Events wegen Coronavirus abgesagt Wann müssen Veranstalter den Ticketpreis erstatten?

Bonn · Viele Großveranstaltungen könnten wegen des Coronavirus ausfallen, Fußballspiele ohne Zuschauer ausgetragen werden. In welchen Fällen müssen Veranstalter den Ticketpreis erstatten? Was Besucher jetzt wissen müssen.

 In der Volkswagen-Arena in Wolfsburg werden die Sitze der Spieler desinfiziert. Veranstaltungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit könnten in Zeiten von Coronavirus häufiger werden. (Archivfoto)

In der Volkswagen-Arena in Wolfsburg werden die Sitze der Spieler desinfiziert. Veranstaltungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit könnten in Zeiten von Coronavirus häufiger werden. (Archivfoto)

Foto: dpa/Swen Pförtner

Fußballspielen und Konzerten droht wegen des Coronavirus die Absage. Das Rheinderby zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln am Mittwoch wird beispielsweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat die Empfehlung gegeben, Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern abzusagen. In solchen Fällen zahlen die meisten Veranstalter den Ticketpreis zurück. Was müssen Besucher sonst noch beachten? Ein Überblick:

Wann müssen Veranstalter die Tickets erstatten?

Wenn Konzerte, Theaterstücke oder Fußballspiele abgesagt werden, muss der Veranstalter grundsätzlich den Ticketpreis erstatten. Das geschieht in den meisten Fällen auch, weiß Julia Rehberg, Juristin bei der Verbraucherzentrale Hamburg, aus vielfältiger Erfahrung. Problematisch sei nur, wenn der Veranstalter pleite sei. Dann werde der Ticketpreis wie eine Insolvenzforderung behandelt.

Welche Regelung gilt bei höherer Gewalt?

Selbst wenn ein Veranstalter die Rückerstattung verweigert und auf höhere Gewalt verweist, müsse dieser schlussendlich zahlen, erklärt der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke. Auch, wenn das Unternehmen in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausschließt, bei höherer Gewalt zu haften. Solmecke begründet dies mit bisherigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, denn der Verbraucher werde unangemessen benachteiligt.

Bei Unternehmen, beispielsweise wenn sie für Geschäftstermine Logen in Stadien gemietet haben, sei es komplizierter: Wenn die Durchführung des Events durch eine Behörde verboten wurde, falle das unter höhere Gewalt und der Veranstalter müsse nicht zahlen. Wird das Event allerdings nach einer Entscheidung des Veranstalters selbst abgesagt, müssen Tickeptreise auch an Unternehmen zurückgezahlt werden. Solmecke begründet diesen Unterschied damit, dass bei Unternehmen mehr eintreten müsse als bei Verbrauchern, um von unangemessener Benachteiligung zu sprechen.

Hinzukomme, erklärt Solmecke, dass bei der derzeitigen durch das Coronavirus hervorgerufenen Lage noch nicht von höherer Gewalt gesprochen werden könne. Denn diese bedeute einen extremen Ausnahmezustand, der bisher in Deutschland allerdings noch nicht eingetroffen sei.

Sind Veranstalter schadensersatzpflichtig?

Wer für ein Konzert oder ein Fußballspiel eine Bahnfahrt oder ein Hotelzimmer gebucht hat, muss die Stornokosten selbst bezahlen, wenn der Anbieter eine kostenlose Stornierung ausgeschlossen hat. Der Veranstalter muss laut Verbraucherjuristin Rehberg nur zahlen, wenn er schuldhaft gehandelt hat.

Wie ist die Regelung bei Geisterspielen in der Bundesliga?

Bei Geisterspielen ist die Situation wie bei anderen Veranstaltungen. „Wenn eine Veranstaltung platzt, wird die Leistung des Veranstalters nicht erbracht. Er muss zurückzahlen, darf den Ticketpreis nicht behalten“, erklärt Arndt W. Kempgens, Rechtsanwalt aus Gelsenkirchen. „Die Bundesligavereine sehen das in ihren AGBs sogar ausdrücklich vor.“

Was steht in den AGBs der Bundesligavereine?

In den AGBs von Borussia Mönchengladbach  heißt es unter Punkt 5.5. „Bei ... einer Veranstaltung, die nach Maßgabe ... einer zuständigen Behörde ganz oder zum Teil unter Ausschluss von Zuschauern stattfinden muss, ist BMG berechtigt, vom Vertrag über den Erwerb eines oder mehrerer Tickets für das betroffene Spiel zurückzutreten bzw. Dauerkarten zu sperren. Die betroffenen Kunden erhalten gegen Vorlage des Tickets ... den entrichteten Ticketpreis ... erstattet.“

Beim 1. FC Köln heißt es unter Punkt 8.2 der AGBs: „Wird ein Heimspiel ersatzlos abgesagt oder findet ein Heimspiel ... vollständig unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, und führt dies dazu, dass der Kunde sein Besuchsrecht nicht ausüben kann, wird der 1. FC Köln dem Kunden ... den Ticketpreis erstatten. Der Kunde kann jedoch ...  keine Erstattung verlangen, wenn der 1. FC Köln den Zuschauerausschluss nicht zu vertreten hat.“ Von Vereinsseite hieß es, man wolle versuchen, „im Sinne der Fans zu handeln“.

Was ist, wenn das Event nachgeholt wird?

Wenn eine Veranstaltung an einem späteren Termin nachgeholt wird, an dem der Verbraucher verhindert ist, hat dieser guten Chancen, den Eintrittspreis, die Vorverkaufsgebühren und die Versandkosten rückerstattet zu bekommen, erklärt Christian Solmecke. Denn ein Nachholtermin sei „ein neues Vertragsangebot, welches man nicht zwingend annehmen muss“.

Was gilt für Besitzer von Dauerkarten?

Wenn Bundesligaspiele ausfallen oder verschoben werden, haben Besitzer von Dauerkarten laut Rechtsanwalt Solmecke schlechte Chancen. Eine Rückerstattung sei in diesen Fällen nicht möglich.

Wie ist die Regelung bei Ticketvermittlern?

Wer seine Eintrittskarte über einen Vermittler wie Eventim gekauft hat, muss sich an den Veranstalter wenden. Der Vermittler kann den Preis ersetzen, muss aber nicht. „Rückzahlungspflichtig ist allein der Veranstalter“, meint Julia Rehberg.

Was ist, wenn ein Verbraucher unter Quarantäne steht?

Wenn ein Besucher unter Quarantäne steht und deshalb eine Veranstaltung verpasst, für die er zuvor kostenpflichtige Tickets erworben hat, kann dieser keine Rückzahlung vom Veranstalter verlangen. Es bestehe kein gesetzlicher Anspruch, erklärt Solmecke.

Was ist mit Veranstaltungen, die im Risikogebiet stattfinden?

In diesem Fall muss der Veranstalter das Ticket nicht ersetzen. Wenn die Behörden Veranstaltungen erlauben, können Betreiber sie durchführen. Wer aus Sorge lieber zu Hause bleiben will, kann sein Ticket nur dann zurückgeben, wenn der Veranstalter kulant ist.

Hilft den Kunden eine Reiserücktrittsversicherung?

Wer im Zusammenhang mit einem Ticketkauf eine Reise gebucht hat, kann seine Reiserücktrittsversicherung nur in Anspruch nehmen, wenn der Verzicht in seiner Person begründet ist. Das heißt, der Reisende muss selbst erkrankt sein. Es reicht nicht, dass der Veranstalter das Ereignis wegen der Gefahr einer Ansteckung abgesagt hat.

Haben Reisewarnungen Auswirkungen auf Erstattungen?

Reisewarnungen spricht das Auswärtige Amt aus. In der Regel ist ein Reiserücktritt bei Pauschalreisen ohne Entschädigung möglich, heißt es auf der Internet-Seite des Außenministeriums. Das gilt aber nicht für Warnungen von Politikern, bestimmte Teile von Deutschland zu meiden. Wer auf eine Reise in Risikogebiete in Deutschland verzichtet, muss sich an die Storno-Bedingungen seines Veranstalters halten.

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