Prozess um lautes Kikeriki Paar will französischem Hahn das Krähen verbieten

Paris · Ein Rentnerpaar aus Frankreich will einem Hahn künftig das Krähen verbieten und zieht vor Gericht. Durch das laute Kikeriki fühle sich das Paar in seinem ländlich gelegenen Ferienhaus gestört. Der Fall ist längst zur nationalen Angelegenheit geworden.

Maurice soll schweigen. Jeden Morgen reißt er seine Klappe ganz weit auf. Dieses rücksichtslose Verhalten hat ihn nun aber vor Gericht gebracht. Maurice ist ein stolzer französischer Hahn, ein wahres Prachtexemplar, vier Jahre alt und über zwei Kilo schwer. Doch seine Nachbarn stören sich daran, dass das Federvieh kurz nach Sonnenaufgang mit lautem Gekrähe den Tag begrüßt. Also sitzen nun in Rochefort die Richter über der Akte „Maurice“ und müssen entscheiden, ob dem Hahn der Schnabel verboten wird.

Längst aber ist diese Frage zur nationalen Angelegenheit geworden, zu einem Kampf zwischen Stadt gegen Land, arm gegen reich. Denn die Klage gegen den krackelenden Maurice kommt von einem Rentnerpaar, das sich ein Ferienhaus im westfranzösischen Saint-Pierre d’Oléron gekauft hat und die kurze Zeit ihrer Aufenthalte ohne störende Landgeräusche genießen möchte.

Doch Corinne Fesseau, die Besitzerin von Maurice, will ihren gallischen Gockel nicht zum Schweigen bringen. Im Gegenteil, sie hat unter dem Motto „Rettet Maurice“ eine Online-Petition ins Leben gerufen und über 120.000 Unterstützer haben sich inzwischen registriert. Auch den Bürgermeister von Saint-Pierre d’Oléron weiß sie auf ihrer Seite. Christophe Sueur hat bereits im Juli 2018 im Zuge dieser Auseinandersetzung in einem offiziellen Erlass sogar den „ländlichen Charakter“ der Gemeinde bestätigt. Damit reagierte er auch auf die vielen anderen Beschwerden, die jedes Jahr in den Sommermonaten bei ihm im Bürgermeisteramt eintrudeln, sei es gegen das Läuten der Kirchenglocken oder den Motorenlärm der auslaufenden Fischerboote.

Ähnliche Probleme in anderen Gemeinden

Der Bürgermeister von Saint-Pierre d’Oléron ist aber nicht der einzige, der sich mit Klagen dieser Art herumschlagen muss. Bruno Dionis, sein ebenfalls von Beschwerden geplagter Kollege, hat jüngst einen überaus kreativen Vorschlag gemacht. Der Bürgermeister der kleinen Gemeinde Gajac in der Gironde forderte, das Krähen der Hähne, Kläffen der Hunde, Muhen der Kühe oder das Blöken der Schafe zum nationalen Kulturerbe zu erheben. Dann könne von den lärmempfindlichen Städtern, die nur einige Wochen im Jahr in der Gemeinde wohnen, dagegen nicht mehr geklagt werden, so seine pfiffige Argumentation.

Die Richter in Rochefort haben bereits angekündigt, dass sie sich für eine Entscheidung von solcher Tragweite Zeit lassen wollen. Das Urteil wird deshalb erst im September erwartet. Eines hat sich allerdings gezeigt. Maurice ist bei der Auseinandersetzung vor Gericht nicht alleine ist. Vor dem Justizgebäude warteten zu Beginn der Verhandlung zahlreiche Hähne mit stolzgeschwelltem Kamm, sichtlich bereit zum Kampf für die freie Meinungsäußerung.

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