Konzert Rolling Stones liefern in Düsseldorf unvergessliche Show

Düsseldorf · Mit dem vielleicht letzten gemeinsamen Auftritt in Deutschland haben die Rolling Stones in Düsseldorf ihre Europatournee fortgesetzt. Die Band brachte am Montag ihre Fans in einen kollektiven Glückstaumel.

 Die Rolling Stones machten Station in Düsseldorf.

Die Rolling Stones machten Station in Düsseldorf.

Foto: Thomas Brill

„U-hu-hu!“ „U-hu-hu!“ „U-hu-hu!“ Wenn ein solcher Nachtkäuzchenchor aus 45 000 Kehlen erschallt, dann ist das schon ziemlich beachtlich. Auch sonst ist sehr viel beachtlich. An diesem Montag. In Düsseldorf. In der Arena. Wo die Rolling Stones auf ihrer aktuellen „No filter“-Tour Station machen.

Rechnet man ihr Alter zusammen, bringen es Mick Jagger, Keith Richards, Ron Wood und Charlie Watts auf fast 300 Jahre. Zwei Mitglieder der „langlebigsten Rockband der Welt“ stehen schon seit fünfeinhalb Dekaden gemeinsam auf der Bühne. Dass Schlagzeuger Watts „erst“ 1963 dazu stieß und Gitarrist Wood als „Spätzugang“ der Gruppe 1975 beitrat, kann man in solchen Zeit-Dimensionen getrost vernachlässigen. Die Beatles besangen einst launig „When I´m 64“, aber ihre Landsmänner, die Stones, gaben sich mit solchen Nett-Niedlichkeiten gar nicht erst ab. Und liefern – allesamt jenseits der 70 und zum Teil weit darüber – in Düsseldorf eine unvergessliche Show.

Es könnte das letzte Mal sein. Bei Woods wurde Lungenkrebs diagnostiziert, Watts will – und die Gerüchte halten sich wacker – die Sticks nach dieser Tour endgültig aus der Hand legen. Fast jeder Zweite in Düsseldorf trägt ein gerade gekauftes T-Shirt. Vorauseilender Toten-Tourismus? Rolling Bones statt Rolling Stones? Von wegen! Der oben zitierte Nachtkäuzchen-Chor bei „Miss You“ um 21.40 Uhr ist nur einer von unzähligen Höhepunkten bei diesem Ereignis.

Mick Jagger – ganz in Schwarz unter den Glitzerzwiebelpellen, die er rasch abwirft – wirkt wie ein junger, überschlanker Mann unter Hochspannung. Ein bisschen stenzschlenzig, ein bisschen zornig, ein bisschen selbstverliebt – und sehr, sehr sexy. Ein nimmermüder Animateur. Er ist derjenige, der nach vorne prescht, den Catwalk entlang saust, der die Massen antreibt, sie klar macht, sie fasziniert und dirigiert. „Feel like singing?“ Jow. Aber so´ was von. Und selbst die Schreiber heben an: „You can´t always get what you wa-hont!“

Charlie Watts dagegen ist ganz Grandseigneur. Sehr aufrecht, sehr konzentriert und akzentuiert, im weißen Hemd und ohne jede Rockstar-Attitüde teilt er die Schläge aus, als seien es Bridgekarten. Ron Wood markiert noch den Wilden. Über lange Strecken hinweg. Wirkt dann aber zeitweilig doch erschöpft. Und Keith Richards, mit seinem Stirnband überm wirren Greisenhaar, verpeilt bei einem von seinen zwei Gesangsparts, bei „Slipping Away“, den Einsatz. Worauf das Duo im Background sofort beispringt. Auch die Keyboarder, die Bläser und der Bassist machen einen guten Job. Zwei Stunden, 18 Stücke, zwei Zugaben lang. Wobei man denen, um die es eigentlich geht, nur Respekt zollen kann.

Arena hält japsend den Atem an

Weil sie – bis auf Jumpin´ Mick Jagger – allesamt schwächer geworden sind. Aber angerechnet auf die Länge der Zeit, die sie mittlerweile im Einsatz sind. Und die Spanne des Alters, die sie auf Erden weilen. Üblicherweise dauern Konzerte 90 Minuten. Von Bands, deren Mitglieder gerade Mal halb so alt sind. Oder noch jünger. Und das ohne so legendäre Originale wie „Sympathy for the Devil“, „It´s Only Rock´ n Roll“ und „Paint it Black“, “Brown Sugar”, “Gimme Shelter” oder “(I can´t get no) Satisfaction” zu spielen.

Zum Teil in atemberaubenden, schweißtreibend vorwärts preschenden, nicht enden wollenden Live-Versionen wie die von „Midnight Rambler“. Da hält die Arena japsend den Atem an. Um bei den Stücken von der letzen CD „Blue & Lonesome“ – „Just your fool“ und „ Ride ’em on down“ – in einen kollektiven Glückstaumel zu verfallen. Weil die vier Stones dabei auch so glücklich sind.

Coversongs? Ja. Aber von den Blues-Heroen ihrer Zeit. Und wie sich in den Gesichtern von Mick Jagger, von Keith Richards, Ron Wood und Charlie Watts ein Lächeln breit macht, das plötzlich alle Falten, alle Narben und alle Jahre verschwinden lässt – das glüht noch lange später in den Herzen nach.

Gibt es dabei irgendetwas zu bemängeln? Jein. Weil es nicht das Konzert als solches betrifft. Aber die Umstände. Vor Ort in Düsseldorf waren weder die Anbindungen per ÖPNV korrekt ausgeschildert, noch kannten sich die Ordner an der Arena aus – sie schickten reihenweise Besucher zu falschen Eingängen.

Ärgerlich auch: das derzeit übliche Konzert-Taschenformat (Di A 4) wurde nochmals um die Hälfte reduziert (Din A 5). Die Folge: Nochmaliges, lang Anstehen-Müssen an den Taschen-Abgabe-Containern.

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