Initiative gegen Einsamkeit Niederländischer Supermarkt führt Plauderkassen ein

Vlijmen · Der Einkauf im Supermarkt bedeutet für viele Menschen Hektik. Ein niederländischer Supermarkt hat nun einen Gegenentwurf gestartet und eine Plauderkasse für einsame Menschen eingeführt.

 Im niederländischen Supermarkt „Jumbo“ nimmt sich die Kassiererin an der Plauderkasse Zeit für ihre Kunden.

Im niederländischen Supermarkt „Jumbo“ nimmt sich die Kassiererin an der Plauderkasse Zeit für ihre Kunden.

Foto: Jumbo Vlijmen

Einkaufswagen in zu engen Gängen, lange Wartezeiten an der Kasse, laute Werbemusik und Stress beim Einpacken: Ein Einkauf im Supermarkt bedeutet für die meisten Menschen Hektik, denn Zeit ist bekanntlich Geld. Nicht so in einem Supermarkt im niederländischen Vlijmen: Die Supermarktkette „Jumbo“ hat seit Juli in ihrer Filiale in Vlijmen eine „Kletskasse“, eine „Plauderkasse“, eingeführt, an der es nicht um schnelle Abfertigung, sondern um das Tratschen geht. Die Kunden können sich gezielt an dieser Kasse Zeit mit ihrem Einkauf lassen. „Wir möchten, dass das Einkaufen Spaß macht“, erklärt Dick de Fijter, Niederlassungsleiter von Jumbo Vlijmen.

Neben der Plauderkasse hat der Supermarkt gemeinsam mit der niederländischen Stiftung „Alles Voor Mekaar“ (deutsch für „Alles für einander“) einen „Kaffeeklatsch“ eingeführt. Hier nehmen sich Freiwillige der Stiftung Zeit, um sich mit redefreudigen Menschen zu unterhalten. „Wir fühlen uns unserer Umwelt verpflichtet und wollen ein guter Nachbar sein. Unsere Filialmitarbeiter kennen die Kunden und nehmen regelmäßig Anzeichen von Einsamkeit im Geschäft wahr“, berichtet Colette Cloosterman-van Eerd, die Verantwortliche für Kundenangelegenheiten bei Jumbo. Durch den Kaffeeklatsch kämen einsame Senioren aus der Nachbarschaft mit den Freiwilligen zusammen, die ihnen auch beim Einkaufen oder im Haushalt helfen können.

Auch deutsche Senioren sind einsam

Die Initiative könnte ein Vorbild für deutsche Supermärkte sein: So sind hierzulande 9,1 Prozent der in Privathaushalten lebenden Menschen im Alter von 40 bis 89 Jahren von Einsamkeit betroffen, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervorgeht. 7,9 Prozent sind demnach sozial isoliert - bei den Menschen zwischen 85 und 89 Jahren steigt der Anteil sogar auf 14,7 Prozent. Die Regierung stützt sich auf Daten des Deutschen Alterssurveys, einer vom Bundesfamilienministerium geförderten Studie.

Bei „Sozialer Isolation“ und „Einsamkeit“ handelt es sich um unterschiedliche Phänomene. Als sozial isoliert gelten Menschen, die viel Zeit allein verbringen und wenig Kontakt mit anderen Personen haben. Als einsam gilt man, wenn die Beziehungen, die man pflegt, nicht den eigenen Bedürfnissen nach Zugehörigkeit und Geborgenheit entsprechen. Es geht hierbei also eher um das persönliche Empfinden.

In Vlijmen kam die Idee bei den Kunden jedenfalls gut an. „Alles Voor Mekaar“ sagt, dass sie eine Inspiration für andere Kommunen sein wollen. Auch die Supermarktkette „Jumbo“ ist laut eigenen Aussagen offen für weitere Initiativen im ganzen Land, welche den lokalen Bedürfnissen der Kunden gerecht werden sollen.

(Mit Material von dpa)
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