Monarchie in Spanien Die Monate der Wahrheit für Infantin Cristina
Das Mitglied der spanischen Königsfamilie erscheint nach vergeblicher Gegenwehr zum Betrugsprozess vor Gericht in Palma de Mallorca. Bei einem Schuldspruch drohen der Königstochter bis zu acht Jahre Haft.
Madrid. Die Stunde der Wahrheit rückt näher. Nachdem alle Versuche, der Anklagebank zu entkommen, gescheitert sind, muss sich Spaniens Infantin Cristina nun auf ein monatelanges Spießrutenlaufen vor Gericht einstellen. Obwohl die Schwester von König Felipe nicht die Hauptangeklagte in diesem großen Betrugsprozess auf Mallorca ist, richten sich alle Kamerascheinwerfer auf sie. Denn es ist das erste Mal, dass einer nahen Verwandten des Königs der Prozess gemacht wird. Ein langer Prozess, der noch bis Sommer dauern soll und in dem peinliche Einzelheiten über das Königshaus ans Tageslicht kommen könnten.
Die Vernehmung der ersten von insgesamt 17 Angeklagten gab bereits einen Einblick, wie im Königshaus Geschäfte gemacht wurden: zum Beispiel bei einem Treffen zwischen Cristinas Ehemann Iñaki Urdangarin und Mallorcas früherem Spitzenpolitiker Jaume Matas. Die beiden hatten sich im sommerlichen Marivent-Palast in Palma zum Tennis verabredet und beschlossen am Rande des königlichen Sportplatzes, Urdangarin einen lukrativen „Beratervertrag“ zuzuschieben. Messbare Leistungen erbrachte Urdangarin jedoch dann offenbar nicht, kassierte jedoch Millionen aus der Staatskasse.
Deswegen steht der 48-jährige Ehemann der Infantin zusammen mit dem früheren Provinzfürsten Matas nun als Hauptangeklagter vor Gericht. Urdangarin wird Unterschlagung, Betrug, Vorteilsannahme, Dokumentenfälschung, Geldwäsche und Steuerhinterziehung vorgeworfen, der Staatsanwalt fordert für ihn nahezu 20 Jahre Haft. Der frühere konservative Provinzfürst Matas muss sich wegen Veruntreuung und Korruption verantworten, ihn will der Ankläger elf Jahre ins Gefängnis stecken. Insgesamt wurden für die 17 Angeklagten Strafforderungen von rund 200 Jahren Haft erhoben.
Auch Cristina, die nach Meinung der Ermittler als „Komplizin“ Urdangarins beim Betrug mitmachte, droht im schlimmsten Falle Gefängnis. Doch glaubt in Spanien niemand, dass die Tochter des inzwischen abgetretenen Königs Juan Carlos wirklich hinter Gitter muss. Denn der Staatsanwalt ist in diesem Verfahren ihr bester Verteidiger, versuchte bereits mehrfach, die Einstellung des Verfahrens gegen Cristina zu erreichen – er fordert Freispruch für die Infantin. Nur die Anti-Korruptionsvereinigung „Saubere Hände“ besteht im Falle der Prinzessin wegen Beihilfe zum Steuerbetrug auf acht Jahren Haft.
Cristina wird in den nächsten Wochen als letzte der 17 Angeklagten vom Gericht vernommen werden. Ihre Hoheit hat bereits mehrfach verkündet, dass sie „unschuldig“ sei, ihrem „Ehemann blind vertraut“ und von dessen fragwürdigen Geschäften „nichts gewusst“ habe.
Die Prinzessin verpflichtete insgesamt sechs Verteidiger, um möglichst ungeschoren aus diesem Verfahren herauszukommen. Ein Verfahren, das große Schatten auf das Königshaus wirft. Unter anderem, weil andere Angeklagte aussagten, dass das Königshaus über Urdangarins Treiben informiert gewesen sei – und dass der alte König Juan Carlos sogar bei den Geschäften geholfen und mitgemischt haben soll.