Orson Welles' letzter Film soll in die Kinos kommen

Berlin · Orson Welles gilt als einer der größten und einflussreichsten Regisseure Hollywoods, sein Kino-Erstling "Citizen Kane" zählt bis heute zu den genialsten Werken der Filmgeschichte.

 Undatierte Aufnahme des US-amerikanischen Schauspielers und Regisseurs Orson Welles. Foto:

Undatierte Aufnahme des US-amerikanischen Schauspielers und Regisseurs Orson Welles. Foto:

Foto: DPA

Zum 100. Geburtstag des legendären Filmemachers am 6. Mai 2015 soll jetzt sein unvollendetes Spätwerk "The Other Side of the Wind" doch noch herauskommen - 40 Jahre nach Beginn der Dreharbeiten. Bisher hatte ein erbitterter Rechtsstreit die Fertigstellung verhindert.

Der Berliner Produzent Jens Koethner Kaul (50), der das Projekt gemeinsam mit der US-Produktionsfirma Royal Road Entertainment stemmen will, sagte der Nachrichtenagentur dpa am Freitag: "Wir haben in Absprache mit allen Beteiligten die jahrelangen Rechtsprobleme lösen können. Die juristischen Grundlagen stehen, alles ist sattelfest."

Schon beim American Film Market nächste Woche im kalifornischen Santa Monica wollen die Produzenten um Vertriebspartner werben. Im kommenden Frühjahr ist in Los Angeles ein Runder Tisch mit allen Leuten geplant, die je mit dem Material zu tun hatten. "Wir haben eine lange und aufregende Reise hinter uns, die uns manchmal auch zum Wahnsinn getrieben hat", sagt Koethners US-Partner Filip Jan Rymsza. "Aber die eigentliche Arbeit fängt erst jetzt an."

Orson Welles, der 70-jährig 1985 in Hollywood starb, hatte die letzten fünfzehn Jahre seines Lebens an dem Film gearbeitet. In der mit John Huston, Peter Bogdanovich, Dennis Hopper und Lilli Palmer hochkarätig besetzten Geschichte geht es um einen alternden Regisseur, der seine stockende Karriere mit einem heißen, sex- und gewalttriefenden Streifen wieder in Schwung bringen will. Auch der Oscar, den Welles einst für das Drehbuch von "Citizen Kane" bekam, ist einmal zu sehen. "Dieser Film wird unser Bild von Orson Welles radikal verändern", sagt Koethner Kaul.

Noch zu Lebzeiten des Künstlers hatte ein Streit um die Rechte begonnen - zunächst mit dem Co-Finanzier, einem Schwager von Irans Schah Mohammed Reza Pahlavi, später mit der ursprünglichen Produktionsfirma Les Films de l'Astrophore in Paris, mit Welles' Tochter und einziger Erbin Beatrice Welles sowie mit seiner langjährigen Lebensgefährtin und Kollegin Oja Kodar.

Vor sechs Jahren hatte Koethner die heute 73-jährige Kroatin in Los Angeles kennengelernt und konnte so die Arbeitskopie sehen, die der Regisseur einst heimlich von Paris nach Hollywood geschmuggelt hatte. "Ich habe mich in das Material gestürzt und war sofort verliebt", berichtet der Berliner Produzent. "Aber dann hat es doch sechs Jahre gemeinsamer Anstrengungen bedurft, bis wir vor eineinhalb Wochen die Filmrollen in einem Tresor in Paris wirklich sehen konnten."

1803 Rollen Material sind es, in 8, 16 und 35 Millimetern gedreht, schwarz-weiß und farbig. "Es gab ja die schlimmsten Gerüchte über das Material. Dass es von Pilzen befallen sei oder zerfallen. Aber es ist in einem einzigartigen Zustand, hervorragend gelagert", so Koethner Kaul.

Die Bearbeitung soll Peter Bogdanovich übernehmen, der auch eine Dokumentation zum "Making of" produzieren will. Für die Musik wurde der französische Komponist und Oscar-Preisträger Michel Legrand gewonnen, für den Schnitt soll der ebenfalls oscar-gekürte italienische Cutter Pietro Scalia verantwortlich zeichnen. "Wir danken allen, die dazu beitragen, dieses Meisterwerk doch noch zu zeigen", sagt Koethner. "Die Kunst ist ewig, das Leben kurz."

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