Kultur in der britischen Hauptstadt London ist die Hauptstadt des Musicals

London · Im Londoner West End kann man mittlerweile aus 40 unterschiedlichen Shows pro Abend wählen. Die Musicalfans kommen hier wie fast nirgendwo sonst auf ihre Kosten.

 Gegensätze ziehen sich an: Die Hexen Glinda und Elphaba.

Gegensätze ziehen sich an: Die Hexen Glinda und Elphaba.

Foto: GA/Crockett

Der Zauber wirkt auch zum fünften Mal in dieser Woche. Jener der grünhäutigen Hexe Elphaba, die, begleitet durch spektakuläre Lichteffekte und eindrückliche Musik, abhebt. Genauso entfaltet sich die Magie der Freundschaft im Publikum, als sie und die schöne, beliebte Glinda sich in der Zauberkunst-Universität kennenlernen und zu Freundinnen werden. Und der Reiz springt ebenfalls über, als sich später Glinda in die gute Hexe verwandelt und die als böse Hexe des Westens präsentierte Elphaba durch die Märchenwelt Oz reist und außergewöhnliche Abenteuer erlebt. Wie immer belohnen mehr als 2000 Zuschauer die Darsteller des Musicals „Wicked – Die Hexen von Oz“ am Ende mit Ovationen.

Singende Hexen als neuer Höhepunkt

Die Inszenierung im Londoner Apollo Victoria Theatre, basierend auf der im Jahr 1900 vom US-Autor L. Frank Baum veröffentlichten Geschichte des Wizard of Oz, ist einer der größten Musical-Erfolge aller Zeiten – sowohl weltweit als auch in der britischen Metropole. Zehn Millionen Menschen haben das seit 2006 in London aufgeführte Stück bereits gesehen, drei Mal wurde es von Besuchern zur „besten West-End-Show“ gewählt. Die Produktion gehört zu den am längsten laufenden und reiht sich damit in die lange Liste der Hit-Musicals ein, die London seit Jahrzehnten beherbergt. Und die dazu beitragen, dass die Metropole unangefochten Europas Musical-Hauptstadt ist.

„Les Misérables“, „Der König der Löwen“, „Das Phantom der Oper“, „Mamma Mia“, „Matilda“ oder „The Book of Mormon“ – zu den laufenden Musicals in London gehören Klassiker wie auch neue Inszenierungen. 20 bis 30 große Shows starten pro Jahr, es handele sich um „einen sich ständig weiter entwickelnden Markt“, sagt Michael McCabe begeistert.

Der Brite ist der Chef-Produzent von „Wicked“ und arbeitet gerade an der Inszenierung „Der Prinz von Ägypten“, die kommendes Jahr in London auf die Bühne kommen soll. Natürlich gehe es stets um Unterhaltung, um eine Flucht aus dem Alltag und um große Emotionen, die Musicals auslösen. Dabei sei die „neue Energie“ der frischen Shows neben den etablierten Stücken für die Szene im West End notwendig. Auch um sich die Reputation zu erhalten – und diese reicht weit zurück.

Als das Volksvergnügen illegal wurde

„Londons Geschichte ist so durchdrungen vom Theater“, so McCabe über die Besonderheit der Metropole. „Es ist zu einem Teil unserer Kultur geworden.“ Schon zu Zeiten von Königin Elizabeth I. herrschte eine außergewöhnliche Theaterbegeisterung, ausgelöst durch William Shakespeare, der mit dem Globe Theatre, wo der Schriftsteller Stücke auf die Bühne brachte und selbst als Schauspieler auftrat, das moderne Theater erfunden hat.

Doch das allgemeine Volksvergnügen wurde jäh gestoppt, als Mitte des 17. Jahrhunderts Entertainment für einige Zeit illegal in London wurde. So verboten die Puritaner, über die sich das Theater in Form der scheinheiligen Streber gerne lustig machte, 1642 das Aufführen von Massen unterhaltenden Stücken. Zwar hatte es bereits zuvor theaterlose Zeiten gegeben, doch diese Pausen waren meistens Katastrophen wie der Pest geschuldet. Nun sollte das Verbot 17 Jahre andauern. Erst mit der Rückkehr der Monarchie 1660 kamen auch die Schauspieler wieder auf die Bühnen.

Heute reiht sich im West End im Stadtteil Soho neben Restaurants, Bars und Pubs ein Theaterhaus an das nächste, stets tummeln sich Massen von Menschen durch die Straßen und Gassen. Und etliche der geschichtsträchtigen Gebäude sind so berühmt wie die Stücke, die in ihnen aufgeführt werden, wie etwa das Theatre Royal Drury Lane, das London Palladium oder das Adelphi, das bereits 1806 eröffnete und heute das Musical „Waitress“ beherbergt. „Die Menschen lieben es, nicht nur die Show zu sehen, sondern auch in solch einer Umgebung zu sein“, sagt Michael McCabe.

Das Einzigartige an London ist seiner Meinung nach die Vielfalt der Inszenierungen – romantisch oder tragisch, skurril oder lustig. Besucher können unter rund 40 Shows pro Abend wählen. In manche Häuser zu schreiten, sei „ein äußerst magisches Erlebnis”, sagt McCabe.

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