Katastrophe in Afghanistan und Pakistan Schwerster Schneefall seit 20 Jahren

Islamabad · Der Winter schlägt brutal zu: In Pakistan und Afghanistan sind etliche Dörfer von der Außenwelt abgeschnitten. Lawinen haben 120 Menschen das Leben gekostet.

 Kampf mit den Schneemassen bei Chitral: Pakistanische Hilfskräfte haben Lawinenopfer geborgen.

Kampf mit den Schneemassen bei Chitral: Pakistanische Hilfskräfte haben Lawinenopfer geborgen.

Foto: AP

Rettungsmannschaften und Helfer haben Tage nach den schwersten Schneefällen seit Jahren im Nordosten Afghanistans und nahe der pakistanischen Stadt Chitral immer noch große Mühe, zu von der Außenwelt abgeschnittenen Opfern zu gelangen. „Wir haben am Montag endlich einige Verletzte per Hubschrauber nach Jalalabad evakuieren können“, erklärte Hafiz Abdul Qayyom, der Gouverneur der am schlimmsten betroffenen, schwer zugänglichen afghanischen Provinz Nouristan. 53 der insgesamt rund 120 Todesopfer von Frost, Schnee und Lawinen starben dort in einem einzigen Dorf.

Der Gouverneur warnte, dass es immer noch keinen Kontakt zu einigen Dörfern gebe und keine endgültige Klarheit über die Zahl der Opfer bestehe. Auch im benachbarten Pakistan fällt es Behörden schwer, Nahrungsmittel und Decken in betroffene Gebiete rund um die entlegene Stadt Chitral mit 20 000 Einwohnern in 1100 Meter am Fuße des 7700 Meter hohen Bergs Tirich Mir zu liefern.

Erst am Montag klarte das Wetter nach tagelangen Schneefällen so weit auf, dass Hubschrauber eingesetzt werden konnten. In einem Reisebus, der sich während der heftigen Schneefälle verirrte und von der Straße abkam, starben laut Behörden ein Kind und mehrere Passagiere den Kältetod.

Chitral verzeichnete die schwersten Schneefälle seit 20 Jahren mit fast zwei Metern Schnee. Das Dorf Chasma meldete am Samstag gar 15 Meter Schnee. Der Lowari-Tunnel, durch den nahezu die gesamte Versorgung von Chitral fließt, war von zehn Meter hohem Schnee blockiert.

Im benachbarten Afghanistan kamen wegen der Schneefälle weite Teile des Landes zum Erliegen. Der 2,7 Kilometer lange Salang- Tunnel in 3400 Meter Höhe, der einzigen Straßenverbindung zwischen dem Norden des Landes und der Hauptstadt Kabul, musste geschlossen werden. An beiden Eingängen türmte sich der Schnee 2,5 Meter hoch. Mehrere Reisende, die von Frost und Schnee überrascht wurden, erfroren in ihren Fahrzeugen.

Selbst in der WüstenstadtKandahar fiel Schnee

In der Hauptstadt Kabul stürzte unter der Last des Schnees ein Gebäude ein, in dem während der Sommermonate Hochzeiten mit mehr als 1000 Gästen abgehalten werden. Die Regierung von Präsident Ashraf Ghani kapitulierte angesichts des Wetters und verkündete am Sonntag, in Afghanistan üblicherweise ein normaler Arbeitstag, „schneefrei“. Selbst in der Wüstenstadt Kandahar im Süden Afghanistans, in der im Sommer Temperaturen von 50 Grad Celsius gemessen werden, fiel Schnee. Auch Quetta im benachbarten Pakistan meldete eine weiße Decke auf dem grauen Wüstenboden. Die Schneefälle kamen auch hier für einige Bewohner so überraschend und plötzlich, dass ein halbes Dutzend Menschen erfror.

Alle vom Schnee betroffenen Regionen in Pakistan und Afghanistan gehören selbst nach Jahren massiver westlicher Hilfe immer noch zu den unterentwickeltsten Regionen beider Länder. Die Terrorprobleme der vergangenen 15 Jahre und die Feldzüge der Sicherheitskräfte in beiden Ländern gegen regierungsfeindliche Rebellen führten zudem zu einer vermehrten Flucht der Menschen in die Städte und Zentren von Dörfern. Die Neuankömmlinge bauen gemeinhin Unterkünfte an Berghängen und in Schluchten, die besonders anfällig für Lawinen und Erdrutsche sind.

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