Neuer Dombaumeister beginnt in Speyer

Speyer · Große Stilbrüche oder schrille Bauteile sind hier tabu: Der fast tausend Jahre alte Speyerer Dom ist ein Touristenmagnet. Um das weltberühmte Bauwerk zu erhalten, muss hinter den Kulissen pausenlos gewerkelt werden.

 Mario Colletto, neuer Dombaumeister in Speyer, hat sich viel vorgenommen. Foto: Uwe Anspach

Mario Colletto, neuer Dombaumeister in Speyer, hat sich viel vorgenommen. Foto: Uwe Anspach

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"Zu tun gibt es hier immer etwas", sagt Mario Colletto. Der 57-Jährige steht im Speyerer Dom, für dessen Erhalt er ab Januar als neuer Dombaumeister verantwortlich ist. Die Insignien seiner Macht hält er bereits fest in der Hand: Ein Bund mit mindestens einem Dutzend Schlüsseln, die er braucht, um auch den entlegensten Winkel in dem riesigen, vor mehr als 950 Jahren geweihten Kirchenbau erreichen zu können.

Gerade erst wurden neue Türen eingesetzt, um den Dom auch für Rollstuhlfahrer leicht zugänglich zu machen. Colletto zeigt auf einen meterhohen Windfang aus Glas, der sich automatisch öffnen soll. Zumindest ist es so gedacht, doch einer der Schließmechanismen hat Startschwierigkeiten. Mit seinem Handy ruft der neue Dombaumeister ein paar Handwerker zu Hilfe, um das Problem zu beheben.

Die neuen Seiteneingänge wirken schlicht, und das sollen sie auch: Sie wurden sorgfältig in das Gesamtkonzept eingepasst. Denn große Stilbrüche und schrille Neuerungen sind in dem altehrwürdigen, zum Weltkulturerbe gehörenden Kirchenschiff tabu. Es gehe um Gleichförmigkeit und Demut, nicht um Individualität und Selbstdarstellung, sagt Colletto. Er ist Architekt und war bisher schon stellvertretender Dombaumeister. Sein Vorgänger war fast 20 Jahre im Amt.

Der Speyerer Dom ist mit seinen 134 Metern Länge und 33 Metern Höhe die größte erhaltene romanische Kathedrale der Welt. Architektonisch steckt sie voller Besonderheiten, wie der Marburger Experte für Kirchenbau Horst Schwebel sagt - von der Form der Rundbögen bis zur meisterhaften Bearbeitung der einzelnen Steine. Dazu kommen die immensen Ausmaße: "Für die Menschen damals war er ein Weltwunder", sagt Schwebel.

Die riesigen Dimensionen seien bis heute eine Herausforderung, sagt der neue Dombaumeister Colletto, der seit mehr als zehn Jahren im Bistum arbeitet. Dazu kommt die lange Geschichte des Doms: "Nichts, was wir hier machen, darf das Gefühl vermitteln, es sei neu oder gehöre nicht hierher. Alles muss aussehen, als sei es schon immer hier gewesen."

Was Andere abschrecken würde, ist für ihn faszinierend: Dass er an einem bereits mehr als 950 Jahre alten Konzept mitarbeiten kann. "Man muss eine Beziehung zu dem Gebäude aufbauen, und zwar nicht so sehr zu den Steinen, sondern zu den Menschen, die hier seit dem Baubeginn im elften Jahrhundert gearbeitet haben." Zur Kirche sei er gekommen, weil ihm als selbstständiger Architekt etwas gefehlt habe bei seiner Arbeit, eine innere Befriedigung, die er nun gefunden habe.

Nächstes großes Projekt wird ein neues Besucherzentrum gegenüber der Kathedrale sein. Im Februar sollen die Planungen beginnen. Wichtig sei ihm, dass es dort nicht einfach um den Dom als Anschauungsobjekt für Touristen gehe, sagt Colletto: "Kirchen sind nicht nur Denkmäler für die Menschen, sondern auch Gotteshäuser. Wir wollen den Menschen ein Angebot machen, damit sie sich auch mit ihrem Glauben auseinandersetzen können."

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Speyerer Dom

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