Britisches Königshaus Erinnerungsbuch an Queen Victoria wird versteigert

Berlin · Nach ihr ist das Viktorianische Zeitalter benannt. Queen Victoria prägte eine ganze Epoche. Ein Erinnerungsbuch an ihre Kindheit kommt jetzt in Berlin unter den Hammer.

 Das Album wurde zwischen 1820 und 1841 angelegt und enthält Erinnerungsstücke der jungen Queen Victoria.

Das Album wurde zwischen 1820 und 1841 angelegt und enthält Erinnerungsstücke der jungen Queen Victoria.

Foto: Gregor Fischer

Sie ging als "Großmutter Europas" in die Geschichte ein: Mit einer Regierungszeit von 63 Jahren beherrschte Queen Victoria das britische Empire so lange wie kein Monarch vor ihr. Das Königreich wurde mächtig wie nie.

Durch viele geschickt eingefädelte Ehen ihrer 40 Enkel und 88 Urenkel schuf sie in ganz Europa ein dichtes Netz verwandter Fürstenthrone.

Einen ungewöhnlichen Einblick in die Kinderjahre der legendären "Witwe von Windsor" gibt das Erinnerungsbuch, das ihre deutsche Gouvernante Freiin Louise von Lehzen in den Jahren bei Hof anlegte. Es enthält Haarlocken der kleinen Victoria, die Stoffe ihres Brautkleides, Fotografien, Zeichnungen und Briefe. Das Berliner Auktionshaus Grisebach bietet das Album am Donnerstag (30. November) zu einem Schätzpreis von 30 000 bis 40 000 Euro an.

"Es ist ein einzigartiges und berührendes Dokument aus der Kindheit von Queen Victoria", sagte der Chef der Grisebach-Abteilung Orangerie, Stefan Körner, der Deutschen Presse-Agentur. "Deshalb ist es der abschließende Höhepunkt unserer Auktion von besonderen Objekten."

Die Baronesse von Lehzen, Tochter eines protestantischen Pfarrers aus Hannover, wurde 1824 die Erzieherin der damals fünfjährigen Victoria. Zwischen beiden entwickelte sich dem Auktionskatalog zufolge über die Jahre ein enges, persönliches Vertrauensverhältnis. Mit 16 notierte die Prinzessin über ihre Nanny: "Sie ist die gütigste, ergebenste, anhänglichste und selbstloseste Freundin, die ich habe, und ich liebe sie tief."

Immer wieder lässt Victoria ihrer Ziehmutter kleine Liebesbeweise zukommen. Auch das 20-seitige Erinnerungsbuch dürfte dazugehören. Es ist in rotes Maroquinleder gebunden und trägt auf dem Buchdeckel die goldgeprägten Initialen der "Victoria Regina". Im Inneren sind liebevoll, aber ohne eine erkennbare Ordnung unterschiedlichste Memorabilien eingeklebt - etwa ein seidenes Haarbüschelchen von Baby Victoria und kräftigere rehbraune Strähnen vom jungen Mädchen.

Eine ganze Seite ist der Hochzeit der Queen mit ihrem Cousin, Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha gewidmet, den sie - für damalige Zeiten nicht unbedingt üblich - 1840 aus Liebe heiratete. Mit hellblauen Klebeband befestigt, finden sich die Seide des Brautkleids, ein Stück der rosendurchwirkten Schärpe und ein Zweig Orangenblüten, die das Kleid schmückten.

Kleine Tusch- und Bleistiftzeichnungen von Victoria erinnern an ihre eigene Krönung, ihren Wohnsitz Kensington Palace oder eine schöne Nachbarin im Theater. Daneben stehen Fotos mit handschriftlichen Notizen der Königin und ein Briefumschlag, den der berühmte Forscher Alexander von Humboldt "An Baroness Louise von Lehzen, Hochwohlgeboren/zu Bückeberg" adressierte.

1842 war es mit der Nähe der beiden Frauen vorbei. Dem Ehegatten Prinz Albert missfiel das enge freundschaftliche Verhältnis. Die Baroness wurde mit einer stattlichen jährlichen Apanage von 800 Pfund per Kutsche zurück nach Deutschland geschickt. Die Queen blieb ihr trotzdem zeitlebens verbunden. Nach deren Tod stiftete sie der Gouvernante einen prachtvollen Grabstein im niedersächsischen Residenzstädtchen Bückeburg.

Das Erinnerungsalbum war laut Auktionschef Körner seither in der Hand der Familie, die es "wie einen Schatz hütete". Erst 2001 wechselte es den Besitzer - dem britischen "Guardian" zufolge nach einem Wettstreit zwischen zwei Bietern, die mit den eingeklebten Haarlocken ihre Verwandtschaft mit dem Königshaus nachweisen wollten. Letztlich landete es jedoch in einer Privatsammlung in Bayern.

Bei Grisebach sähe man es nicht ungern, ginge das Album bei der Auktion jetzt nach Großbritannien zurück. Genug Interessenten dürfte es geben. Selbst die amtierende Queen und ihr Ehemann Prinz Philip sind Ururenkel von Victoria.

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