Pädophilie-Vorwurf Schriftsteller Gabriel Matzneff soll Minderjährige vergewaltigt haben

Paris · Dem französischen Schriftsteller Gabriel Matzneff wird Pädophilie vorgeworfen. Die Staatsanwaltschat geht nun mit einem ungewöhnlichen Aufruf an die Öffentlichkeit.

Alle Opfer sollen eine Stimme bekommen. Der französische Schriftsteller Gabriel Matzneff ist Anfang Januar ins Visier der Justiz geraten. Der Vorwurf: Pädophilie. Nun lanciert die Staatsanwaltschaft in Paris einen ungewöhnlichen Appell, dass sich im Zuge der laufenden Ermittlungen weitere Zeugen melden sollen. „Man muss sehen, ob es noch andere Opfer gibt, keiner soll vergessen werden“, begründete der Staatsanwalt Rémy Heitz am Dienstag in einem Interview mit dem Sender „Europe 1“ den Aufruf. Der Vorwurf gegen Matzneff lautet, Vergewaltigung von Minderjährigen unter 15 Jahren.

Den Stein ins Rollen gebracht hat Vanessa Springora. Die heute 47-Jährige Verlagsleiterin hat in ihrem Buch „Le Consentement“ (Die Einwilligung) sehr ausführlich beschrieben, wie sie als 13-Jährige von dem damals 50 Jahre alte Schriftsteller verführt worden sei. Er habe regelmäßig vor ihrer Schule auf sie gewartet, um dann in seiner Wohnung oder einem Hotel mit ihr zu schlafen.

Die Ermittler gehen allerdings davon aus, dass sich Matzneff auch an anderen Kindern und Jugendlichen vergangen haben könnte. Über die von Vanessa Springora beschriebenen Fälle hinaus, bemühe sich die Justiz alle anderen möglichen Opfer im In- oder Ausland zu identifizieren, betonte Staatsanwalt Rémy Heitz.

Fälle in Asien einbezogen

In die Ermittlungen einbezogen werden offensichtlich auch einige Fälle von Pädophilie in Asien, die der französische Schriftsteller eingeräumt hat und über die er sein Bedauern geäußert hat. Ein Erwachsener müsse „der Versuchung widerstehen“, sagte Matzneff. Im selben Atemzug relativierte er allerdings seine Reue. „Ich muss sagen, dass damals keiner an das Gesetz gedacht hat.“ Man habe mit den Kindern unerlaubte Dinge getan, an denen sich vor 40 Jahren im Grunde keiner gestört habe.

Was die Beziehung zu Vanessa Springora angeht, sieht sich der Schriftsteller allerdings als Opfer einer Intrige. Ihr Ziel sei es, ihn zu zerstören und „als Perversen, Manipulator, Raubtier und Schuft“ darzustellen. Er selbst bezeichnet das Verhältnis zu dem damals jungen Mädchen als eine der großen Lieben seines Lebens.

Vanessa Springora Vorwürfe richten sich allerdings nicht nur gegen Gabriel Matzneff. In ihrem Buch prangert sie die Verlogenheit der Gesellschaft an, weil der Kulturbetrieb über Jahrzehnte wusste, dass der gefeierte Künstler pädophil ist und seine Neigung schamlos auslebte – es damit sogar zu literarischem Ruhm gebracht hat.

Grundlegende Reform der Gesetze geforder

Im Zuge der Ermittlungen gegen den Schriftsteller fordern Aktivisten eine grundlegende Reform der Gesetze in Frankreich. Nach ihrer Darstellung machen es zahlreiche Schlupflöcher noch immer möglich, dass Vergewaltiger von Kindern straflos davonkommen, wenn nicht bewiesen werden kann, dass die Opfer zum Sex gezwungen wurden.

Der heute 83 Jahre alte Gabriel Matzneff wertet solche Vorstöße allerdings als Hexenjagd. Er selbst fühlt sich nach eigenen Worten wie in der „Sowjetunion“, Künstler würden verfolgt und ihn selbst würde man am liebsten im „Gulag“ sehen. Damit spielt Matzneff auf die #metoo-Bewegung an, die jenen Frauen eine Stimme gegeben hat, die Opfer von sexueller Belästigungen und Gewalt geworden sind.

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