Die Hauptstadt der Taschendiebe Immer mehr Diebstähle an Touristen in Paris

Paris · In der französischen Hauptstadt nehmen Taschendiebstähle an belebten Plätzen und in der Metro kontinuierlich zu. Insbesondere Touristen werden häufig zum Opfer skrupelloser Banden.

Jeder Paris-Tourist kennt diese Durchsage in der Metro. „Es sind Taschendiebe unterwegs. Bitte achten Sie auf ihre Wertsachen.“ Vor allem in den Stationen am Eifelturm, dem Louvre oder Pigalle werden die Besucher gewarnt – auch weil in diesen Monaten die Zahl der Diebstähle nach Angaben der Polizei um über 30 Prozent in die Höhe geschnellt ist. Im Jahr 2017 wurden noch rund 750.000 Anzeigen gezählt, über 2000 Verdächtige wurden vorübergehend festgenommen, 1500 kamen in Haft. 2018 war, trotz verstärkter Videoüberwachung, ein erneuter Anstieg zu verzeichnen, doch in den ersten Monaten dieses Jahres scheint die Lage dramatisch.

Als Grund nennen die Verantwortlichen der Nahverkehrsbetriebe RATP in Paris, dass immer mehr Taschendiebe sehr systematisch auf Beutezüge gehen würden. Beobachtet werden häufig junge Mädchen, die in kleinen Gruppen von bis zu zehn Personen unterwegs sind. Ihre bevorzugten Opfer: unbedarfte Touristen. Die werden von ihnen abgelenkt und dann bestohlen. Die Polizei rät davon ab, die „Pickpockets“ zu verfolgen, da manche von ihnen mit Messern bewaffnet seien oder auch Reizgas bei sich trügen. Gelegenheit für Diebstähle gibt es in Paris für die Banden genug. Jedes Jahr besuchen rund 50 Millionen Menschen die französische Hauptstadt, von denen fast alle die Metro benutzen.

Ein weiterer Grund für den Anstieg seien die Demonstrationen der sogenannten Gelbwesten in Paris, beklagen die Angestellten der Verkehrsbetriebe. Seit Monaten habe das Sicherheitspersonal jeden Samstag während der Proteste alle Hände voll zu tun, die Demonstranten zu beobachten. In dieser Zeit könne man sich nicht auch noch um die Taschendiebe kümmern.

Valérie Pécresse, die Präsidentin der Pariser Region Ile-de-France, fordert die Behörden angesichts des steilen Anstiegs der Delikte auf, hart durchzugreifen. Sie will, dass für Wiederholungstäter in der Metro Platzverweise ausgesprochen werden. „Wenn ein Taschendieb vor Gericht gestanden hat“, sagt sie, dann dürfe er einfach nicht mehr die Bahnhöfe betreten. Damit lässt Valérie Pécresse allerdings ein zentrales Problem außer Acht. Die meisten der Taschendiebe sind noch Kinder. Wenn sie von den Sicherheitskräften geschnappt werden, müssen sie sofort wieder auf freien Fuß gesetzt werden.

Auch werden viele Delikte gar nicht zur Anzeige gebracht. Zwar haben die Nahverkehrsbetriebe RATP an einigen Metrostationen extra Stellen eingerichtet, wo Touristen einen Diebstahl melden können. Oft aber verzichten die Besucher dann doch darauf, die Sache weiter zu verfolgen, weil sie keine Lust haben, ihren knapp bemessenen Urlaub auf einer Polizeiwache zu verbringen. Allerdings bekommen die Besucher an diesen Meldestellen eine Bestätigung ausgehändigt, die sie zum Beispiel zur Vorlage bei einer Versicherung benötigen oder um bei der Botschaft einen neuen Pass zu beantragen, wenn der gestohlen wurde.

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