Verstörende Bilder Promi-Geburtstag vom 8. Oktober: Gottfried Helnwein

Wien · Seine Werke künden vom Grausamen. Hundertfach finden sich verstümmelte Kinder. Als Titel von Magazinen wie "Spiegel" oder "Time" haben sich Gottfried Helnweins Motive eingebrannt. Die Sammler stehen Schlange.

 Der österreichische Künstler Gottfried Helnwein feiert seinen 70. Geburtstag.

Der österreichische Künstler Gottfried Helnwein feiert seinen 70. Geburtstag.

Foto: Georg Hochmuth

Es ist eine Welt ohne Helden, eine Welt ohne das Schöne, eine Welt fast ohne Hoffnung. Allerorten Fratzen, Abgründe, Gewalt. "Dabei glaube ich an das Gute. Ich bin sogar sehr naiv, sehr romantisch", bekennt Gottfried Helnwein. Der Zwiespalt zwischen Wunsch und Wirklichkeit muss in seinem Fall schwer auszuhalten sein.

Der weltweit gefragte österreichische Künstler, der am Montag (8. Oktober) 70 Jahre alt wird, bleibt sich treu. Aktuell malt er in seiner typischen aufwendigen fotorealistischen Weise Kriegsszenen aus dem Syrien-Konflikt, angereichert mit ein paar großäugigen Comicfiguren. "Die Grenzen zwischen Realität und Spiel verschwimmen", schildert Helnwein. Seit knapp 50 Jahren verstört der gebürtige Wiener mit Motiven, die ihn als Gruselspezialisten auszeichnen.

Im Zentrum: Das an Leib und Seele verstümmelte Kind. Wie eine Puppe sitzt das kleine Mädchen mit seiner Armprothese und dem aufgeschlitzten, vernarbten Mund an der Wand ("Peinlich", 1971). 1973 malte Helnwein für die Titelseite des österreichischen Magazins "Profil" zu einer Geschichte zum Thema Selbstmord ein Kind, das sich die Pulsadern mit einer Rasierklinge aufschneidet. Sein erstes Bild, das Aquarell "Osterwetter" (1969) über einen Mord unter Kindern, brachte ihm - ohne weitere Prüfung - die Aufnahme an der Wiener Kunstakademie.

Das Kind als Opfer rief damals Entsetzen und Protest hervor. In Deutschland, Österreich, Irland und anderen Regionen der Welt wurden aber gerade in dieser Zeit Schüler in kirchlichen und staatlichen Institutionen vielfach missbraucht. Im Rückblick könne man sagen, "dass ich meinen Finger offensichtlich auf eine wunde Stelle gelegt habe", meinte Helnwein.

Seine eigene Kindheit empfand Helnwein als Katastrophe. "Wien war damals ein wahrhaft dunkler und schrecklicher Ort." Mit den ersten Comic-Heften rund um Mickey Mouse habe sein Leben erstmals einen Sinn gehabt: "Es war wie das Betreten eines utopischen Paradieses." Und er ergänzte: "Der einzige Lehrer, von dem ich was lernte, war Walt Disney." Als Sohn eines Postbeamten wuchs Helnwein in einem Arbeiterviertel auf. Er wechselte oft die Schulen und war ziellos. "Mein Tagtraum war, die Schule anzuzünden und eine Revolution auszulösen", bekannte er.

Als Illustrator mit Präzision, Sachlichkeit und Perfektion wurde Helnwein langsam aber sicher zum zunächst umstrittenen internationalen Star. Er gestaltet Titelbilder von Magazinen wie "Spiegel", "Esquire", "Time" und "Playboy". Sein "Selbstporträt" von 1981 als Plattencover der Band Scorpions - ein schreiender Mann mit bandagiertem Kopf und Gabeln in den Augen - wurde zum Kultposter. In den 1990er Jahren beäugten in "Epiphanie 1" hochrangige SS-Schergen den späteren Diktator Hitler als Heiland auf dem Schoß einer arischen Maria. Die Gräuel des Holocausts sind eines der anderen Themen des mit altmeisterlicher Finesse malenden Künstlers aus Österreich.

In diesem Sommer hat Helnwein in seiner Heimatstadt Wien mit einem überdimensionalen Bild für Aufsehen gesorgt. Dabei nimmt ein Mädchen mit einem Maschinengewehr die Menschen ins Visier, daneben brennt eine Stadt lichterloh - die diesjährige Verhüllung des 70 Meter hohen Wiener Ringturms polarisierte. "Ich wollte zeigen, in welcher Welt wir leben", erklärte Helnwein seine Absicht. "Jede Woche erschießen Kinder in Amerika andere Kinder. Ich wollte zeigen, dass Kinder gezwungen werden, Waffen zu tragen, dass wir in einer Welt leben, die kurz vor dem Ausbruch eines Krieges steht."

Die künstlerische Meisterschaft des Mannes, der vier Kinder hat und nach einem zwölfjährigen Zwischenstopp in der Eifel nun abwechselnd in Irland und Los Angeles lebt, ist gefragt. "Ich habe eine lange Warteliste", so Helnwein. Zum Geburtstag gönnt sich der Fleißige eine Pause in der Heimat. Er wolle sich mit Freunden in Wien zum Essen treffen, erzählt er. Für ihn ein Abend ohne Wiener Schnitzel oder Tafelspitz. Helnwein, der in der Kunst die Qualen des Fleisches zeigt, ist im Leben Vegetarier.

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