Die große Sehnsucht nach den Anderen Sind wir allein im Universum?

Der Mensch jubelt bereits über gefundene Lebenskrümel oder Spuren davon, wenn er sie denn auf Planeten oder Kometen so deutet. Abseits der Wissenschaft haben viele Zeitgenossen längst fliegende Untertassen "gesehen", aber E.T. bisher nur in Comics und Filmen. Lebt er vielleicht schon - mit Tarnkappe - unter uns? Warum rufen die Aliens eigentlich nicht mal an? Oder sollten wir uns besser wünschen, dass die Außerirdischen uns übersehen?

Was für eine Nacht unter dem mit Sternen übersäten Himmel. Es herrscht jene Stimmung, die auch nüchterne Zeitgenossen zu metaphysischen Gedanken inspiriert. Der Laie glaubt ins Universum zu schauen, während der Astronom ihm erklärt, dass sein Blick nur bis in die Milchstraße reicht. Zwangsläufig entwickelt sich ein Gespräch über Raum und Zeit und Geschwindigkeit. Wie soll sich ein Mensch, der 70 oder 80 Jahre alt wird und in einem modernen Airbus zwei Monate für eine Umrundung der Sonne bräuchte, Lichtgeschwindigkeit vorstellen? Das Licht der Sterne, was uns erreicht, ist steinalt. Kann sein, dass das, was man sieht, im Jetzt gar nicht mehr da ist.

Der eine (Astronom) weiß zwar mehr als der andere (Laie), hat aber auch keine Antwort auf letzte Fragen. Gibt es da draußen andere intelligente Wesen, die gerade über Dasselbe grübeln? "Ja, das könnte sein", sagt der Astronom, "aber sich mit ihnen zu unterhalten, ist unmöglich. Du stellst eine Frage, und selbst wenn die mit Lichtgeschwindigkeit reist, könnte es sein, dass du nicht mehr lebst, wenn die Antwort eintrifft."

Fünf-Sterne-Wohnlage auf einem Seitenarm der Milchstraße

Der Astronom macht ein Gedankenexperiment: "Stellen wir uns vor, dass es 70 Millionen Lichtjahre entfernt einen Planeten gibt, auf dem hochentwickelte Wesen durch ein Super-Teleskop auf die Erde blicken. Was würden sie sehen?" Laie: "Die Erde." Astronom: "Er würde sogar durch die Atmosphäre blicken: Was würde er sehen?" Laie: "Dich und mich." As-tronom: "Falsch, er würde Dinosaurier sehen." Laie: "Dinosaurier?" Astronomie: "Ja, Dinos! Die sind hier vor 65 Millionen Jahren ausgestorben." Laie: "Das ist ja verrückt." Astronom: "Weil die Entfernungen so irre lang sind, können wir von den Anderen und die Anderen von uns immer nur das Vergangene sehen oder hören. Wenn unsere Sonne auf einen Schlag erlischt, erfahren wir das auch erst acht Minuten später." Laie: "Ihr Astronomen seid eigentlich Archäologen!"

Das Gedankenspiel zeigt: Je näher eine intelligente Zivilisation an der Erde liegt, desto größer ist die Chance zum Dialog - dass Vertreter der fragenden Generation eine Antwort der Anderen noch erleben. Unsere Neugierde würde sich in vielen Fragen entladen: Wie lange gibt es euch schon, euren Planeten, eure Sonne? Könnt ihr fast so schnell wie das Licht reisen? Oder kämpft ihr noch mit Pfeil und Bogen? Wie vermehrt ihr Euch? Besteht ihr auch aus Kohlenstoff? Aus naheliegenden Gründen: Wie gewinnt ihr eure Energie? Und wenn wir wüssten, dass es die Anderen gibt, sie aber nicht antworten: Warum schweigt ihr?

Die Geschichte des Wissens über die Stellung des Menschen im Kosmos ist eine der großen Ernüchterung und zugleich eine des Staunens. Zunächst dachte der Mensch über Jahrhunderte, die Erde stehe im Mittelpunkt von allem und Sterne seien funkelndes Beiwerk oder der Sitz von Göttern. Tatsächlich dreht die Erde sich um die Sonne. Dann die Erkenntnis, dass unser Sonnensystem Teil einer Galaxie ist, und wir dort auch nur am Rande leben. Erst Jahrhunderte später erkennen wir, dass es sich um eine Fünf-Sterne-Wohnlage handelt, die uns vor Gammablitzen und allerlei anderen Unbilden aus Supernovae-Explosionen verschont.

Aber unsere Milchstraße ist doch die einzige Galaxie? Auch das nicht. Nachdem Weltraum-Teleskope tiefer denn je ins All blicken, steht fest: Es existieren Milliarden Galaxien mit jeweils Milliarden Sonnen. Erschrocken von so viel Raum, Beliebigkeit und Verlorenheit fragt sich der Mensch: Wo sind unsere Brüder und Schwestern? Oder ist die Erde der einzige Ort, wo das Universum über sich selbst nachdenkt?

So spinnen die Etappen des Wissens einen roten Faden. Die Frage "Wie wichtig sind wir?" hat sich ins Gegenteil verkehrt: "Wie unwichtig sind wir?" Aber auch: Wie einmalig? Gleichzeitig sehnen wir uns nach etwas sozialem Kontakt. Die Chancen dazu sind zumindest rein statistisch gestiegen. Allein in der Milchstraße wird die Zahl der erd-ähnlichen Planeten seit 2013 auf etwa 8,8 Milliarden geschätzt - also mehr "Erden" in der Milchstraße als Menschen auf der Erde. Zudem wimmelt es nur so vor organischen Verbindungen. Überall duftet es nach Leben, zumindest nach seinen Grundbausteinen. Und tatsächlich leben wir auf einem Staubkorn. Planeten sind Massenware.

Die Naturwissenschaftler haben zudem überzeugende Belege für die universelle Gültigkeit der von ihnen ermittelten Naturgesetze. Daraus leiten sie ab, dass die Evolution mit ihrem Fehler-Mutations-Prinzip im fernen All nicht anders tickt als auf Erden. Es ist extrem wahrscheinlich, dass das Universum nicht nur auf der Erde Leben - einfaches, komplexes, intelligentes - hervorgebracht hat. Leben bedeutet: Interaktion mit der Umwelt, Informationen speichern und das Ganze reproduzieren. Je komplexer Leben. desto mehr Informationen müssen vervielfältigt und weitergegeben werden. Dazu braucht es Elemente, die lange Kettenmoleküle bilden können: Kohlenstoff kann das unterhalb von 100 Grad Celsius, Silizium erst bei tiefem Frost. Für Harald Lesch, Professor für Astrophysik in München und verständlicher Weltraum-Erklärer im Fernsehen, ist klar, was die Evolution bevorzugt: "Man denke nur an die eigene Gefriertruhe. Sex eines Silizium-Pärchens würde länger dauern als das All alt ist."

Also Kohlenstoff und Wasser als Lösungsmittel. Allein schon deshalb, weil Leben auf einem Planeten nicht unendlich Zeit hat, sich zu entwickeln. Denn Sterne erlöschen. Die größeren schneller als die mittleren, und die kleineren produzieren zu wenig Wärme, um den lebensanregenden Bunsenbrenner zu spielen. Silizium ist hingegen sehr reaktionsträge, aber grundsätzlich möglich. Denkbar, dass in den Ammoniakseen des superkalten Saturnmonds Titan eine Silizium-Biologie in Zeitlupe taktet.

"Grüner Schleim" ist nicht fähig zum interstellaren Dialog

Doch einfaches Leben, im Astrophysiker-Jargon "grüner Schleim" genannt, eignet sich nicht zum Dialog. Aber er existiert da draußen vermutlich in Hülle und Fülle. Nicht zuletzt haben wir Organismen auf der Erde auch in Thermalquellen, kochender Batteriesäure oder im Kühlwasser von Atomreaktoren entdeckt. Aber reicht es da draußen zu mehr als Bakterien? Der britische Geologe Simon Conway Morris glaubt in seinem Buch "Jenseits des Zufalls", dass die Evolution automatisch die optimalen Lösungen herausfiltere. Nicht immer eins zu eins, sondern eher im Sinne von Mark Twain: "Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich." Er schreibt: "Die Menschwerdung begann mit dem Urknall." Die sogenannte Konvergenz der Evolution wirft auch der belgische Biochemiker und Nobelpreisträger Christian de Duve in die Debatte. Vereinfacht: Da überall die gleichen Chemie- und Physikgesetze wirken, sei Leben eine "kosmische Notwendigkeit", sofern auf einem Planeten die Voraussetzungen stimmen. Und die sind äußerst fragil.

Lange lernte der Mensch, dass es nur auf den richtigen Sonnenabstand ankommt - die bewohnbare Zone. Das stimmt zwar weiter, würde nach heutiger Erkenntnis aber nicht reichen. Die Erdachse wäre auf einem Schlingerkurs, lebensfeindliches Klima die Folge. Zudem würde der Planet rasend rotieren; täglich wäre Sturmtag in der schwersten Hurrikan-Kategorie. Was für ein Glück, dass die junge Erde vor mehr als vier Milliarden Jahren vom Planeten Theia getroffen wurde - nicht frontal, sondern im richtigen Winkel. So entstand der Mond aus der Erde. Ohne seine Schwerkraft kein stabile Erdachse, kein gemächlicher 24-Stunden-Tag - und sehr wahrscheinlich auch keine intelligente Zivilisation.

Und Jupiter ist gewissermaßen unser Bodyguard: Ohne ihn, der doppelt so schwer ist wie alle anderen Planeten in unserem Sonnensystem zusammen, keine ausgeruhte Entwicklung auf der Erde - meint Lesch: "Er ist ein Schutz für die Erde und “saugt„ praktisch alle Eindringlinge von außen durch seine Schwerkraft auf." Gäbe es den Gasriesen nicht, "hätten wir alle 100.000 bis 200.000 Jahre den Einschlag eines Zehn-Kilometer-Brockens." Nur der große 15 Kilometer große Meteorit, der die Dinosaurier und viele andere Arten auslöschte, kam durch - zu uns.

Wären wir in der Hierarchie der Schlauen die Schimpansen?

So wurde Platz geschaffen für einen neuen Anlauf der Evolution. Der Mensch muss also zwei kosmische Katastrophen - rückblickend - als Geburtshelfer für sein Werden einstufen. Weitere Fragen relativieren die Lebenschancen in der Milchstraße: Wie viele der 100 Milliarden Sterne haben die richtige Größe, um langlebig zu sein und damit ausreichen lange Energie für eine Lebensentwicklung zu spenden? 99 Prozent von ihnen sind dazu zu klein. Wie viele der lebensfreundlichen G-Sterne im Format unserer Sonne haben Planetensysteme? Und wie viele davon besitzen Planeten auf Kreis- und nicht auf Ellipsenbahnen? Wie viele haben Wasser und eine Atmosphäre? Der Astrophysiker Ronald Weinberger resümiert nur für die Milchstraße: "In einer leicht nachvollziehbaren Kausalkette, an deren Ende wir jedoch auch kräftig (aber begründbar) spekulieren müssten, kommen wir dann zu einer derart kleinen Zahl an mit höherem Leben ausgestatteten Planeten (von intelligentem Leben ist da noch gar nicht die Rede), dass diese Zahl auch “1„ sein kann - nämlich wir selbst."

Es gibt zwei Trends im menschlichen Wissen: Das Universum zeigt sich uns immer größer und schüttet damit schon rein numerisch ein regelrechtes Füllhorn von Lebenschancen aus. Gleichzeitig kennt der Mensch inzwischen so viele Ausschlusskriterien, dass ihm die eigene Existenz immer unwahrscheinlicher erscheint. In der kosmischen Lotterie hat er zwischen Wechsel- und Glücksfällen das große Los gezogen. Unterm Strich zweifelt heute aber kaum noch ein Astrophysiker, dass Leben im All verbreitet ist. Die Meinungen gehen aber auseinander, sobald es um höhere, intelligente Lebensformen geht. Zwischenfazit: Leben im All ist nicht auf die Erde beschränkt, aber höheres sehr wahrscheinlich seltener als die Statistik verheißt.

Bleibt unsere Einsamkeit und das Problem der Entfernung. Seit 1960 lauscht der Mensch im Rahmen des Seti-Projekts (Search für extraterrestrial intelligence) nach den Signalen (Radiowellen) der Anderen. Denn wer nicht sucht, wird auch nichts finden. Und wenn alle nur horchen, gibt es auch ein Problem. Doch bisher hat das geduldige Lauschen wenig gebracht. Kein Anschluss unter dieser Nummer. Alarm gab es nur manchmal, wenn Quasar-Signale oder irdische Störquellen die Seti-Forscher in Unruhe versetzten. Ansonsten: natürliches Rauschen. Doch Jill Tarter, Direktorin am Seti-Forschungszentrum, macht die Dimensionen deutlich: Die bisherige Lauschintensität sei damit zu vergleichen, "ein Glas Wasser aus Weltmeer zu schöpfen. Und niemand würde sagen, dass es keine Fische im Meer gibt, nur weil in dem Glas keiner drin war."

Eine ganz andere Frage: Sind die Anderen überhaupt kommunikationswillig? Die Zivilisation auf Erden ist mit einem Alter von etwa 10 000 Jahren recht jung. Möglich, dass die Anderen schon um ein Vielfaches länger existieren und deshalb klüger und weise sind; sie könnten Technologien entwickelt haben, die uns staunen lassen.

Mancher glaubt, dass die Außerirdischen uns längst entdeckt haben und uns aus der Zoo-Perspektive beobachten - als Studienobjekt. Wie verhält sich die Erdzivilisation angesichts schrumpfender Ressourcen? Reagiert sie? Oder löscht sie sich aus? Andere mahnen, dass es besser sei, unentdeckt zu bleiben. Wir sollten besser Entdecker als Entdeckte sein.

Ein früher Mahner war der britische Radioastronom und Physik-Nobelpreisträger Martin Ryle. Er hatte sich bei der Internationalen Astronomie-Union darüber beschwert, "wie leichtsinnig der Mensch seine Existenz über Radiowellen-Signale preisgibt". Er befürchtete, wenn die Außerirdischen die Erde finden, würden sie die Entdeckten behandeln wie einst Kolumbus die Indianer. Zudem: Wenn die Anderen uns überlegen sind: Wären wir dann in der Hierarchie der Schlauen die Schimpansen?

Gleichzeitig spinnt der Mensch seit Jahrzehnten einen anderen roten Faden namens Science-fiction. Nach einschlägigen Comics, Filmen und Romanen hat die Unterwanderung der Menschheit durch Außerirdische längst begonnen - und nur ganz wenige von uns waren hellwach und haben es gemerkt. Demnach herrscht ein reges Kommen und Gehen der Aliens, die nebenbei pausenlos Erdenbürger entführen und in verschwörerischer Absicht mit den Geheimdiensten der Supermächte zusammenarbeiten. Fliegende Untertassen (Ufos) füllen ganze Bücher und die Werke von Erich von Däniken viele Regale. Die TV-Serie "Raumschiff Enterprise" war einst höchst beliebt, aber Albert Einstein hätte Spock & Kollegen den Vogel gezeigt: "Vergesst es!" Das Grundproblem: Wenn es die Anderen gibt, sind sie viel zu weit weg.

Es kann zwar vieles anders sein, als die Wissenschaft heute annimmt, aber nicht ganz anders, auch wenn E.T.-Süchtige oder die Medien gelegentlich suggerieren, dass man heute nicht wissen könne, was man morgen weiß. Das kommt an in Gesellschaften, die in immer komplexeren und kaum noch zu durchschauenden Zusammenhängen leben und deshalb verstärkt zu Mythen und Okkultismus neigen. Zwar verdoppelt sich alle fünf Jahre das Weltwissen, was aber nicht bedeutet, dass altes Wissen nicht mehr gilt. "Der Apfel fällt weiter vom Baum auf die Erde und nicht umgekehrt", schreibt der deutsche Astronaut und Physik-Professor Ulrich Walter, "und wir kennen nichts, das Licht überholen würde. Die Naturgesetze blieben "wahr". Walter sagt aber auch: "Der Mensch braucht das Gefühl, dass es etwas Überirdisches gibt."

Der Philosoph Hans Jonas hielt die Alien-Suche für irrelevant

Möglich: Die Einsicht in die Vergeblichkeit eines Alien-Kontaks konserviert beim Menschen nicht nur sein "Wir-sind-allein-Gefühl", sondern führt zu einem neuen Umgang mit der Erde. Dem Philosophen Hans Jonas erschien die Suche nach Außerirdischen ohnehin als irrelevant: "Dass unser irgendwo im All einmal aufgefangenes Signal keine Todesanzeige sei, damit haben wir alle Hände voll zu tun." Will sagen: Wir senden zwar, aber unser Signal erreicht Empfänger zu einem Zeitpunkt, wo wir uns vielleicht längst zerstört haben.

Der legendäre US-Astronom Carl Sagan, ein unermüdlicher Kämpfer für die Besiedlung fremder Planeten in unserer Milchstraße, metamorphisierte während seiner Leidenszeit vor dem Tod vom Himmelsstürmer zum Umweltschützer. Er schrieb zunehmend Bulletins über den Zustand des Patienten Erde und den Hang unserer Zivilisation zur Selbstzerstörung. Ob er deshalb seinen Traum von der Besiedlung der Milchstraße gefährdet sah oder die Vision insgeheim ad acta gelegt hatte, wissen wir nicht. Wie so vieles nicht.

Unvorstellbare Entfernungen im Universum

Innerhalb unseres Sonnensystems reichen zur groben Vorstellung Kilometerangaben: Von der Sonne sind es 149,5 Millionen Kilometer bis zur Erde, unser Mond liegt nur 400.000 Kilometer von uns entfernt. Die mittlere Erde-Sonne-Distanz (149,5 Millionen Kilometer) ist als Astronomische Einheit (AE) definiert. Der Nachbarstern unserer Sonne heißt Proxima Centauri und liegt rund 39 900 Milliarden Kilometer entfernt oder 4,2 Lichtjahre. Ein Lichtjahr bezeichnet die Strecke, die das Licht in einem Jahr zurücklegt. Die Lichtgeschwindigkeit beträgt etwa 300.000 Kilometer pro Sekunde.

Unser Sonnensystem ist Teil der Galaxie Milchstraße (Milky Way), die rund 100.000 Lichtjahre im Durchmesser misst. Von der Erde aus kann der Mensch mit bloßem Auge schwache Lichtpunkte (Sterne) sehen, die noch etwa 3000 Lichtjahre entfernt und damit innerhalb der Milchstraße liegen. Unsere Nachbargalaxie heißt Kleine Magellanische Wolke und liegt etwa 160.000 Lichtjahre von uns entfernt, der Andromeda-Nebel hingegen bereits zwei Millionen Lichtjahre.

Wie groß ist das Universum? Das älteste empfangene Licht hat rund 13,8 Milliarden Lichtjahre hinter sich, gleichzeitig dehnt sich der Weltraum aus. Berücksichtigt man den Expansionseffekt können Weltraumteleskope etwa 46,5 Milliarden Lichtjahre "in beide Richtungen" schauen, folglich hat das Universum einen Durchmesser von mindestens 93 Milliarden Lichtjahren. Das wird kaum das Ende der Erkenntnis sein.

Mehr Sterne im All als Sandkörner auf der Erde

Unsere Heimatgalaxie "Milchstraße" besteht aus rund 100 Milliarden Sternen. Und wie viele Galaxien füllt das Universum? Bevor das Hubble-Weltraumteleskop 1993 erfolgreich das All durchmusterte, ging der Mensch von einer Milliarde Galaxien aus, danach vom 100-Fachen. So kommt man auf eine Abschätzung von 10 Trilliarden (100 Milliarden mal 100 Milliarden) Sterne und bewegt sich bei einer Eins mit 22 Nullen und damit fernab menschlicher Vorstellungskraft. Für 10 Trilliarden braucht die Fantasie Krücken. Beliebt ist, ein Sandkorn einem Stern gleichzusetzen. Die Metapher geht zurück auf den US-Astronomen Carl Sagan. Der hat einmal behauptet, es gebe mehr Sterne als Sandkörner auf der Erde.

Konkret berechnet hat das der 11-jährige William Stewart aus dem US-Staat North Carolina für einen Kinderwissenschafts-Kongress. Er ist ganz einfach an seinen Heimatstrand gegangen und hat nachgezählt. William kam auf 27.000 Sandkörner in einem Kubikzentimeter Strand. Soll dieser ein Meter tief und 100 Meter breit sein, würde man einen Strand von 7 Millionen Kilometer Länge benötigen, um alle Sterne unterzubringen. Unabhängig davon, ob Williams Heimatstrand extrem feinsandig (kleine Korngröße) war oder nicht: Die Strände der Erde (rund 200.000 Kilometer) reichen so oder so nicht. Je nach Sandkorngröße wäre dazu eine Strandlänge nötig, die sich 150 bis 250 Mal um den Äquator der Erde wickelt.

Wenn das Gehirn Bilder malt

Als die Nasa am 7. Juli 1988 ein 1976 von ihrer Sonde "Viking 1" zur Erde gefunktes Marsfoto veröffentlichte, war das Staunen groß: Es zeigte eine Gesteinsformation aus 18 Kilometern Höhe, in der der Homo sapiens unweigerlich ein menschliches Antlitz erblickte. Zwar betonte die Nasa, dass das Bild eine zufällige Komposition aus Schatten und Licht sei, doch das "Mars-Gesicht" löste weltweit eine Welle von Spekulationen über untergegangene Zivilisationen auf dem Roten Planeten aus. Das steinerne Zeitzeugnis entpuppte sich 13 Jahre später, als der "Mars Global Surveyor" das "Gesicht" mit besserer Technik und in geringerer Höhe überflog, als verwitterte Geröllhalde.

Forscher sehen in solcherlei Deutungen eine Variante der "Clustering-Illusion". Der Mensch glaubt in Dingen und Mustern vermeintliche Gesichter und vertraute Wesen zu erkennen. Am Beispiel des Necker-Würfels kann man das Phänomen selbst testen: Man erkennt unwillkürlich etwas anderes als man sieht. Spontan erkennen wir einen weißen Würfel mit dunklen Kreisen an den Ecken, obwohl wir tatsächlich nur acht dunkle Kreise mit weißen Aussparungen sehen. Das Gehirn ergänzt unwillkürlich, interpretiert und komponiert das Gesehene stets vor dem Hintergrund von Bekanntem, Erfahrenem, aber auch Erwünschtem. Insofern führt die "Erdbrille" häufig in die Irre.

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