Rekordversuch gescheitert "Raketenmann" stürzt in den Ärmelkanal

Sangatte · Franky Zapata stürzt bei der Überquerung des Ärmelkanals auf dem Flyboard ins Meer. Der Rückschlag werde den fliegenden Erfinder aber nicht lange aufhalten, versichert seine Ehefrau.

 Franky Zapata, früherer Jet-Ski-Weltmeister aus Frankreich und Erfinder des Flyboards, geht im nordfranzösischen Sangatte in die Luft, bei dem Versuch mit seinem Flyboard den Ärmelkanal zwischen Frankreich und Großbritannien zu überqueren.

Franky Zapata, früherer Jet-Ski-Weltmeister aus Frankreich und Erfinder des Flyboards, geht im nordfranzösischen Sangatte in die Luft, bei dem Versuch mit seinem Flyboard den Ärmelkanal zwischen Frankreich und Großbritannien zu überqueren.

Foto: dpa

Mit mächtigem Getöse löst sich Franky Zapata auf seinem „Flyboard“ langsam von der Erde. Der Lärm übertönt das begeisterte Ah und Oh der Zuschauer auf dem Parkplatz hinter einer Lagerhalle in Sangatte. Sekunden später verschwindet der „Raketenmann“ im Dunst vor der nordfranzösischen Küste. Sein Ziel: Dover, auf der anderen Seite des Ärmelkanals.

Knapp 20 Minuten hat der Extremsportler bei seinem Rekordversuch für den Flug in die 35 Kilometer entfernte südenglische Küstenstadt einkalkuliert. Mit einer Geschwindigkeit von rund 140 Kilometern pro Stunde will er in zehn bis zwanzig Metern Höhe mit seinem fliegenden „Skateboard“ über dem Wasser schweben. Die Bedingungen an diesem Morgen sind optimal, wolkenloser Himmel, kaum Wind, ruhiges Meer. Doch schon wenige Minuten nach seinem spektakulären Start macht am Startplatz eine Nachricht die Runde: Franky Zapata ist abgestürzt. Was zuerst ein Gerücht ist, entpuppt sich schnell als bittere Wahrheit.

Nur langsam treffen in Sangatte gesicherte Informationen ein. Der Rekordversuch ist in der schwierigsten Phase gescheitert. Zentrales Problem war, dass das Kerosin für den Düsenantrieb, das der Extremsportler in einer Art Rucksack auf dem Rücken trägt, nur für zehn Minuten Flugzeit reichte. Aus diesem Grund hatte der Extremsportler nach rund 18 Kilometern einen Tankstopp auf einem Schiff im Ärmelkanal eingeplant. Bei diesem Manöver ist Franky Zapata ins Wasser gestürzt.

Von Tauchern aus dem Meer gezogen

„Es fehlten nur wenige Meter - er war ganz nahe bei dem Schiff“, erklärte Guy Allemand, Bürgermeister von Sangatte. Er sei von Tauchern aus dem Meer gezogen worden. Die zuständige französische Meerespräfektur bestätigte via Twitter, dass Zapata an Bord des Schiffes „L'Abeille Languedoc“ und bei „guter Gesundheit“ sei. Zapatas Helfer rätselte über die Ursache. Das Meer sei bewegt gewesen, aber nicht mehr als bei Testflügen, hieß es.

Ein Mitglied seines Teams, Stéphane Denis, sprach im Fernsehsender BFM-TV von einer „enormen Enttäuschung“. Er sagte voraus, dass der Extremsportler seinen Rekordversuch zu einem späteren Zeitpunkt wiederholen werde. Wichtig sei aber, dass Franky Zapata nichts passiert sei. Der hatte kurz nach dem Fehlschlag sofort mit seiner Frau Kontakt aufgenommen und sie beruhigt. „Franky geht es gut“, sagte Krystel Zapata nach dem Telefonat. „Natürlich ist er sehr enttäuscht, aber er lässt sich von Misserfolgen nicht entmutigen.“ Er sei beim Fliegen viel schneller vorangekommen und habe mehr Kilometer hinter sich gelassen als erwartet, die Aktion sei daher keine Vollkatastrophe gewesen.

Der gescheiterte Rekordversuch über dem Ärmelkanal ist ein massiver Rückschlag für die von Zapata entwickelte Erfindung, das Flyboard. Am 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag, hatte er noch für einige Aufregung gesorgt. Eine Minute lang schwebte der Extremsportler auf seiner Plattform mit fünf kleinen Düsentriebwerken während der Parade über dem Pariser Prachtboulevard Champs-Elysées. Navigiert wird das Fluggerät von ihm mit einer Art Joystick.

Ehefrau spricht von neuem Versuch

Nach dem spektakulären Auftritt, der auch von Präsident Emmauel Macron und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel beobachtet worden war, hieß es, dass sogar die französische Armee Interesse an einer militärischen Nutzung des Gerätes habe, etwa für fliegende Scharfschützen. Einige Soldaten der Fremdenlegion äußerten sich am Rande der Parade in der französischen Hauptstadt allerdings eher skeptisch. „Auf dem Ding bist du die beste Zielscheibe der Welt“, raunte einer der Uniformierten mit Blick auf den französischen Ikarus am strahlend blauen Himmel von Paris.

Doch es zeigt sich nun, dass die Überquerung des Ärmelkanals eine weitaus anspruchsvollere Aufgabe war, als das kurze Schweben über den Champs-Elysées. Zapata selbst bezeichnete den Rekordversuch als eine der „größten sportlichen Herausforderungen“ seines Lebens. Sein Vorbild ist der französische Luftfahrtpionier Louis Blériot: Vor 110 Jahren, am 25. Juli 1909, überflog der Mann als erster Mensch den Ärmelkanal.

Der Pionier hatte seinerzeit allerdings nicht mit den Widrigkeiten zu kämpfen, die sich Franky Zapata bei der Planung seines Fluges stellten. Die französische Meerespräfektur hatte die Überquerung auf dem Flyboard abgelehnt. Sie wies darauf hin, dass das Unterfangen sehr gefährlich sei, weil der Ärmelkanal mit hunderten Frachtschiffen und Fähren pro Tag eine der meist befahrenen Wasserstraßen der Welt ist. Mit großer Empörung wischte Zapata den Einwand vom Tisch. „Man lässt mich in 30 Metern Höhe über den Präsidenten fliegen und ich soll nicht in der Lage sein, einem Boot auszuweichen? Das ist doch absurd!“, polterte er in einem TV-Interview.

Kaum zurück an der französischen Küste, meldet sich Franky Zapata am Nachmittag sogleich zu Wort. „Ich bin enttäuscht“, sagte der Extremsportler nach seinem Sturz ins Meer, doch von seinen ehrgeizigen Plänen werde er sich nicht abbringen lassen. „Sicher ist: Ich werde noch einmal hinüberfliegen.“

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