Missbrauchsvorwürfe gegen deutschen Magier Jan Rouven erklärt sich für „nicht schuldig“

Washington · Der Frechener Zauberer Jan Rouven bestreitet, Kinderpornografie besessen zu haben. Der Ehemann des in Las Vegas lebenden Deutschen nimmt sich einen eigenen Anwalt.

In seiner Show „New Illusions“, die bis vor Kurzem im berühmten „Tropicana“ in Las Vegas lief, befreite sich Jan Rouven wie ein Houdini im Handumdrehen aus Zwangsjacken, vernagelten Kisten und mit Ketten verschlossenen Wassertanks. Die Fußfesseln, die der gebürtige Rheinländer am Mittwoch vor Richter Bill Hoffmann trug, waren für den Entfesselungskünstler dagegen nicht zu öffnen. Der 38-Jährige, bis vor wenigen Wochen in der Glitzer-Metropole Nevadas der einzige erfolgreiche Deutsche im Geschäft der großen Magier von David Copperfield und Criss Angel, muss sich wegen eines Vorwurfs vor der Justiz verantworten, der ihm im Falle einer Verurteilung bis zu 20 Jahre Haft einbringen kann. Er soll Kinderpornografie „besessen, empfangen, verteilt und beworben“ haben, wie es offiziell heißt. Bei der Anklageverlesung erklärte sich der mit seinem Manager Frank Alfter verheiratete Frechener in allen Punkten für „nicht schuldig“. Ab 6. Juni erwartet ihn der Prozess.

Nach Gerichtsunterlagen begannen die Ermittlungen im vergangenen Sommer. Ein verdeckter Ermittler der Bundespolizei FBI aus Buffalo/New York soll einen Internet-Ring unterwandert haben, in dem Kinderpornos getauscht wurden. Einige der Dateien seien auf Rouven zurückverfolgt worden, der sich den Tarnnamen Lars Schmidt („Lars45“) gegeben habe. Das Material soll Sex mit Männern und kleinen Jungen gezeigt haben. Einige seien maximal vier Jahre alt gewesen. Im Januar durchsuchten Fahnder mit richterlicher Genehmigung die Villa Rouvens vor den Toren von Las Vegas und beschlagnahmten Computer und Festplatten. Darauf seien 3235 Videos und 105 Fotos mit kinderpornografischem Inhalt gefunden worden. Für Nachfragen standen weder das FBI noch die zuständige Staatsanwaltschaft zur Verfügung.

Die Version von Rouvens Anwalt Jess Marchese geht anders: In der weitläufigen Villa Rouvens, die diese Zeitung Ende 2014 zum Interview besuchte, seien viele Gäste regelmäßig ein- und ausgegangen. „Sie kannten das Passwort zum Wifi-Netz“, sagte der Strafverteidiger, „es war nicht Jan, der mit Kinderpornografie zu tun hatte.“ Indiz dafür sei, dass die Festplatte mit einschlägigen Fotos und Filmen draußen auf der Straße gefunden worden sei. Mit Unterstützung eines weiteren Anwalts, eines Privatdetektivs und eines Computerexperten, so Marchese, werde man die Unschuld Rouvens beweisen. „Wir sind gut gewappnet.“

In US-Medien kolportierte Aussagen von Rouvens Ehemann und Manager Frank Alfter, der sich gegenüber dem FBI darüber ausgelassen haben soll, dass Jan Rouven „24 Stunden am Tag“ Pornos schaue, seien „aus dem Kontext gerissen worden“. Marchese bestreitet nicht, dass Rouven häufiger Pornos konsumierte. „Für und mit Erwachsenen. Das ist nicht illegal.“ Was Alfter dazu meint, ist nicht zu erfahren. Der Mittfünfziger, der früher in Deutschland bei den „Magic Orwellis“ zauberte, der Rouven als Knirps bei einem Straßenfest in Kerpen-Horrem bei Bonn entdeckte und unter seine Schwingen nahm, geht nicht ans Telefon und lässt sich von einem eigenen Anwalt vertreten.

Ein Grund für die Zurückhaltung dürfte sein, dass die Karriere des Unterhaltungskünstlers, der vor seinem Sprung nach Amerika im Jahr 2011 in Freizeitparks wie Bottrop-Kirchhellen, Varietés wie dem GOP in Hannover und auf Kreuzfahrtschiffen aufgetreten war, in Trümmern liegt. Das 1100 Sitze bietende „Tropicana“, in das Rouven und Alfter erst Ende 2014 aus einem kleineren Veranstaltungssaal umgezogen waren, hat nach der Verhaftung am 14. März sämtliche Verträge mit dem Deutschen gekündigt und die Show abgesetzt. Knapp 40 Menschen, die in und für Rouvens Show arbeiteten, verloren über Nacht ihren Job. „Um die tut es Jan besonders leid“, sagt Anwalt Marchese.

Rouven ist nicht irgendwer in Vegas. Vor zwei Jahren wählte ihn die Zauberervereinigung „International Magicians Society“ zum Künstler des Jahres. Rouven und Alfter sind mit dem legendären Duo Siegfried & Roy befreundet. Rouvens Show, kein seelenloses Ingenieurswerk, 120 Dollar die Karte, fand vor allem deshalb Anklang, weil seine jugendliche Lockerheit gepaart mit rheinischem Singsang-Akzent aus dem Katalog der uniformierten Shows in der Spielerstadt herausstach.

Marchese und Alfter dürfen den Angeklagten zweimal in der Woche in der Justizvollzugsanstalt Henderson 30 Meilen vor Las Vegas besuchen. „Jan geht es den Umständen entsprechend. Sein Spirit ist aber gut. Er weiß, dass er unschuldig ist“, sagte Marchese. Ob Rouven bis zum Beginn des Prozesses in Haft bleiben muss, entscheidet sich am 19. April. Sein Anwalt will Bezirksrichterin Gloria Navarro dann erklären, warum bei seinem Mandanten kein Grund zur Sorge besteht, wenn man ihn auf freien Fuß setzt: „Wer unschuldig ist, der flieht nicht.“

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