Brustimplantate-Hersteller gegen Kaution auf freien Fuß

Paris · Die Ermittlungen gegen den Gründer des Brustimplantate-Herstellers PIP kommen voran. Die französische Justiz hat ein Anklageverfahren eingeleitet. Für eine Untersuchungshaft reichen die Vorwürfe bislang aber nicht. In Deutschland gibt es neue Warnungen vor Silikonkissen.

Im Skandal um die Billig-Brustimplantate des Herstellers PIP hat die französische Justiz gegen Unternehmensgründer Jean-Claude Mas ein Anklageverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet. Nach einer vorübergehenden Festnahme am Donnerstag ordnete die zuständige Strafverfolgungsbehörde in Marseille zudem strenge Auflagen gegen den 72-Jährigen an.

Will Mas nicht in Untersuchungshaft kommen, muss er eine Kaution in Höhe von 100.000 Euro zahlen und seinen Pass abgeben. Reisen ins Ausland und Kontakte zu ehemaligen Mitarbeitern sind ihm bis auf weiteres verboten. Betroffene Frauen und Vertreter zeigten sich mit dem Vorgehen der Justiz am Freitag zufrieden. "Das ist eine große Erleichterung", erklärte der Anwalt einer französischen Opfervereinigung am Freitag der Nachrichtenagentur AFP.

"Es bleibt zu hoffen, dass er die Höchststrafe bekommt", kommentierte eine Geschädigte auf ihrer Internetseite. Das Anklageverfahren sei ein guter Anfang. Neben Mas wurde am Freitag auch gegen den früheren Vorstandschef des seit Frühjahr 2010 insolventen Silikonkissen-Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) ein Anklageverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet. Der Verdacht der fahrlässigen Tötung hat sich bislang noch nicht erhärtet. Auch in dieser Richtung wird ermittelt.

Das Verfahren gegen Mas läuft, seitdem in Frankreich Krebserkrankungen von Frauen mit PIP-Implantaten bekannt geworden waren. Nach jüngsten Angaben der Aufsichtsbehörde Afssaps wurden 20 Fälle registriert. Die Afssaps betont allerdings, dass bislang kein Zusammenhang zwischen Tumorentstehung und den vermutlich leicht platzenden Billig-Implantaten bewiesen sei.

In einer beispiellosen Aktion hatte die Regierung in Paris im Dezember dennoch 30 000 französischen Frauen eine vorsorgliche Entfernung ihrer PIP-Brustimplantate empfohlen - die deutschen Behörden folgten wenig später. Weltweit sollen mehr als 300.000 Frauen minderwertige Silikonkissen des Herstellers tragen.

Jean-Claude Mas hat über seinen Anwalt bereits zugegeben, aus Kostengründen für die Produktion von Brustimplantaten nicht zugelassenes Silikon verwendet zu haben. Der Unternehmer bestreitet allerdings, dass von dem Kunststoff eine Gesundheitsgefährdung ausgehen könnte. Um mögliches Beweismaterial zu sichern, hatten Fahnder am Donnerstag auch die luxuriöse Villa von Mas' Lebensgefährtin in Six-Fours-les-Plages im Süden Frankreichs durchsucht.

Dort hatte sich der 72-Jährige zuletzt aufgehalten. Die genauen Vermögensverhältnisse des Beschuldigten sind unklar. Seit vergangener Woche liegt auch eine Anzeige wegen Insolvenzbetrugs und Geldwäsche gegen Mas vor. Am Donnerstag hatte Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) seine Warnung erweitert. Betroffen seien auch Frauen, denen Implantate mit dem Namen "TiBREEZE" eingesetzt worden seien, teilte das Gesundheitsministerium in Nordrhein-Westfalen mit.

Die "TiBREEZE"-Implantate seien unter Verwendung von PIP-Komponenten hergestellt worden, erläuterte das Düsseldorfer Ministerium. Nach Informationen des Bundesinstituts seien die Implantate von September 2003 bis August 2004 vertrieben und auch von einigen Krankenhäusern und Praxen in Nordrhein-Westfalen bezogen worden

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