Parteichef Horst Seehofer bei einer Donau-Schifffahrt öffentlich widersprach. Das trauen sich nur wenige CSU-Politiker.

Forsch war Scheuer bislang auch bei der Verwendung seines akademischen Titels. Obwohl es seit Jahren immer wieder Gerede gab, ließ Scheuer sich davon nicht beeindrucken und nannte sich weiter "Dr.". Denn Promotionen sind für Politiker grundsätzlich attraktiv: In allen Parteien ist das Phänomen bekannt, dass ein Doktortitel zu zusätzlichen Stimmen verhilft. Der tschechische "doktor filozofie" ist aber nach offizieller Meinung der deutschen Politik einem einheimischen Doktor nicht vergleichbar.

Im Juli 2007 beschloss die Kultusministerkonferenz der Länder, dass ausländische Doktortitel in Deutschland bundesweit nur noch mit Zusatz geführt werden dürfen, wenn sie ohne das in Deutschland übliche Promotionsverfahren erworben wurden oder nicht dem in der EU vereinbarten Standard entsprechen.

Für Scheuers 2004 erworbenen tschechischen Titel gilt lediglich in Bayern und Berlin "Vertrauensschutz". Das bedeutet, dass Scheuer sich in beiden Bundesländern weiterhin "Dr." nennen darf". "Die Rechtslage in Bayern und Berlin ist eindeutig", verteidigte sich Scheuer am Freitag dementsprechend gegen die Kritik.

Der bayerische SPD-Vorsitzende Florian Pronold sitzt zwar in Berlin gemeinsam mit der CSU am Kabinettstisch, übernahm aber bei einer Klausur im schwäbischen Kloster Irsee trotzdem die Oppositionsrolle: "Mit dem Verzicht auf den Doktortitel ist es noch nicht getan", verlangte Pronold. "Im Raum steht schließlich der Vorwurf des Plagiats." Die Passauer Staatsanwaltschaft hat aber keine neuen Ermittlungen aufgenommen, wie ein Sprecher der Behörde mitteilte.

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