Gustl Mollath Bonner schrieb Gutachten im Fall Mollath

BONN · Während vor dem Landgericht Regensburg das Wiederaufnahmeverfahren gegen Gustl Mollath läuft, wartet der emeritierte Bonner Professor Klemens Dieckhöfer darauf, dass er selbst seinen Beitrag dazu leisten kann, "dass dem Mann Gerechtigkeit widerfährt".

Dieckhöfer ist stellvertretender Vorsitzender der Gesellschaft für Ethik in der Psychiatrie und hat vor zweieinhalb Jahren eine gutachterliche Analyse in dem Fall erstellt. Er ist davon überzeugt, dass Mollath nicht unter Wahnvorstellungen litt und niemals in die Psychiatrie hätte eingewiesen werden dürfen.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte in dem ersten Verfahren 2006 festgestellt, dass Mollath seine inzwischen von ihm geschiedene Ehefrau körperlich misshandelt hätte. Die Staatsanwaltschaft warf Mollath gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung vor. Weil die Gutachter ihn wegen seiner angeblichen Wahnvorstellungen als gemeingefährlich einstuften, sprach das Gericht Mollath wegen Schuldunfähigkeit frei und wies ihn in die Psychiatrie ein.

Dieckhöfer hingegen zweifelte die Gutachten an, weil sie ausschließlich auf Aussagen der früheren Ehefrau basiert hätten. Es habe unter anderem keine "Fremdanamnese" stattgefunden. Das heißt: Berichte aus der engeren und weiteren Umgebung Mollaths seien nicht eingeholt worden. Mollath selbst hatte sich nicht untersuchen lassen wollen. Aus der Psychiatrie wurde er erst im vorigen Sommer nach sieben Jahren schließlich entlassen.

Ob er selbst in dem Verlauf der Verhandlungstage als Zeuge geladen wird, weiß Dieckhöfer noch nicht. Jedenfalls sei er sehr gespannt auf das Verfahren. Er erwarte "die eine oder andere Überraschung". Im Raum steht die Frage, ob es in dem Verfahren auch um die Situation von Mollaths früherer Frau und deren Schwarzgeldgeschäfte geht. Sie hatte offenbar als Angestellte der HypoVereinsbank vermögenden Nürnberger Bürgern dazu verholfen, Geld in der Schweiz anzulegen.

Das wiederum hatte Mollath seiner damaligen Ehefrau vorgeworfen - ihr persönlich, aber auch in Schreiben unter anderem an die Bank und an Bundestagsabgeordnete. Immer wieder wird in dem Zusammenhang darüber spekuliert, ob einflussreiche Bürger Mollaths Ex-Frau bei deren Klage unterstützt haben, damit das Schwarzgeld-System nicht aufflog. Mollath selbst sieht sich als Opfer eines Komplotts seiner Ex-Frau, einflussreicher Personen im Freistaat und der bayerischen Justiz. 2012 tauchte ein interner Prüfbericht der HypoVereinsbank auf, der schon ein paar Jahre alt war und einen Teil von Mollaths Vorwürfen bestätigte.

Der emeritierte Bonner Professor führt derzeit selbst ein Verfahren in dem Fall - und zwar gegen die frühere bayerische Justiz- und heutige Europaministerin Beate Merk (CSU). Merk hatte die Analyse Dieckhöfers im Mollath-Untersuchungsausschuss im bayerischen Landtag als unwissenschaftlich bezeichnet. Das brachte den Bonner auf, der seit Jahrzehnten forensisch-psychiatrische Gutachten erstellt. Er fühlte sich in seiner Berufsehre verletzt und verklagte die Ministerin wegen "Ehrabschneidung". Laut Dieckhöfer läuft das Verfahren noch.

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