Unesco reagierte schon letztes Jahr Erneut antisemitische Motive bei belgischem Karnevalsumzug

Aalst · Seit 600 Jahren gibt es den Karnevalsumzug in Aalst, seit 2010 war er Unesco-Weltkulturerbe. Im letzten Jahr wurde er nach Kontroversen um antisemitische Festwagen davon gestrichen. Dennoch wiederholt sich die Geschichte.

 Mitglieder der Gruppe «De Kalisjekloesjers» haben sich bei einem Karnevalsumzug als orthodoxe Juden verkleidet. Die Gruppe verneint, dass die Kostüme einen antisemitischen Hintergrund haben.

Mitglieder der Gruppe «De Kalisjekloesjers» haben sich bei einem Karnevalsumzug als orthodoxe Juden verkleidet. Die Gruppe verneint, dass die Kostüme einen antisemitischen Hintergrund haben.

Foto: dpa/James Arthur Gekiere

Der Straßenkarneval im belgischen Aalst ist am Sonntag gestartet und ungeachtet israelischen Protests gegen antisemitische Darstellungen dabei. Zu sehen waren unter anderem Karikaturen orthodoxer Juden, zwischen denen Goldbarren liegen, sowie als orthodoxe Juden verkleidete Teilnehmer. Schon im vergangenen Jahr gab es Kritik an der traditionellen Parade, nachdem auf Umzugswagen judenfeindlichen Klischees abgebildet waren, wie etwa auf Geldsäcken sitzende Männer mit Schläfenlocken und Hakennasen.

Der Bürgermeister des belgischen Aalst, Christoph D'Haese, hat den Karnevalsumzug in seiner Stadt gegen Antisemitismus-Vorwürfe verteidigt. "Dies ist keine antisemitische Parade, Aalst ist keine antisemitische Stadt", sagte der Vertreter der flämisch-nationalistischen Partei N-VA vor Beginn der Parade am Sonntag. Wegen judenfeindlicher Figuren hatte die Unesco den Aalster Karneval vergangenes Jahr in einem beispiellosen Schritt von der Liste des Immateriellen Weltkulturerbes gestrichen.

Aalst wegen Antisemitismus von Unesco-Weltkulturerbeliste gestrichen

"Lasst Aalst Aalst sein", forderte D'Haese vor Journalisten. In seiner Stadt werde "über alles gelacht: die Königsfamilie, den Brexit, die lokale und nationale Politik - und über alle Religionen: den Islam, das Judentum und den Katholizismus", sagte D'Haese. Ziel sei es nicht, "irgendjemanden zu verletzen".

Die Kontroverse um den 600 Jahre alten Aalster Karneval, der seit 2010 auf der Unesco-Liste stand, war im März vergangenen Jahres entbrannt. Auf einem Festwagen waren damals orthodoxe Juden mit Hakennasen auf Geldsäcken stehend und von Ratten umgeben dargestellt worden. Das judenfeindliche Motiv hatte Kritik der EU und jüdischer Organisationen ausgelöst.

Aalst: Verbot des Umzugs gefordert

Im Vorfeld des diesjährigen Karnevalsumzugs hatten jüdische Organisationen sowie der israelische Botschafter in Belgien, Emmanuel Nahschon, die Befürchtung geäußert, dass bei der Parade erneut "antisemitische Klischees" verbreitet werden könnten. Der israelische Außenminister Israel Katz hatte sogar ein Verbot des "hasserfüllten" Umzugs gefordert.

Diese Forderung wies D'Haese als "unverhältnismäßig" zurück. Er forderte stattdessen, "den Kontext" der Veranstaltung zu berücksichtigen. Es gehöre zum "Ritual der Grenzüberschreitung" beim Aalster Karneval, dass über alles und jeden gelacht werden dürfe.

(dpa/AFP)
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