Prozess wurde ausgesetzt Autofahrer hatte Radfahrer angefahren und ließ Schwerverletzten liegen

Aachen · Der Fall sorgte überregional für Empörung: Ein Autofahrer flüchtet vom Unfallort, ein schwerst verletzter Radfahrer stirbt. Nun hat der Prozess wegen versuchten Mordes begonnen - mit einigen Hindernissen.

 Symbolbild.

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Foto: dpa/picture alliance / Rolf Vennenbe

Ein Autofahrer fährt nachts einen Radfahrer an und lässt den Sterbenden einfach liegen: Gegen den 35 Jahre alten Angeklagten hat am Mittwoch vor dem Aachener Landgericht der Prozess wegen versuchten Mordes durch Unterlassen begonnen. Laut Anklage soll er den Radfahrer mit seinem Wagen erfasst haben und dann mit Hilfe eines ebenfalls angeklagten Bekannten geflüchtet sein. Der 19 Jahre alte Radler starb noch am Unfallort. Das Gericht setzte die Verhandlung kurz nach Beginn überraschend aus, weil bei der Staatsanwaltschaft ein wichtiges Schriftstück verschwunden war. Der Prozess soll am 28. Februar noch mal neu starten.

Als Oberstaatsanwalt Burchard Witte am Mittwoch die Anklage verliest, ist es im dicht besetzten Zuschauerraum des Gerichtssaals totenstill. Demnach fuhren der 35-Jährige und sein 42 Jahre alter Bekannter nachts mit ihren Autos hintereinander über eine dunkle Landstraße in Würselen. Beide waren laut Anklage angetrunken und hatten keinen gültigen Führerschein. Als der Radfahrer die Straße kreuzte, erfasste ihn der Wagen des 35-Jährigen mit Tempo 75.

Der 19-Jährige prallte auf die Windschutzscheibe und wurde zu Boden geschleudert. Das Auto kam auf einem Feld zum Stehen. Der 35-Jährige sei dann ausgestiegen und zur Straße zurückgegangen, schilderte Witte. Als der Angeklagte mit der Taschenlampe seines Handys leuchtete, habe er den reglosen 19-Jährigen dort liegen sehen - und nichts unternommen, um ihn zu retten.

Stattdessen habe er seinen Kumpel angerufen, der derweil weitergefahren war. Der 42-Jährige soll zurückgekommen sein und dem Hauptangeklagten mit einem Abschleppseil geholfen haben, dessen kaputtes Auto wegzubringen. Auch der 42-Jährige, der wegen Beihilfe zum versuchten Mord angeklagt ist, soll sich nicht um den Radfahrer gekümmert, sondern vielmehr zur Eile gedrängt haben. Beide Angeklagten hätten den Unfall vertuschen wollen.

Da unklar sei, ob Notärzte den jungen Mann hätten retten können, habe die Staatsanwaltschaft die Tat als versuchten Mord und nicht als Mord gewertet, erläuterte ein Gerichtssprecher vor dem Prozess.

Nach früheren Angaben der Polizei stellte der Unfallfahrer das beschädigte Auto in seine Garage und kaufte ein identisch aussehendes Auto, an das er das alte Kennzeichen schraubte. Aufgrund der Trümmerteile am Unfallort konnte die Polizei den Autotyp aber schnell identifizieren und ging damit an die Öffentlichkeit. Daraufhin gaben Zeugen den Hinweis auf den 35-Jährigen.

Während der Hauptangeklagte sich nach eigenen Angaben im Prozess zu den Vorwürfen äußern möchte, will der 42-Jährige von seinem Schweigerecht Gebrauch machen.

Zuvor jedoch muss der Prozess Ende nächster Woche noch einmal von vorne beginnen. Ein Verteidiger erklärte, er habe keine Ladung zum Gerichtstermin erhalten und beantragte deshalb die Aussetzung der Verhandlung - mit Erfolg.

Der Anwalt hatte demnach der Staatsanwaltschaft während des Ermittlungsverfahrens per Fax mitgeteilt, dass der 42-Jährige ihn mit der Verteidigung beauftragt habe. Laut Fax-Protokoll ging das Schreiben zwar bei der Behörde ein, wurde intern aber nicht an die zuständige Abteilung weitergeleitet, wie Oberstaatsanwalt Witte einräumte. Als Folge sei der Name des Verteidigers nicht von der Staatsanwaltschaft ans Gericht weitergegeben worden, so dass der Anwalt keine Ladung erhielt.

(dpa)
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