Abstand am Strand Italien plant Badesaison in Zeiten von Corona

Rom · Italien bereitet sich mit ungewöhnlichen Maßnahmen auf die Badesaison vor: Mit Schutzvorrichtungen aus Plexiglas und Bluttests soll das Strandleben in diesem Jahr gerettet werden.

 So kennt man Italiens Strände: Im Sand rückt man aus Platznot zusammen, im Wasser sieht das Treiben dann etwas distanzierter aus.

So kennt man Italiens Strände: Im Sand rückt man aus Platznot zusammen, im Wasser sieht das Treiben dann etwas distanzierter aus.

Foto: den-belitsky - stock.adobe.com/Stock

Noch ist nicht klar, ob Claudio Ferraris Idee der große Renner oder doch eher der Witz des Jahres werden wird. Ferrari ist Inhaber einer Firma in Serramazzoni bei Modena, die Schutzvorrichtungen aus Plexiglas herstellt. Normalerweise bedient Ferrari Banken, Apotheken oder Supermärkte. Nun will der Unternehmer die Badesaison in Italien retten. In Serramazzoni werden nun auch Plexiglasboxen produziert, die in Zeiten des Corona-Virus die Strandurlauber von ihren potenziell ansteckenden Nachbarn schützen sollen.

Rund 300 Bestellungen sollen bereits erfolgt sein. Nachfragen gab es angeblich sogar aus Frankreich und Spanien. Den naheliegenden Gedanken, dass die an sich schon schwer auszuhaltende Sommerhitze am Strand durch die Plastikabsperrungen noch einmal verstärkt würde, versucht Ferrari zu entkräften. „Da entsteht ein Aufwind, sodass die heiße Luft nach oben entweicht“, behauptet er. Besonders einladend klingt die Sache nicht. Immerhin, die vier Quadratmeter große Box, in der zwei Liegen Platz haben, verzichtet auf ein Dach.

Sehnsucht nach Abkühlung ist groß

Italien befindet sich in der Übergangsphase vom Lockdown zu ersten Lockerungen der Sperren. Die Sehnsucht nach Abkühlung und Zerstreuung nach Wochen der Quarantäne ist groß. Italiens Strandanlagenbetreiber beginnen dieser Tage mit ihren Vorbereitungen für den Saisonstart im Juni. „Wir werden alle ans Meer fahren können“, versicherte Lorenza Bonaccorsi, Staatssekretärin im für Kultur und Tourismus zuständigen Ministerium. Wie, wann und unter welchen Bedingungen, das ist allerdings die Frage. Alles hängt vom weiteren Verlauf der Epidemie und den noch zu erarbeitenden Vorschriften aus dem Gesundheitsministerium ab.

Unterdessen sprießen Vorschläge und Spekulationen aus dem Meeressand, wie ein Badeurlaub unter Maßgabe des Social Distancing aussehen könnte. Abstände zwischen Strandliegen, aber auch an der Bar oder im Strandrestaurant müssen eingehalten und Schutzmasken getragen werden. Die Rede ist gar von ominösen „Desinfektions-Tunneln“, in denen die Urlauber oder zumindest ihre Füße desinfiziert würden. Auch der Sand soll regelmäßig gereinigt werden, heißt es.

Überlegt wird, ob Bademeister die Funktion sogenannter Stewards übernehmen könnten, die die Einhaltung der Regeln überwachen. Mauro Della Valle, Strandanlagen-Betreiber in Apulien und Vizechef des Strandanlagen-Verbandes Federbalneari brachte obligatorische Reservierungen für Strandliegen und gar Bluttests für Strandurlauber ins Spiel.

Italiener rechnen dieses Jahr mit Einheimischen

Wahrscheinlich ist, dass die Italiener diesen Sommer am Meer unter sich bleiben werden. „Wir rechnen dieses Jahr vor allem mit Einheimischen“, sagt Della Valle. „Die Strände werden die ersten Orte sein, an denen die Menschen ihr Leben langsam wieder selbst in die Hand nehmen.“ Unter welchen Bedingungen ausländische Touristen überhaupt nach Italien reisen dürfen, ist noch unklar. Derzeit gilt für Einreisende eine strenge Quarantäne-regel von zwei Wochen. Der Verband der Strandanlagenbetreiber rechnet deshalb mit 25 Millionen Gästen weniger in diesem Sommer. Die gesamte Tourismusbranche fürchtet Einbußen von bis zu 70 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr.

Unklar ist aber auch, wie die Italiener selbst sich fortbewegen werden können. Dass es regionale Reisebeschränkungen geben wird, scheint derzeit eher unwahrscheinlich. Das Tourismus-Ministerium jedenfalls empfiehlt, den Urlaub in der näheren Umgebung und vielleicht ausnahmsweise auf dem Land zu verbringen. So soll das Entstehen neuer Ansteckungsherde verhindert werden. Angesichts eines Meeresurlaubs in der Plexiglasbox ist das vielleicht gar keine schlechte Idee.

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