Konzerthaus in Bochum Ein Orchester bekommt ein Zuhause

BOCHUM · Opel ist weg, und auch sonst geht es Bochum finanziell nicht sehr gut. Man kennt sich aus in der Ruhrgebietsstadt mit Haushaltssicherungskonzept und drohendem Nothaushalt. Dennoch entsteht in der Viktoria-straße im Herzen der Stadt derzeit für 34 Millionen Euro ein funkelnagelneues Konzerthaus.

 Die Marienkriche wird in den dreiteiligen Komplex Musikzentrum integriert.

Die Marienkriche wird in den dreiteiligen Komplex Musikzentrum integriert.

Foto: Bez und Kock

Warum aber baut eine mit 360 000 Einwohnern eher mittelgroße, dazu noch finanziell klamme Stadt ein Konzerthaus, wenn man von der Baustelle nur 22 Kilometer bis zum Konzerthaus Dortmund zurücklegen muss und zur Essener Philharmonie gar nur 18 Kilometer?

Nun, in Bochum wird es, anders als in Dortmund und Essen, keinen Gastspielbetrieb geben. Das neue Haus soll Heimstatt für die Bochumer Symphoniker werden, die bislang ein Orchester ohne eigenes Zuhause sind. Man spielt im Schauspielhaus, im Kunstmuseum oder auch in den Konzerthäusern der benachbarten Städte.

Während der Ruhrtriennale gibt's auch schon mal Einsätze in der Bochumer Jahrhunderthalle. Für Steven Sloane, seit mehr als 20 Jahren Chefdirigent der Symphoniker, ein nicht tragbarer Zustand. Deshalb hat er sich viele Jahre lang massiv für ein Konzerthaus engagiert. "Wir sind wie ein Pferd, das losrennen will, und immer wieder zurückgehalten wird", sagte er einmal.

Jetzt darf Sloane sich darauf freuen, die Pferdchen bald nach Herzenslust laufen zu lassen. Knapp unter 1000 Plätze stehen im Saal zur Verfügung, deutlich weniger also als in Häusern wie Köln (2000 Plätze), Dortmund (1500 Plätze) oder dem geplanten Festspielhaus in Bonn, das ebenfalls 1500 Plätze erhalten soll.

Der vom Stuttgarter Architekturbüro Bez+Kock geplante Komplex besteht aus drei Elementen. Größte Baueinheit ist das eigentliche Konzerthaus mit einem Konzertsaal nach dem vor allem akustisch bewährten Schuhkarton-Prinzip. In die Konzerthaus-Infrastruktur integriert ist die säkularisierte ehemals katholische Marienkirche in der Mitte als Foyer und möglicher Kammermusiksaal für 200 bis 400 Plätze - die gerade restaurierte Kirchenglocke wird als Pausenzeichen neue Verwendung finden.

Auf der anderen Seite der Kirche entsteht schließlich ein Trakt, von dem vor allem die Musikschule profitiert. Hier sollen Schüler und Ensembles der Musikschule geeignete Auftrittsmöglichkeiten finden. Die Kapazität des kleinen Trakts liegt bei 300 Zuhörerplätzen. "Alles ist streng auf Funktionalität ausgerichtet, wir werden null Luxus in dem Gebäude haben", sagte Bochums Kulturdezernent Michael Townsend vor Baubeginn.

Die Finanzierung des Projektes stand lange auf wackeligen Beinen. Die Mitnutzung durch die Musikschule und der Erhalt der Marienkirche waren letztlich ausschlaggebend für die Umsetzung des Finanzierungskonzepts. Das Land Nordrhein-Westfalen bewilligte 9,53 Millionen Euro für den Umbau der Marienkirche, 6,5 Millionen Euro fließen aus dem EU-Programm des Landes und eine halbe Million schießt NRW noch aus seinem Kulturetat dazu.

Die Stadt Bochum wollte sich an den Baukosten ursprünglich mit 2,4 Millionen Euro beteiligen, wird nun aber nun auch den nachträglich beschlossenen Bau des 1,1 Millionen Euro teuren Verwaltungsbaus mitfinanzieren müssen.

Der Löwenanteil von 14 Millionen Euro kommt über die Stiftung Bochumer Symphonie, Spenden und Sponsoring zusammen. Allein ein Benefizkonzert von Herbert Grönemeyer brachte etwa 650 000 Euro.

Die Betriebskosten des Musikzentrums sollen 650 000 Euro betragen, die zur Hälfte durch Einsparungen bei den Symphonikern erbracht werden. Die Grundsteinlegung erfolgte am 20. Mai 2014, im nächsten Jahr soll das Musikzentrum eröffnet werden.

In Bochum stößt der Neubau auf breite Zustimmung, vor allem SPD, CDU und Grüne stehen hinter dem Projekt. Deutliche Kritik am Projekt und seiner Finanzierung kommt vor allem von den Bochumer Linken. "Der umstrittene Bau des Bochumer Musikzentrums bleibt ein kaum kalkulierbarer Risikofaktor für die Finanzen der Stadt", kritisierten sie etwa nach der im September bekanntgewordenen Erhöhung der Baukosten.

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